Bundesliga

Warum ManCity Joao Cancelo ziehen lässt - und was er Bayern bringt

München: Erster Einsatz schon am Mittwoch?

Warum ManCity Joao Cancelo ziehen lässt - und was er Bayern bringt

Ein möglicher Weltklassespieler für den FC Bayern: Joao Cancelo von ManCity.

Ein möglicher Weltklassespieler für den FC Bayern: Joao Cancelo von ManCity. IMAGO/Sportimage

Morgen, am Mittwoch, ist es genau ein Jahr her. Damals, am 1. Februar 2022, verlängerte Joao Cancelo seinen Vertrag bei Manchester City bis Juni 2027. Seit Wochenbeginn wissen wir: Er wird ihn nicht erfüllen. Darauf wäre ehrlicherweise noch vor einem Monat niemand gekommen. Erst zu Saisonbeginn hatte der portugiesische Außenverteidiger die Trikotnummer 7 erhalten. Seine Lieblingsziffer war frei geworden, nachdem Raheem Sterling zum FC Chelsea gewechselt war. Joao Cancelo wurde damit eine Freude gemacht, nach außen war es aber auch das letzte Signal an die Fußballwelt, dass Cristiano Ronaldo kein Thema mehr für die Skyblues war.

Kein Verteidiger im klassischen Sinne

Wenn man einen Verteidiger im klassischen Sinne verpflichten will, sollte man Joao Cancelo nicht verpflichten. Denn er denkt nicht primär defensiv. Seine große Stärke ist es, Andreas Brehme würde sagen, "links wie rechts" zu agieren. Und zwar tatsächlich aktiv. Das Spiel mit anzukurbeln, zu gestalten. Zudem kann der 28-Jährige auch als Sechser spielen. Das ist zwar nicht seine originäre Position, doch weil unter dem Trainer Pep Guardiola der ballferne oder manchmal auch beide Außenverteidiger neben den etatmäßigen Sechser Rodrigo rücken, hat auch Joao Cancelo diese Rolle mit ausgefüllt. Und zwar richtig gut.

Die Frage, ob es in Europa einen Spieler gibt, der auf beiden Seiten gleichermaßen so stark verteidigt wie Joao Cancelo, muss verneint werden. Der 41-malige Nationalspieler hat in den allermeisten Spielen richtig gut performt, auch in der laufenden Saison. Zwei Tore und eine Vorlage in 17 Premier-League-Partien sind zwar nicht seine Bestwerte, doch vier Assists in sechs Champions-League-Partien auf dem Weg zum Gruppensieg eine Hausnummer.

Cancelo muss sein Spiel umstellen - oder Bayern bekommt ein neues Element 

Insgesamt hat Joao Cancelo, seit er 2019 für 65 Millionen Euro von Juventus Turin zu den Cityzens wechselte, in 154 Pflichtspielen neun Treffer erzielt und 22 Vorlagen geliefert. Das ist viel für einen Klub wie City, bei dem die Außenverteidiger wie erwähnt in der Regel nicht bis zur Grundlinie vorlaufen, um dann in den Rücken der Abwehr zu passen - das ist den durchstartenden Achtern oder den "Wingern" vorbehalten. Nein, Joao Cancelo und seine Außenverteidigerkollegen agieren eher aus dem Halbfeld. Er wird seine Spielweise bei Bayern also entweder umstellen - oder er bringt ein neues Element in die zuletzt ideenlosen und zuweilen ausrechenbaren Angriffsbemühungen der Münchner ein, belebt und verändert sie vielleicht.

Benjamin Pavard hatte schon die WM für Frankreich auf der Bank verbracht und sein Formtief wieder mit nach München gebracht, zuletzt außerdem öffentlich Wechselwünsche geäußert. Vertreter des 26-Jährigen haben - der kicker berichtete - bereits Kontakt mit dem FC Barcelona aufgenommen. Pavards Wunsch, dauerhaft als Innenverteidiger aufzulaufen, wird ihm in München nicht erfüllt werden.

Rechte Defensivseite als Dauerbaustelle - Cancelo kein Kind von Traurigkeit

Weil Noussair Mazraoui wegen einer Entzündung des Herzbeutels noch mehrere Wochen ausfallen wird, war sich Pavard seines Platzes rechts hinten wohl etwas zu sicher, Impulse brachte er kaum noch und erhielt zuletzt gegen Frankfurt einen Denkzettel. Eigengewächs Josip Stanisic durfte ran, konnte aber auch nicht wirklich Eigenwerbung betreiben.

Sowohl Pavard als auch Stanisic geht jene spielmacherische Qualität ab, die ein nach Startproblemen solider Mazraoui einbrachte. Immer wieder war der Marrokaner mit ins Zentrum neben Joshua Kimmich gerückt und hatte so das Offensivspiel bereichert. Ähnlich, wie es jetzt auch Joao Cancelo tun dürfte.

Bayerns Termine in Pokal, Liga und CL

Defensiv erledigt der Neuzugang, der bereits am Mittwoch in Mainz beginnen könnte, seine Aufgaben nicht spektakulär, aber zumeist zuverlässig und schlau, allerdings zeugen 29 Gelbe und zwei Rote Karten in dreieinhalb Jahren auch davon, dass er kein Kind von Traurigkeit ist, er also auch die nötige Aggressivität mitbringt, ohne unfair zu sein.

Warum also, fragt sich der geneigte Fan, lässt Guardiola einen solchen Spieler ziehen? Offensichtlich verfolgt der Coach andere Pläne, in denen Joao Cancelo keine Rolle mehr spielt. Zuletzt war er dreimal in Folge ohne Einsatz im Kader, in teils sehr wichtigen Partien wie zuletzt beim 1:0 im FA Cup gegen Arsenal. Guardiola setzte rechts auf den aufstrebenden Rico Lewis oder den routinierten Kyle Walker, links zog er Nathan Aké vor, der nach der Rückkehr von Ruben Dias im Zentrum nun öfter links zu erwarten sein dürfte.

Joao Cancelo und Pep Guardiola

Erkaltete Liebe: Joao Cancelo und Pep Guardiola. IMAGO/PA Images

Guardiola mag Joao Cancelo wohl nicht mehr, der "Mirror" will von einem Streit zwischen dem Trainer und dem Profi erfahren haben, sodass Guardiola atmosphärische Störungen gefürchtet hätte, wenn Joao Cancelo geblieben wäre. Die Vermutung ist naheliegend, aus sportlicher Sicht lässt man einen solchen Spieler nicht gehen.

Neustart in München 

Bayerns Neuzugang hofft also in München auf einen Neustart, nachdem es zuletzt bei City nicht lief und er überraschenderweise auch bei der WM nur in der Gruppenphase über dreimal 90 Minuten ran durfte, im Achtelfinale gegen die Schweiz jedoch gar nicht dabei und beim Viertelfinal-Aus gegen Marokko nur kurz nach der Pause eingewechselt worden war.

Knüpft er an seine Form der vergangenen Jahre an, darf der FC Bayern sich auf einen Weltklassespieler freuen. Je nachdem, wie schnell er aus dem Loch krabbelt, in das er in seinen letzten Wochen bei City gefallen ist.

Thomas Böker/Mario Krischel

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