Bundesliga

Seoanes Challenge - nicht nur mit Diabys Disziplin

Leverkusens Defensivarbeit weist akut mehrere Mängel auf

Seoanes Challenge - nicht nur mit Diabys Disziplin

Moniert das Defensivverhalten seiner Mannschaft: Gerardo Seoane.

Moniert das Defensivverhalten seiner Mannschaft: Gerardo Seoane. imago images/RHR-Foto

Wieder ein 2:0 verspielt. Nach dem 2:5 in Frankfurt reichte es nun gegen Hoffenheim nur zu einem 2:2. Die nächste Enttäuschung, für die die Leverkusener Spieler Lässigkeit (Torhüter Lukas Hradecky) und mentale Schwäche (Mittelstürmer Patrik Schick) verantwortlich machten.

Doch Gerardo Seoane sieht trotz der Parallelen nicht die gleichen Ursachen. "Diesmal ist es eine andere Geschichte", argumentiert der Trainer, "beide Gegentreffer waren individuelle Fehler. Das ist nicht unbedingt eine mentale Geschichte. Viel mehr, dass wir das Heft des Handels von Minute zu Minute mehr abgegeben haben."

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Ein Problem, dass den 43-Jährigen weniger frustriert als anspornt. "Mich motiviert diese Challenge, die Mannschaft dahin zubringen", erklärt der Schweizer, "dass sie es trotz dieses Offensivdrangs schafft, auch mal eine Führung über die Zeit zu bringen."

Wofür Konsequenz in Bayers Defensivarbeit die Voraussetzung wäre. Doch diese haben die Gegner inzwischen als Chance erkannt, wie Hoffenheims Angelo Stiller nach dem 2:2 unverblümt erklärte: "Sie spielen sehr, sehr guten Fußball. Wirklich sehr schön anzuschauen. Aber wir wussten auch, dass sie defensiv eher mal einen Schritt weniger machen. Das wollten wir ausnutzen." Auch wenn Bayer von Beginn an aus einer defensiveren Grundordnung heraus agierte, fehlte wie schon beim 2:5 in Frankfurt, als nach der Pause die Mannschaftsteile auseinanderdrifteten und das Team defensiv auseinanderbrach, auch gegen Hoffenheim im zweiten Abschnitt und besonders am Ende der letzte Leverkusener Widerstand.

Hierbei spielt Moussa Diaby durchaus eine bedeutende Rolle. Liegen die Laufwerte des Angreifers doch deutlich unter denen seiner Kollegen. Gegen Hoffenheim riss er nur 9,67 Kilometer ab. Zum Vergleich: Flügelstürmer-Kollege Karim Bellarabi, der allerdings auch einen leicht defensiveren Part einnahm, lief 12,24 Kilometer. Selbst Mittelstürmer Patrik Schick kam auf 10,80 Kilometer.

Zur Erinnerung: Zum Ende der vergangenen Saison hatte Diaby unter Interims-Trainer Hannes Wolf seinen Platz verloren, weil ihm die Defensivarbeit des Franzosen nicht ausreichte. Und diese ist nicht der einzige Punkt, in dem der offensiv so begnadete Diaby die Disziplin vermissen lässt.

Seoane über Diaby: "Das sind einige Karten zu viel"

Der Linksfuß, der das 1:0 mit einer präzisen Flanke vorbereitete und ein Aktivposten war, hatte in der ersten Hälfte Glück, dass sein Wischer gegen den Kopf von Hoffenheims Sebastian Rudy nicht als Schlag und damit als Tätlichkeit geahndet wurde. So sah der Nationalspieler in diesem Moment "nur" seine acht Gelbe Karte. Was für einen Flügelstürmer nach 15 Saisoneinsätzen einen inakzeptabel hohen Wert darstellt. "Das ist ein Punkt, den Moussa verbessern muss", moniert Seoane, "das sind einige Karten zu viel."

Dass sich der 23-Jährige in der Nachspielzeit noch eine völlig überflüssige Ampelkarte abholte, bestätigt die Einschätzung des Trainers. "Natürlich hat er uns in diesem Moment nicht geholfen, auch wenn nur noch drei, vier Minuten zu spielen waren", kritisiert Seoane, der auch in dieser Hinsicht eine Entwicklung erwartet: "Er ist ein junger Spieler, der tolle Qualitäten hat, der auch oft nur durch Fouls gebremst wird. Das ist normal. Mit diesem Frust muss er umgehen können. Da muss er sich im Bereich Toleranz sicher verbessern."

Wie entwickelt sich die Gesamtstatik ohne Diaby?

In Freiburg wird der Turbo-Dribbler zum zweiten Mal in dieser Spielzeit gesperrt fehlen. Angesichts Diabys Offensivleistungen ein herber Verlust. Umgekehrt wird sich so am Sonntag womöglich zeigen, welche Rolle die beim Franzosen nicht optimale Rückwärtsbewegung für die Gesamtstatik spielt.

Tapsoba hat "sich auf der Seite abkochen lassen"

Doch alles allein an Diaby festzumachen wäre ungerecht. Offensichtlich waren in den jüngsten zwei Partien auch die Probleme im Abwehrzentrum, in dem Jonathan Tah ins Straucheln gerät und besonders Edmond Tapsoba in beiden Partien eine schlechte Figur abgab. Der in seinen ersten eineinhalb Jahren bei Bayer so starke Abwehrspieler, sucht nach langer Verletzungspause noch immer die Konstanz in seinem Spiel.

Akut unterlaufen dem spielstarken Innenverteidiger zu oft leichtfertige Ballverluste oder Fehlpässe. Gegen Hoffenheim sah er vor dem 2:2 schlecht aus. "Da hat er sich auf der Seite abkochen lassen", stellte Seoane fest. Tapsoba könnte eine Pause guttun. Allerdings lieferte Odilon Kossounou zuletzt in der Europa League in Budapest auch kein Bewerbungsschreiben ab, erlaubte sich im Passspiel ebenfalls Schwächen. Auch wenn der Ivorer gegen Hoffenheim als Rechtsverteidiger für den gelb-gesperrten Jeremie Frimpong seinen Job zufriedenstellend erledigte, erscheint er gegen gut pressende Freiburger nicht zwingend als die notwendige spielstarke Lösung.

Hincapie auf links, Sinkgraven ins Team?

Wollte Seoane wechseln, wäre wohl eher der derzeit als Linksverteidiger agierende Piero Hincapie der geeignete Kandidat, für den dann Daley Sinkgraven die linke Abwehrseite besetzen könnte. Leverkusens Trainer hat in der Tat nicht nur die mentale Baustelle zu bearbeiten.

Stephan von Nocks

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