Bundesliga

Voronin über Mudryk: "Braucht Zeit und viel Arbeit, um Bundesliganiveau zu erreichen"

Ukrainer im Interview über Sandro Schwarz und Leverkusens Wunschstürmer

Voronin über Mudryk: "Braucht Zeit und viel Arbeit, um Bundesliganiveau zu erreichen"

Lief für Liverpool beim Legendenspiel mit Manchester United auf: Andrey Voronin.

Lief für Liverpool beim Legendenspiel mit Manchester United auf: Andrey Voronin. Manchester United via Getty Images

Andrey Voronin hat in 155 Bundesligaspielen für Mönchengladbach, Köln, Leverkusen, Hertha und Düsseldorf 48 Tore erzielt, war Nationalspieler und wechselte 2007 sogar zum FC Liverpool. Mit den Reds spielte er auch in der Champions League. 2015 beendete der 42-Jährige seine Karriere und arbeitete fortan als Trainer. Zuletzt assistierte er dem nun zu Hertha gewechselten Sandro Schwarz bei Dynamo Moskau.

Herr Voronin, die Ukraine hat die WM nach dem 0:1 gegen Wales verpasst. Was lief schief?

Es ist schade, dass sich unser Team nicht für Katar qualifiziert hat. Wir haben gut gespielt, aber unsere Chancen nicht genutzt.

Eine normale Vorbereitung war kaum möglich.

Wenn man all unsere Probleme und die schwierige Vorbereitung sieht, bin ich stolz auf die Jungs. Die fehlende Vorbereitung hat man den Spielern unter anderem beim Benefizspiel gegen Gladbach angesehen. All unsere Gedanken sind bei unseren Familien daheim. Trotzdem erwartet das komplette Land von uns gute Ergebnisse. Ich hoffe, dass wir uns für die EM 2024 in Deutschland qualifizieren.

Dabei hatte das 3:1 im Halbfinale gegen Schottland gezeigt, dass das Potenzial da ist.

Ja, unsere Mannschaft hat gut gespielt, sie hatte den Sieg verdient. Was mich vor allem gefreut hat: die Motivation und die Spiellaune.

Nachdem Russland uns angegriffen hatte, konnte ich dort nicht mehr bleiben.

Andrey Voronin über das Ende seiner Zeit bei Dynamo Moskau

Was sind Ihre Gedanken zum Krieg?

Es ist wirklich schwierig für mich, all diese Nachrichten zu lesen. Über die sozialen Netzwerke, über meine Freunde. Mein Herz blutet.

Wie können Sie helfen?

Ich habe alles Mögliche getan, um meinem Land zu helfen. Zum Beispiel, an Hilfsfonds zu spenden oder den Geflüchteten hier in Deutschland zu helfen.

Sie verließen Dynamo Moskau direkt nach der Invasion. Was haben Sie seitdem gemacht?

Ich bin nach Deutschland zurückgekehrt und war die ganze Zeit mit meiner Familie hier. Nachdem Russland uns angegriffen hatte, konnte ich dort nicht mehr bleiben. Ein paar ukrainische Freunde kamen mit ihren Familien zu uns, wir halfen ihnen.

Und vor fast drei Wochen bestritten Sie dennoch auch ein Legendenspiel für den FC Liverpool.

Ja, gegen Manchester United, im Old Trafford. Es kamen 50.000 Zuschauer, die Stimmung war super. Es war schön, mit Dimitar Berbatov, Steve McManaman, Jamie Carragher, Jerzy Dudek und Jaap Stam zusammenzuspielen.

Voronin im Duell mit Jaap Stam (l.) und Jesper Blomquist (r.) beim Legendenspiel zwischen Manchester United und dem FC Liverpool.

Voronin im Duell mit Jaap Stam (li.) und Jesper Blomquist (re.) beim Legendenspiel zwischen Manchester United und dem FC Liverpool. Manchester United via Getty Images

Könnten sich viele Ukrainer in den größeren Ligen durchsetzen?

