Bundesliga

Watzke wirbt um Vertrauen: "Kein trojanisches Pferd durch die Hintertür"

Intensive Podiumsdebatte zum DFL-Investor in Dortmund

Watzke wirbt um Vertrauen: "Kein trojanisches Pferd durch die Hintertür"

Warben für den Einstieg eines Liga-Investors: Axel Hellmann (li.) und Hans-Joachim Watzke.

Warben für den Einstieg eines Liga-Investors: Axel Hellmann (li.) und Hans-Joachim Watzke. picture alliance/dpa

Normalerweise finden für BVB-Boss Hans-Joachim Watzke im Dortmunder Stadion Heimspiele statt. Am Montagabend aber trat er in seiner Rolle als DFL-Aufsichtsratsvorsitzender gewissermaßen auswärts an.

Gemeinsam mit dem Interims-DFL-Geschäftsführer Axel Hellmann, Vorstandssprecher von Eintracht Frankfurt, verteidigte er auf einer Podiumsdiskussion mit Fanvertretern die Pläne zum Einstieg eines Investors bei der DFL und versuchte, den 300 überwiegend skeptischen Zuschauern im Publikum die Ängste vor einer weiteren Aufsplittung der Anstoßzeiten oder einer Beschneidung der Fankultur zu nehmen. Beides werde nicht passieren, versprachen Watzke und Hellmann unisono. Der Einstieg aber, so die beiden Funktionäre, sei notwendig, um die Wettbewerbsfähigkeit der Bundesliga zu stärken. Sonst drohe ein Bedeutungsverlust, der einhergehe mit einer Verringerung der sportlichen Qualität.

Geplant ist seitens der DFL, dass ein Investor für eine Summe von zwei Milliarden Euro mit 12,5 Prozent an den Medienerlösen der kommenden 20 Jahren beteiligt wird. Aufgeteilt werden sollen die Einnahmen in drei Säulen: 40 Prozent der Gelder sollen in die Digitalisierung und Auslandsvermarktung der Bundesliga gehen, etwa um eine eigene Streamingplattform aufzubauen. 45 Prozent sind für Investitionsprojekte in die Infrastruktur der 36 Klubs vorgesehen, 15 Prozent sollen für die Klubs frei verfügbar sein. Am 24. Mai sollen die Eckpunkte der Zusammenarbeit mit einem strategischen Partner den 36 Klubs im Rahmen einer außerordentlichen DFL-Mitgliederversammlung zur Entscheidung vorgelegt werden.

Das könnten wir bereits jetzt, machen wir aber nicht.

Axel Hellmann zur Aufsplitterung des Anstoßzeiten

"Es geht nicht darum, dass wir die Premier League überholen. Wir sind sehr vernünftig und bedächtig vorgegangen bei dem, was für uns vorstellbar ist", sagte Hellmann. Die Bundesliga sei unterhalb der Meisterschaftsentscheidung die spannendste Liga Europas. Um sich aber besser vermarkten zu können, benötige die DFL "Partner, die Netzwerke mitbringen". Die Sorge, dass der Spieltag dadurch aufgefächert würde, sei eine "rein theoretische", denn: "Das könnten wir bereits jetzt, machen wir aber nicht." Auch werde es ganz sicher keinen Supercup in Saudi-Arabien geben. "Wir können regeln, dass solche Themen niemals in die Einflusssphäre eines Investors kommen werden. Es geht um eine Beteiligung von 12,5 Prozent, verteilt auf 20 Jahre, mit sehr limitierten Minderheitsrechten", so Hellmann, der für seine Argumentation vereinzelt Beifall bekam.

Watzke: "Wir wissen, was wir der Basis schuldig sind"

Watzke, der ein klarer Befürworter eines Investoreneinstiegs ist, gab zu, "möglicherweise den richtigen Moment verpasst zu haben", um auf die Fanszene zuzukommen. Zugleich warb er um Vertrauen in seine Person: "Ich kämpfe nicht seit 20 Jahren um den Erhalt von 50+1, um dann durch die Hintertür ein trojanisches Pferd in die Bundesliga zu lassen, das mein gesamtes Engagement konterkariert. Wir wissen, was wir der Basis schuldig sind."

