Bundesliga

Unverzichtbar: Standard-König Kempe auf Grifos Spuren

An einem Drittel der Lilien-Tore beteiligt

Unverzichtbar: Standard-König Kempe auf Grifos Spuren

Bei Standardsituationen ein Erfolgsgarant: Tobias Kempe.

Bei Standardsituationen ein Erfolgsgarant: Tobias Kempe. IMAGO/Eibner

"Das ist kein Abgesang, dass Tobi nicht mehr spielen wird", stellte Torsten Lieberknecht vor vier Wochen klar. Der Darmstädter Trainer hatte zuvor davon berichtet, dass es auch darum gehe, Kempe einen Weg zu ebnen für die Zeit nach seinem Vertragsende im Sommer 2025. Kempe, 34 Jahre alt, genießt genauso wie Klaus Gjasula, 33, einen gewissen Sonderstatus. Sie sind erfahren, als Führungsspieler erprobt und damit mehr als der verlängerte Arm des Trainers auf dem Rasen. "Aber sie sollen eben auch dafür sorgen, dass ein Umbruch passiert und jüngere Spieler fördern, die vielleicht einmal in ihre Fußstapfen treten. Das sind zwei Jungs, deren Fußballgeschichte sich langsam dem Ende zuneigt", sagte Lieberknecht und prophezeite: "Aber sie werden uns helfen, weil sie in der Lage dazu sind."

Mitte September war das. Kempe hatte zu diesem Zeitpunkt zwei Jokereinsätze in den ersten drei Spielen bekommen. Mitte Oktober hat der Mittelfeldstratege eindrucksvoll unter Beweis gestellt, wie sehr er noch helfen kann. Steht Tobias Kempe in der Startelf, verliert Darmstadt 98 nämlich nicht. Nach drei Startelfeinsätzen nach sieben Spieltagen sollten aus diesem Fakt zwar nicht allzu viele Schlüsse gezogen werden und ziemlich sicher wird diese Serie in wohl naher Zukunft reißen. Nichtsdestotrotz hat der 34 Jahre alte Routinier auch in der Bundesliga eine Bedeutung für die Mannschaft, die ihm manche nicht mehr zugetraut hatten.

Ältester Lilien-Torschütze in der Bundesliga

Der schnellste Spieler war Kempe noch nie, seine Spritzigkeit hat ihren Zenit ebenfalls überschritten, doch seine Qualitäten im Lesen eines Spiels und dem Initiieren von Angriffen entfalten auch in der Bundesliga ihre Wirkung. Und seiner Paradedisziplin scheint der Alterungsprozess sowieso nichts auszumachen. Dem feinen rechten Füßchen, verantwortlich für die zentimetergenauen Standards, sind bisher indirekt ein Drittel der zwölf Lilien- Tore zu verdanken.

Der verwandelte Elfmeter gegen Bremen (4:2), seine Torpremiere in der Bundesliga, hatte ihn zugleich zum ältesten Lilien-Torschützen in der 1. Liga gemacht. Beim 2:1 in Augsburg aktualisierte er diesen Wert gleich noch mal. Dazu entstand je ein Treffer nach einem Eckball und einem Freistoß des Mittelfeldspielers. Verwundern dürfte diese Ausbeute kaum jemanden, denn die Gefahr nach Kempes ruhenden Bällen ist fast schon Standard.

Ein enges Duell mit Grifo

Insgesamt kommt Kempe in den ersten beiden Ligen auf sagenhafte 102 Tore, die seinen Standardsituationen entsprangen. Seit Beginn der Standardschützenerfassung 2008/09 spielt nur ein anderer Profi in derselben Liga: Freiburgs Vincenzo Grifo (106). Seit der Saison 2017/18, als allein in dieser einen Spielzeit 16 Kempe-Standards zu Toren in der 2. Liga führten, dreht der Mittelfeldspieler so richtig auf: Seitdem fielen 72 Tore direkt oder indirekt nach Kempes ruhenden Bällen. Keiner im deutschen Profifußball kann da mithalten, selbst Grifo (64) hat das Nachsehen.

Als die Lilien in der Saison 2015/16 unter Trainer Dirk Schuster zur Überraschung vieler den Klassenerhalt in der Bundesliga feierten, war Kempe schon dabei. Es war sein zweites Jahr bei den Hessen. Seine Flanken auf den Kopf des damaligen Kapitäns Aytac Sulu waren eine berüchtigte Methode. Neun Jahre später wird das Erfolgsrezept erneut zum mitentscheidenden Faktor für die Hessen - mit selbstverständlich anderen Vollstreckern.

Moritz Kreilinger

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