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Verbrenner-Aus ab 2035: Bleibt ein Ausweg?

Synthetische Kraftstoffe werden nicht abgeschrieben

Verbrenner-Aus ab 2035: Bleibt ein Ausweg?

Das ist der Plan: Pkw und leichte Nutzfahrzeuge dürfen ab 2035 kein CO2 mehr ausstoßen.

Das ist der Plan: Pkw und leichte Nutzfahrzeuge dürfen ab 2035 kein CO2 mehr ausstoßen. Gerd Altmann/pixabay

Eine Überraschung war die Entscheidung nicht: Bereits im Juni hatte zunächst das Europa-Parlament das Verbrenner-Aus beschlossen, kurz darauf stimmten die Umweltminister zu. Jetzt ist man sich auch mit den Unterhändlern der einzelnen EU-Staaten einig geworden: 2035 findet die Ära von Pkw und leichten Nutzfahrzeugen, die im Betrieb Kohlendioxid (CO2) ausstoßen, ein Ende.

Aus auch für Hybride und Plug-in-Hybride

Damit sind Benziner und Diesel raus aus dem Neuwagengeschäft. Auch Teilzeitstromer wie Hybride oder Plug-in-Hybride trifft dann der EU-weite Bannstrahl. Erfüllen können die Vorgaben tatsächlich nur Autos mit Elektroantrieb, sei es batterieelektrischer oder einer mit Wasserstoff und Brennstoffzelle.

Als Zwischenziel wurde formuliert, dass schon ab 2030 die CO2-Emissionen von Neuwagen um 55 Prozent sinken müssen, dies gegenüber dem Level des Jahres 2021.

Kritische Stimmen

Erwartungsgemäß provozierte der Beschluss kritische Stimmen. Hildegard Müller, die Präsidentin des Verbandes der Automobilindustrie (VDA), nannte es "fahrlässig", Ziele für die Zeit nach 2030 festzulegen, "ohne entsprechende Anpassungen vornehmen zu können" und wies in diesem Zusammenhang auf den erforderlichen Hochlauf der Ladeinfrastruktur, neue drohende Rohstoffabhängigkeiten und die ausreichende Versorgung mit erneuerbaren Energien hin. Und der CDU-Politiker Jens Gieseke bemängelte, dass "ein vollständiges Verbot einer Technologie zu weit geht".

Überwiegend aber wurde die aktuelle Entscheidung positiv aufgenommen. Von einer "historischen Entscheidung der EU für das Klima" sprach der französische Abgeordnete und Leiter des EU-Umweltausschusses Pascal Canfin. Tiemo Wölken, klimapolitischer Sprecher der SPD im Europaparlament, sieht in der Einigung "Planungssicherheit für die europäische Automobilindustrie". Und der Grünen-Europaabgeordnete Michael Bloss nahm gar das große Wort von der "Zeitenwende" in den Mund: Wer jetzt noch auf den Verbrenner setze, "schadet der Industrie, dem Klima und verstößt gegen europäisches Recht".

Selbst Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) zeigte sich zufrieden. Aus gutem Grund: Denn dem Verbrenner bleibt  - wie von der FDP gefordert - zumindest eine kleine Überlebenschance erhalten. Sicherstellen sollen sie synthetische Kraftstoffe. 2026 überprüft die EU-Kommission die jetzt ergangene Entscheidung noch einmal. Untersucht werden dann die tatsächlichen Emissionen auch von Elektroautos, aber ebenso der Entwicklungsstand von Alternativtechnologien. Und just da kommen die E-Fuels ins Spiel.

CO2-Neutralität für Bestandsfahrzeuge

Lindners Parteikollege Jan-Christoph Oetjen sieht jetzt einen klaren Arbeitsauftrag gegeben, den Weg für den Betrieb des Verbrennungsmotors mit alternativen Kraftstoffen zu ebnen. Tatsächlich besitzt der Gedanke Charme: Mit E-Fuels könnten Benziner und Diesel klimaneutral unterwegs sein; betroffen wären nicht nur Neuwagen, sondern auch die Abermillionen Bestandsfahrzeuge, die über 2035 hinaus noch bewegt werden - auch und vor allem außerhalb der EU, in den Schwellenländern Afrikas oder in Indien beispielsweise.

E-Fuels - was ist das?

Was aber sind synthetische Kraftstoffe? Nicht zu verwechseln sind sie mit Bio-Treibstoffen, die aus Energiepflanzen wie Mais oder Weizen gewonnen werden und somit in Konkurrenz zur Nahrung treten. E-Fuels werden produziert, indem Wasser zunächst in Sauerstoff (O2) und Wasserstoff (H2) aufgespalten wird. Der Wasserstoff erfährt anschließend eine Anreicherung mit Kohlendioxid, das entweder ein Abfallprodukt industrieller Fertigungsprozesse ist oder direkt aus der Umgebungsluft stammt. Fahrzeuge, die mit E-Fuels betrieben werden, würden also nur das CO2 emittieren, aus dem ihr Kraftstoff hergestellt worden ist. Und das bedeutet letztlich Klimaneutralität.

Allerdings ist die Produktion des synthetischen Sprits mit hohem Energieaufwand verbunden. Ökologisch Sinn macht die Sache nur dann, wenn der reichlich benötigte Strom aus regenerativen Quellen stammt. Doch noch ist Grünstrom knapp. Auch viel Wasser braucht es. In Gesamtheit führt das zu hohen Herstellungskosten, Schätzungen gehen in Richtung von fünf Euro pro Liter. Und dabei handelt es sich noch nicht um den Verkaufspreis.

Hinzu kommt eine weitere Problematik: Der schlechte Wirkungsgrad. Jeder Herstellungsschritt in Richtung E-Fuel geht mit Wirkungsverlusten einher. Der ADAC rechnet vor, dass von der anfangs eingesetzten Energie nur zehn bis 15 Prozent tatsächlich am Rad ankommen. Heißt: Anstatt jede Menge kostbaren Öko-Stroms in die Produktion synthetischer Kraftstoffe zu stecken, ist es sinnvoller, ihn direkt in die Batterie eines Elektroautos fließen zu lassen, das etwa 70 bis 80 Prozent der eingesetzten Energie nutzt. Und wenn schon Eco-Fuels, dann - so wenden Kritiker ein - sollten sie eher Verkehrsmitteln zugutekommen, für die batterieelektrischer Antrieb eher keine Option ist - Flugzeuge beispielsweise, Schiffe oder große Lkw.

China könnte einspringen

Bei aller Unterstützung der Elektromobilität sieht man in China übrigens von einem Verbrenner-Verbot ab. Stattdessen wurde die Steuer für Verbrenner bis zu zwei Litern Hubraum von zehn auf fünf Prozent halbiert. Mögliches Kalkül: Wenn sich westliche Automobilhersteller auf E-Autos fokussieren, die Elektro-Strategie der EU aber scheitert, könnte China mit Verbrennermotoren in die Bresche springen.

Ulla Ellmer