2. Bundesliga

Werder: Unbeirrt zum Aufstieg - seit der Werner-Übernahme

Kommentierende Analyse zur Bremer Bundesliga-Rückkehr

Werder: Unbeirrt zum Aufstieg - seit der Werner-Übernahme

Ole Werner  feiert mit den Bremer Fans den Aufstieg.

Ole Werner feiert mit den Bremer Fans den Aufstieg. IMAGO/Joachim Sielski

Das Tabellenbild war ein anderes, ganz anderes: Der FC St. Pauli souveräner Tabellenführer, Regensburg Dritter, Paderborn Vierter. Insgesamt neun Teams rangierten nach Ende dieses 15. Spieltags vor dem SV Werder Bremen, die halbe 2. Liga also. Mit 1:2 ging die Partie bei Holstein Kiel seinerzeit verloren - es würde die letzte ohne Ole Werner sein, dessen Verpflichtung als neuer Werder-Trainer einen Tag später bekanntgegeben wurde, am 28. November.

Zu diesem Zeitpunkt soll Werner, als mit 33 Jahren jüngster aller aktueller Profitrainer in Deutschland, diesen traditionsbeladenen Klub (der nach vielen Jahren bei Holstein Kiel erst sein Zweiter überhaupt ist) wieder zu mehr Ruhe verhelfen; in der bisherigen Saison existierten davon nicht einmal Spurenelemente in Bremen. Markus Anfang hatte dem Verein als Ex-Coach gerade erst einen Impfskandal beschert. Und die hinterlassene sportliche Ausgangssituation stellte sich - wie erwähnt - eben auch nicht wirklich berauschend dar.

Werner übernahm eine Mannschaft im Mittelmaß

Ja, Anfang hatte nach dem Bremer Bundesliga-Abstieg in einem denkbar schwierigen (finanziellen) Umfeld ein fußballerisches Fundament geschaffen, das auch die Arbeit von Werner aufgrund seiner ganz ähnlichen Vorstellungen begünstigte - doch tabellarisch übernahm der neue Coach eine Mannschaft im Mittelmaß: Tabellenzehnter, acht Punkte Rückstand auf Relegationsplatz drei, zwölf sogar auf Platz eins. Das Thema Aufstieg schien eigentlich schon ad acta gelegt, nicht komplett jedoch für Werner, wie er im kicker-Interview vor etwa drei Wochen ausführte. Die Voraussetzung lautete: "Wenn wir die drei ausstehenden Spiele bis zur Winterpause gewinnen sollten."

2. Bundesliga, 34. Spieltag

Werder gewann sie. Vier weitere sollten noch folgten. Es war die Zeit, als bereits die ersten Werner-Vergleiche mit Otto Rehhagel gezogen wurden, dessen Bremer Trainerstartrekord von acht Siegen in Folge ja sogar fast von ihm eingestellt worden wäre. Auch der Name einer weiteren Trainer-Ikone fiel in diesem Zusammenhang, Thomas Schaaf, der ebenfalls eine Ära von 14 Jahren im Verein begründet hatte. Alles ein bisschen hochgegriffen, andererseits: Dass das tatsächlich schon ziemlich gut passt zwischen diesem norddeutsch-nüchternen Typ mit trockenem Humor und dem SV Werder Bremen, ist eigentlich kaum zu übersehen.

Der neue Trainer wirkte ein, ohne alles anders zu machen

Auch die Mannschaft merkte, dass da jemand ist, der ihr guttat nach diesen zuvor turbulenten Monaten - als viele Spieler den Klub verließen, als Marco Friedl sich zu Union Berlin streiken wollte, als der gesamte Mannschaftsrat verletzt ausfiel oder als Niclas Füllkrug für drei Tage suspendiert wurde, weil er mit Clemens Fritz, Werders Leiter Profifußball, nach einem 0:3 in Darmstadt in der Kabine aneinandergeraten war. Werner, zu dessen Stärken seine scharfen analytischen Fähigkeiten zählen, verschaffte sich einen Überblick des Status quo, zog seine Schlüsse. Er wirkte auf die Spieler ein - allerdings ohne dabei unbedingt alles anders machen zu wollen.

Ducksch und Füllkrug - das 40-Tore-Duo der Bremer

Ducksch und Füllkrug - das 40-Tore-Duo der Bremer. IMAGO/Kirchner-Media

Der neue Coach, eigentlich ein Verfechter eines 4-3-3-Systems, orientierte sich also lieber am 3-5-2, gegen das Vorgänger Anfang sich bis zum 12. Spieltag noch gewehrt hatte - das jedoch am ehesten den Qualitäten des Bremer Kaders gerecht wird. Lief etwa ab Saisonbeginn lange Zeit nur einer der beiden Angreifer Marvin Ducksch und Niclas Füllkrug von Beginn an auf, explodierte die Ausbeute des Duos unter Werner förmlich. Zwischenzeitlich trafen in acht aufeinanderfolgenden Spielen keine anderen Werder-Profis, bei insgesamt zwölf Treffern.

Ein neuer Werder-Glaube, der sich bewährte

Der mittlerweile 34-Jährige stellte jene Stärken der Spieler ins Zentrum seiner Herangehensweise, der Rest war "harte Arbeit", wie so oft zu hören war. Über klare Strukturen in der Ansprache und bei den (Trainings-)Abläufen führte Werner die für die 2. Liga außerordentlich gut besetzte Mannschaft mit seiner Spielidee zusammen. Herausgekommen ist der wohl ansehnlichste Offensivfußball aller 18 Zweitligisten: mit klarem Positionsspiel, hohen Ballbesitzanteilen und vielen Chancen (die jedoch nicht immer genutzt wurden). Die Siegesserie und die erstmals am 23. Spieltag übernommene Tabellenführung, emotional manifestiert durch den darauffolgenden 3:2-Sieg im Nordderby beim HSV, entfachte einen neuen Glauben in die eigene Stärke, der sich im restlichen Saisonverlauf noch bewähren würde.

Die Bremer hatten ja auch Rückschläge zu verkraften. Kapitän Ömer Toprak fehlte größtenteils verletzt, immer mal wieder auch mehrere andere Leistungsträger - die Sorgen waren zwischenzeitlich groß. Werner selbst allerdings jammerte nie, demonstrierte stets uneingeschränktes (Selbst-)Vertrauen. Auch die erste Niederlage unter ihm in Heidenheim (1:2) richtete keinerlei Folgeschäden an, die Reaktion gegen Tabellenführer Darmstadt (1:0) folgte umgehend. Als Werder dreimal in Folge "nur" unentschieden spielte, schloss man mit einer 4:1-Machtdemonstration auf Schalke daran an. Und selbst die schmerzhafte 2:3-Niederlage nach 2:0-Führung gegen Holstein Kiel am 32. Spieltag, samt Abrutschen auf den Relegationsplatz, hinterließ keinen mentalen Knacks.

Diese enorme Entwicklung hängt mit Ole Werner zusammen. Als er das Traineramt beim SV Werder Bremen übernommen hat, wurde der Weg von ihm doch noch Richtung Wiederaufstieg eingeschlagen. Seitdem ist der Klub ihn unbeirrt zu Ende gegangen.

Tim Lüddecke

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