Schwer zu sagen. Ein Oleksandr Zinchenko (ManCity), Ruslan Malinovskyi (Atalanta Bergamo) oder Vitali Mykolenko (Everton, d. Red.) spielen ja im Ausland. Es gibt viele Talente in der ukrainischen Liga, die das Potenzial haben, Bundesliga zu spielen. Aber es hängt an ihnen. Ein Andrey Yarmolenko (2017/18 bei Dortmund) oder Yevhen Konoplyanka (2016 bis 2019 bei Schalke) sind gescheitert.

Leverkusen könnte bald Mykhaylo Mudryk von Schachtar Donezk verpflichten.

Im Match gegen Gladbach hat er gut gespielt, dann aber in Empoli nicht überzeugt. Gegen Schottland war es ein gutes Spiel, gegen Wales zeigte er wieder nichts Besonderes. Ein junger Spieler mit Talent, der aber Zeit und viel Arbeit braucht, um Bundesliganiveau zu erreichen.

Mit Ihrer Erfahrung in Deutschland konnten Sie dem Nationalteam schon einmal helfen.

Vor ein paar Jahren war ich zwar nicht offiziell angestellt, habe aber Andriy Shevchenko zugearbeitet. Er wurde dann ja auch Cheftrainer. Ich habe ihm die Infos über die Bundesligalegionäre gegeben und Gegner analysiert.

Andrey Shevchenko (li.) und Andrey Voronin (Mitte) bejubeln den Einzug in das Viertelfinale bei der WM 2006.

Andrey Shevchenko (li.) und Andrey Voronin (Mitte) bejubeln den Einzug ins das Viertelfinale bei der WM 2006.

Wie sehen Sie die Zukunft des ukrainischen Fußballs?

Am wichtigsten ist erst einmal Frieden. Ich hatte gehofft, dass die Liga wieder beginnt (sie soll vielleicht im August neu starten, d. Red.).

Lob für den neuen Hertha-Trainer Schwarz

Bei Dynamo waren Sie Sandro Schwarz' Assistent. Was ist er für ein Trainer?

Ich kenne ihn, seit er 22 ist, in der 2. Liga wurde ich in Mainz sein Teamkollege. Ihm zu assistieren war interessant. Sandro setzt auf Zusammenhalt, nimmt sich viel Zeit für jeden einzelnen Spieler. Ich denke, dass wir Dynamo verbessert haben, vor allem die jungen Spieler.

Können Sie verstehen, dass er trotz des Krieges bis zum Saisonende bei Dynamo geblieben ist?

Jeder entscheidet für sich selbst. Ich denke, dass es ihm wichtig war, seine Arbeit zu Ende zu bringen, er war der Verantwortliche - auch für sein Team, das er mitgebracht hatte.

Es schien, als wäre er vor allem bei den Fans sehr beliebt gewesen.

Das stimmt. Die Mannschaft hat gut gespielt, die Leute honorieren das. Am Ende hatten wir sogar die Chance, Meisterschaft und Pokal zu holen. Hätte man uns am Anfang gesagt, dass wir Dritter werden und im Pokalfinale stehen, dann hätte es jeder als Erfolg gewertet.

Was waren Ihre Aufgaben als Co-Trainer?

Ich kümmerte mich unter anderem um die Kommunikation mit den russischsprachigen Profis und im Speziellen um unsere Stürmer.

Sie haben ja von den Besten gelernt.

Richtig. Als ich nach Leverkusen kam, hat mir Ulf Kirsten viel erklärt.

Folgen Sie Schwarz zur Hertha?

Ich denke gerne an meine Zeit dort zurück. Damals haben uns die Fans super unterstützt. Die Hertha und Berlin bleiben immer in meinem Herzen. Mir wurde schon zu meiner Rückkehr gratuliert, aber das war verfrüht. Vielleicht kehre ich eines Tages zurück, aber nicht jetzt.

Was planen Sie dann für die Zukunft?

Ich bin offen und hoffe, bald in Deutschland arbeiten zu können.

Interview: Miron Goihman