Bundesliga

Was Heidenheims Müller seinem Kollegen Neuer wünscht

Heidenheims Torhüter über den langen Weg in die Bundesliga

Was Müller seinem Kollegen Neuer wünscht

Heidenheims Torwart Kevin Müller schöpft Kraft aus dem Mentaltraining.

Heidenheims Torwart Kevin Müller schöpft Kraft aus dem Mentaltraining. IMAGO/Sven Simon

Es war ein langer Weg für Kevin Müller bis in die 1. Liga, abgehakt hatte er dieses Ziel nie. "Nein, auch wenn ich 14 Jahre lang drauf habe warten müssen. Aber es war dennoch immer ein großer Anreiz und Antrieb. Gerade, um sich nach so vielen Jahren immer wieder neu zu motivieren", erklärt der Routinier im Heidenheimer Tor, "ich hatte immer das Gefühl, ich bin noch nicht am Ende, aber mit den Jahren wird die Chance nicht größer, jetzt mit 32 hieß das für mich: jetzt oder nie."

Um gleich im ersten Bundesligaspiel beim 0:2 in Wolfsburg schon nach wenigen Minuten folgenschwer zu patzen, als er vor dem 0:1 eine harmlose Flanke durchflutschen ließ. "Sofort kam der Gedanke: Jetzt hast du so lange gewartet und dann machst du gleich so einen Fehler", erinnert sich Müller, "ich bin froh, dass mir das in diesem Alter passiert ist, früher hätte ich das als Rucksack länger mitgeschleppt. Jetzt bringt mich das nicht mehr raus, das erarbeitet man sich über die Jahre."

Gedankliche Stoppschilder

Gerade die psychische Stabilität festigte der gebürtige Rostocker ganz gezielt. "Ich habe 2015 mit Mentaltraining begonnen, das hat mir sehr geholfen. Gerade im Umgang mit Fehlern, aber auch mit Erfolgen", versichert Müller, "es hilft, sich zu konzentrieren und zu fokussieren, um gedankliche Stoppschilder zu setzen, das ist ein langer Prozess, für den man sich öffnen muss."

Über Hansa Rostock, die 2. Mannschaft des VfB Stuttgart und Energie Cottbus war Müller schließlich vor acht Jahren in Heidenheim gelandet. In seiner neunten Saison stellt er sich nach dem Aufstieg wie viele seiner Kollegen erstmalig der Herausforderung Bundesliga. Nach dem Fehlstart in Wolfsburg und der bitteren 2:3-Heimpleite gegen Hoffenheim trug Müller in Dortmund (2:2) mit einer starken Leistung maßgeblich zum ersten Punktgewinn des FCH bei.

"Wir können mithalten und auch Ergebnisse einfahren"

"Wir haben drei Spiele gespielt und erst einen Punkt. Aber wir haben auch eine gute Halbzeit in Wolfsburg verbucht, starke 75 Minuten gegen Hoffenheim und ein gutes Spiel, trotz Schwierigkeiten, in Dortmund, daraus können wir viel Positives ziehen", resümiert Müller, "die Qualität ist enorm höher, das Tempo, die Präzision. Die nur vermeintlich einfachen Dinge werden fast fehlerfrei abgespult, da darf man sich keinerlei Fehler mehr erlauben, das musste ich gleich erfahren. Auch deshalb war unser erster Punkt so enorm wichtig, weil wir jetzt wissen, wir können mithalten und auch Ergebnisse einfahren."

"Über allem steht natürlich das große Ziel Klassenerhalt"

Das soll nun im kommenden Heimspiel am Sonntag gegen Werder Bremen so weitergehen. "Über allem steht natürlich das große Ziel Klassenerhalt", so Müller, für den es am Ende eine gute Saison gewesen sein wird, "wenn wir auf Platz 15 oder höher stehen."

Im Optimalfall beendet nicht der Körper die Karriere, sondern der Kopf.

Kevin Müller

Trotz seines fortgeschrittenen Alters denkt Müller noch lange nicht ans Aufhören. "Es ist endlich, das ist mir bewusst. Aber ich hatte keine schwere Verletzung, und solange ich eine gute Einstellung habe und mich nicht zum Training schleppe, will ich weiterspielen", sagt Heidenheims Nummer 1, "im Optimalfall beendet nicht der Körper die Karriere, sondern der Kopf."

Deswegen kann er die besondere Comeback-Motivation seines Kollegen Manuel Neuer nachvollziehen. "Auf jeden Fall hat er noch Bock. Das ist bemerkenswert, er war über ein Jahrzehnt der Beste der Welt und hat alles erreicht", so Müller, "es steht mir eigentlich nicht zu, das zu beurteilen, aber rein physiologisch verheilt eine solche Verletzung in diesem Alter nicht schneller. Ich würde mich freuen, wenn diese Karriere nicht ein so unglückliches, sondern ein selbstbestimmtes Ende fände."

Auslands-Abenteuer?

Sein  Vertrag beim FCH ist noch bis 2015 datiert. Seine letzte Station? "Kann sein, ich will aber nicht ausschließen, noch mal was anderes zu machen. Kann ja auch sein, dass der Verein irgendwann sagt, es reicht. Aber solange er mir das Vertrauen gibt …", sinniert Müller, den aber durchaus auch noch mal ein Auslands-Abenteuer reizen könnte, "das Ganze auch mal aus einer anderen Sicht zu erleben. Ich will mir alles offenhalten und mich nicht beschränken, das wäre auch nicht ehrlich."

Womöglich aber kommt es auch zu einer innerfamiliären Lösung. "Unser Sohn Pepe ist zwölf und steht auch im Tor. Ich werde da niemals Druck ausüben, aber er hat definitiv Talent. Vielleicht löst er mich ja eines Tages ab. Wenn er 18 ist, bin ich 38, also ist das im Bereich des Möglichen", flachst Müller -  aber wer weiß ...

Michael Pfeifer

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