Dann schlug er den Bogen zur BVB-Rettung im Jahr 2005: Ohne Privat-Equity-Gesellschaften, die von vielen Fans besonders kritisch gesehen werden, sei der Klub damals trotz der Sponsoren Signal Iduna und Evonik nicht zu retten gewesen: "Alles, was der BVB ab 2005 erreicht hat, wäre ohne Morgan Stanley nicht möglich gewesen. Es war der einzige Weg, wie wir Borussia Dortmund wieder flottkriegen konnten." Den Einstieg in die Super League habe er dagegen sofort abgelehnt, als das Angebot an den BVB herangetragen wurde. "Ohne irgendjemanden vorab zu fragen. Denn unsere Haltung war klar."

Podiumsdiskussion in Dortmund mit Axel Hellmann (li.) und Hans-Joachim Watzke sowie verschiedenen Fan-Vertretern.

Podiumsdiskussion in Dortmund mit Axel Hellmann (li.) und Hans-Joachim Watzke sowie verschiedenen Fan-Vertretern. picture alliance/dpa

Das Vertrauen in die Klubs und ihre Vertreter habe allerdings zuletzt gelitten, sagte Nicolai Mäurer, Autor beim BVB-Fanzine Schwatzgelb, und benannte die Ängste der organisierten Fans, die zuletzt immer wieder in Bundesliga-Stadien gegen den Einstieg eines Investors protestiert hatten: "Wir reden über ein Konstrukt, das uns 20 Jahre lang beschäftigen wird und das Auswirkungen hat auf mehrere Fan-Generationen."

"Eine Zäsur oder doch etwas weniger als das"

Man habe in der Corona-Pandemie gesehen, wie wenig nachhaltig in den Klubs gewirtschaftet werden. "Warum soll es mit dem neuen Geld anders laufen?" Ähnlich äußerte sich Claas Schneider von der Dortmunder Ultra-Gruppierung "The Unity", der als Sprecher des Bündnisses "Südtribüne Dortmund" an der Diskussion teilnahm: "Die Klubs haben es in den vergangenen Jahren verbockt. Jetzt braucht es flüssige Mittel. Aber wie nachhaltig ist das? Woher kommen denn die Probleme? Die werden nicht gelöst durch einen Einstieg eines Investors. Wir holen uns nur neue Probleme ins Haus." Jakob Scholz von der Fanabteilung des BVB ergänzte, man dürfe die emotionale Komponente der Debatte nicht außer Acht lassen. Die DFL sei daher in der Pflicht zu erklären, "ob wir über eine Zäsur reden oder doch über etwas weniger als das".

Hellmann und Watzke bemühten sich in mehr als zwei Stunden, die Ängste der Fans, die im Rahmen einer Fragerunde auch selbst zu Wort kamen, abzuschwächen, indem sie Einblicke gaben in die Pläne der DFL, wie die erhofften Einnahmen eingesetzt und ihre Verwendung kontrolliert werden sollen und welche Rolle der strategische Partner bei der Verbesserung der Bundesliga-Vermarktung einnehmen soll. "Jeder vernünftige Beobachter weiß, dass es Handlungsbedarf gibt", sagte Hellmann, der dem Eindruck entgegentrat, es würden Dinge an den Fans vorbei entschieden: "Wir treten jetzt in die öffentliche Phase ein. Es wird in den kommenden Wochen zu einer intensiven Meinungsbildung in den 36 Klubs kommen, die sich in der Abstimmung am 24. Mai ausdrücken werden." Und was passiert, wenn die benötigte Zwei-Drittel-Mehrheit dann nicht erreicht wird? "Dann geht das Leben weiter. Das ist Demokratie", sagte Watzke, der laut eigener Aussage den Fans das Gefühl nehmen wollte, "dass wir sie nicht ernstnehmen - denn das tun wir".

Die Fanvertreter auf dem Podium allerdings blieben bei ihrer grundsätzlichen Skepsis. "Die Systemfrage wird nicht gestellt. Auf schlechtes Geld wird schlechtes Geld geworfen. Und man hofft, es geht gut", sagte Mäurer in seinem Abschlussstatement. Der Applaus im Saal signalisierte: Mit dieser Meinung stand er auch nach der intensiven Frage-Antwort-Runde am Montagabend nicht allein.

Matthias Dersch

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