Bundesliga

Wegen Tisserand: Glasner platzt der Kragen

Wolfsburgs Verteidiger zieht sich den Unmut seines Trainers zu

Wegen Tisserand: Glasner platzt der Kragen

Zwischen Wolfsburgs Trainer Oliver Glasner (li.) und Marcel Tisserand herrscht Redebedarf.

Zwischen Wolfsburgs Trainer Oliver Glasner (li.) und Marcel Tisserand herrscht Redebedarf. imago images

Es lief die letzte Spielminute, als Oliver Glasner dem Schiedsrichter plötzlich ein "Wechseln!" zurief. U-23-Außenverteidiger Luca Horn machte sich bereit, Marcel Tisserand bewegte sich bereits außerhalb des Spielfeldes. Dabei war der Kongolese erst in der 65. Minute eingewechselt worden. Zur offiziellen Auswechslung kam es jedoch nicht mehr, Referee Lasse Koslowski pfiff die Partie kurzerhand ab.

Die Lustlosigkeit war unübersehbar

Doch was war beim Sieg über Magdeburg passiert? Eine Verletzung Tisserands lag nicht vor, vielmehr reagierte Glasner offensichtlich auf die zur Schau gestellte Unlust, mit der der Abwehrspieler 25 Minuten lang aufgetreten war. Als er dann kurz vor Schluss den Rückwärtsgang bei einem Magdeburger Angriff demonstrativ verweigerte, platzte dem Coach der Kragen. Darüber reden wollte Glasner anschließend nicht: "Kein Kommentar dazu, das werde ich mit ihm besprechen."

Spielersteckbrief Tisserand
Tisserand

Tisserand Marcel

Tisserands Unzufriedenheit ist grundsätzlich nachvollziehbar. In Magdeburg wurde der Innenverteidiger hinten rechts eingewechselt, er kann sich also ausrechnen, dass im Abwehrzentrum kein Platz mehr für ihn ist. Mit dem zurückgezogenen Josuha Guilavogui, Neuzugang Maxence Lacroix, John Anthony Brooks und selbst Nachwuchsmann Tim Siersleben wurden ihm am Samstag gleich vier Spieler vorgezogen, zudem fehlt noch Marin Pongracic (Pfeiffersches Drüsenfieber). Tisserand kann sich ausrechnen: In der Innenverteidigung ist er aktuell nur noch die Nummer sechs im Kader. Und auf den Aushilfsjob als Rechtsverteidiger hatte er in Magdeburg ganz offensichtlich keine Lust.

Ein Spieler hat die Verpflichtung, die Aufgaben, die ihm ein Trainer stellt, bestmöglich zu erfüllen. Und das am besten mit Einsatz und Esprit ...

Geschäftsführer Jörg Schmadtke

Jörg Schmadtke will sich in die Angelegenheit nicht einmischen. "Ich kann dazu nicht viel sagen, weil ich das auch nur von der Tribüne aus gesehen habe", erklärte der Geschäftsführer am Sonntag gegenüber dem kicker. "Ich sehe für mich keinen Klärungsbedarf." Gleichwohl betont er Grundsätzliches: "Ich kann viele Dinge nachvollziehen" - etwa Tisserands Unzufriedenheit -, "nichtsdestotrotz hat ein Spieler die Verpflichtung, die Aufgaben, die ihm ein Trainer stellt, bestmöglich zu erfüllen. Und das am besten mit Einsatz und Esprit …"

Was plant Tisserand? Seine Unzufriedenheit über seine sportliche Situation hat er bereits öffentlich kundgetan, intern hat der Kongolese bislang aber keinen Wechselwunsch geäußert. "Bei mir war er nicht", betont Schmadtke, der für den 27-Jährigen einen Ratschlag bereithält: "Es wäre ratsam, die Leute zu involvieren, die es betrifft." Auch ein Klub - der Verteidiger mit VfL-Vertrag bis 2022 wird vehement mit Fenerbahce Istanbul in Verbindung gebracht - sei bislang nicht vorstellig geworden.

Schon Tisserands Abgang aus Ingolstadt war skurril

Eine Zukunft Tisserands in Wolfsburg wird angesichts solcher Auftritte wie in Magdeburg jedoch immer unwahrscheinlicher. Einen unrühmlichen Abgang hat der Spieler übrigens selbst schon mal geliefert. Beim FC Ingolstadt "erstreikte" er sich vor drei Jahren seinen Wechsel nach Wolfsburg, der FCI-Vorstandsvorsitzende Peter Jackwerth fand seinerzeit deutliche Worte. "Ich finde es beschämend, was im Fußball mittlerweile stattfindet. Ich hoffe, dass ich mit solchen Spielern nie mehr etwas zu tun habe." Der VfL lieh Tisserand damals zunächst aus, bereits nach zehn Pflichtspielen griff eine Kaufoption. Gesamtablöse: locker zehn Millionen Euro. Die der VfL nun ganz gewiss nicht erzielen wird.

Thomas Hiete