Bundesliga

Vor der letzten Bayern-Welle: Bayers erste Anzeichen von Schwäche

Leverkusener Maximalausbeute mit Arbeit statt Spektakel

Vor der letzten Bayern-Welle: Bayers erste Anzeichen von Schwäche

Steht mit Bayer 04 Leverkusen vor zwei richtungsweisenden Wochen: Xabi Alonso.

Steht mit Bayer 04 Leverkusen vor zwei richtungsweisenden Wochen: Xabi Alonso. IMAGO/Laci Perenyi

Die Leverkusener Siegesserie hält weiter an. 30 (!) von 34 Pflichtspielen hat das Team von Xabi Alonso gewonnen, ist weiterhin unbesiegt in dieser Saison. Der Vorsprung auf Rang 2 und Bayern München ist surreale zehn Punkte groß.

Dennoch dominierten auch nach dem 2:0-Sieg in Köln die selbstkritischen Stimmen bei der Werkself. Ein Zeichen von Anspruchsdenken und Realismus. Eine Haltung, die auch Jonathan Tah an den Tag legte.

"Als wir in Überzahl waren, hatte ich das Gefühl, wir sind ein bisschen nervös geworden. Weil wir zu schnell zu diesem Tor kommen wollten", analysierte Leverkusens Abwehrchef, "in der zweiten Hälfte haben wir es deutlich besser gemacht, die Räume genutzt, weil die Kölner einen Mann weniger hatten, und es dann souverän zu Ende gespielt."

Natürlich war der Leverkusener Sieg am Ende verdient. Doch derzeit brilliert der Tabellenführer nicht in der Offensive. Vielmehr agiert Bayer in der Defensive sehr aufmerksam. Auch wenn das Team von Xabi Alonso wie seit Jahresbeginn auch am Sonntag in Köln eine höhere Anfälligkeit für Konter zeigte, die es in der ersten Saisonhälfte quasi gar nicht gab.

"Man kann nicht alles verteidigen", ordnet Xabi Alonso diese Situationen ein, die in Köln fast zum 1:1 geführt hätte, als FC-Angreifer Sargis Adamyan in der 51. Minute freistehend nur den Pfosten traf. Die Frage, ob Bayer nach einem möglichen Ausgleich die Partie noch auf seine Seite gezogen hätte, wurde durch den Fehlversuch nicht gestellt.

Bayer steht im Moment mehr für Arbeit als für Spektakel

Doch festzuhalten bleibt, dass das Team von Xabi Alonso wie schon zuvor beim 2:1 gegen Mainz keine Chancenflut ausgelöst hatte. Am Ende standen nur fünf Tormöglichkeiten für Bayer auf dem Zettel. Gegen Mainz waren es sieben gewesen. Ergibt sechs Chancen im Schnitt. Vor den beiden Partien lag dieser bei 8,73, ein Abfall um fast ein Drittel. Gerade steht Bayer mehr für Arbeit als für Spektakel.

Vielleicht dient ja das Achtelfinal-Hinspiel in der Europa League bei Qarabag Agdam dazu, dass die Werkself wieder zur alten Selbstverständlichkeit in der Offensive zurückfindet. Steht der amtierende und kommende Meister Aserbaidschans doch nicht für Defensivfußball. So fielen in den beiden K.-o.-Runden-Play-Offs von Qarabag gegen Sporting Braga (4:2; 2:3 n. V.) satte elf Treffer.

Bayers prinzipieller Umgang mit dieser ersten Schwächephase der Saison, die allerdings auf sehr hohem Niveau abläuft und durch die Maximalausbeute von sechs Punkten überdeckt wird, spricht für den Tabellenführer. In der Kategorie "Selbstkritik trotz erfolgreicher Spiele" liegt Bayer ebenfalls ganz vorne.

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So monierte Mittelfeld-Stratege Granit Xhaka nach dem Köln-Spiel: "Nach der Roten Karte waren wir zu schlampig, hatten zu wenig Tempo und kaum Chancen kreiert." Dabei war dem Routinier auch bewusst, dass das Momentum auf Leverkusener Seite lag. "Wir haben freilich das 1:0 vor der Pause erzielt, was uns sehr geholfen hat", gab der 31-Jährige zu.

Schon nach dem 2:1-Sieg gegen Mainz hatte Xhaka erklärt: "Es war nicht unser bestes Spiel." Auch sein Partner auf der Doppelsechs Robert Andrich hatte offen erklärt: "Wir haben viele einfache Fehler gemacht, viele schlechte Entscheidungen getroffen, waren nicht zielstrebig. Kein gutes Spiel von uns."

Rolfes möchte keinen Trend erkennen

Dafür, dass Bayer beide Partien trotzdem gewann, muss sich niemand rechtfertigen. Erst recht nicht aufgrund der schlechten Platzverhältnisse in Köln. Folglich möchte Simon Rolfes auch keinen Trend erkennen. "Es waren unterschiedliche Spiele unter unterschiedlichen Voraussetzungen", argumentiert der Geschäftsführer, "in Köln war es den Umständen entsprechend."

Klar ist aber auch: Zweimal positionierte sich der Gegner tief. Zweimal hatte Bayer Probleme, dauerhaft gefährlich zu werden. Doch natürlich dürfen nach sechs Punkten aus diesen beiden Spielen keine Zweifel erwachsen.

Andererseits steht vor der Länderspielperiode Ende März wohl die letzte Münchner Angriffswelle auf Platz 1 bevor mit einem Heimspiel des Rekordmeisters gegen ersatzgeschwächte Mainzer sowie einer Partie bei Schlusslicht Darmstadt.

Wehrt Bayer 04 diese Attacke der Münchner ab, dürfte sich an der Isar der Restglaube an die Titelverteidigung wohl endgültig auflösen. Doch dafür muss der Tabellenführer jeweils nach den Europa-League-Spielen gegen Qarabag Agdam die beiden nächsten Hürden in der Liga unfallfrei nehmen.

Wolfsburg und Freiburg warten nach den Spielen gegen Qarabag 

Am Sonntag gegen den VfL Wolfsburg nach dem strapaziösen Trip nach Aserbaidschan an die Grenze zu Asien. Eine Woche später beim SC Freiburg, der allerdings selbst in der Europa League antritt. Siegt Bayer weiter, bleibt das Wie egal. Bei einem Rückschlag jedoch könnten aus der ersten Schwächephase auch die ersten Fragezeichen entstehen. Der Tabellenführer steht vor signalgebenden Wochen. Am Donnerstag in Baku gegen Qarabag Agdam sollte der Werksklub das erste klare Zeichen setzen, um Zweifeln erst gar keine Chancen zu geben.

Stephan von Nocks

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