2. Bundesliga

Senkrechtstarter Kleine-Bekel: Über Umweg in die deutsche U 21

KSV-Trainer Rapp: "Wir haben ihm einen Weg aufgezeigt"

Senkrechtstarter Kleine-Bekel: Über Umweg in die deutsche U 21

Der Blick nach vorne: Colin Kleine-Bekel ist auf der Überholspur.

Der Blick nach vorne: Colin Kleine-Bekel ist auf der Überholspur. IMAGO/RHR-Foto

Die Karriere von Colin Kleine-Bekel wirkt vor dem deutschen U-21-Qualifikationsspiel am Dienstag im Kosovo wie ein kleines Märchen: als Vizekäpitän deutscher U-19-Meister mit Borussia Dortmund, aktueller Stammspieler in der zweiten Bundesliga bei Holstein Kiel und nun das überzeugende Debüt für die Nachwuchsauswahl gegen die Ukraine (kicker-Note 2,5). Auf den ersten Blick deutet wenig auf den ungewöhnlichen Weg, den der gebürtige Bielefelder in seinem jungen Alter hinter sich hat.

U21-Qualifikation

Doch zwischen gemeinsamen Flügen mit Hummels & Co. und Niederlagen in Delmenhorst liegen für den 20-Jährigen nur wenige Monate. Sein eher außergewöhnlicher Karriereverlauf steht aber so auch sinnbildlich für den geglückten Verjüngungskurs von Holstein Kiel.

Von Delmenhorst in die zweite Liga

Sieben Jahre wurde der Blondschopf bei Borussia Dortmund ausgebildet, verteidigte gegen Spieler wie Alejandro Garnacho in den Youth League-Play-Offs und feierte an der Seite seines jetzigen Teamkollegen Tom Rothe (18) die deutsche U-19-Meisterschaft. Nur um auf dem Gipfel der Glückseligkeit festzustellen: Für einen Anschlussvertrag in der für die Entwicklung von Talenten gedachte Drittligamannschaft der Borussen reichte es dennoch nicht.

Einen Groll über die Entscheidung seines langjährigen Ausbildungsvereins verspürt der 20-Jährige jedoch nie: "Die Deutsche Meisterschaft war ein toller Abschluss. Deswegen war ich total happy. Ich wusste, dass es für mich bei Borussia sehr schwer werden würde. Deshalb habe ich mich bemüht, einen Verein zu finden, bei dem ich Spielzeit bekomme", ordnete der Senkrechtstarter ein.

Um diese Spielpraxis zu sammeln, hatte der Defensiv-Spezialist ein Wechsel zu Holstein Kiel als seinen nächsten Schritt auserkoren, jedoch nicht etwa zum Zweitligateam des KSV, seine neue Heimat in der Fremde sollte die 2. Mannschaft in der Regionalliga werden. "Ich habe mir damals viele Gedanken um meine sportliche Zukunft gemacht. Mir war klar, dass ich als junger Innenverteidiger viel Spielzeit bekommen möchte, um dadurch im Herrenbereich anzukommen", blickt Kleine-Bekel zurück.

Ohne den Druck des öffentlichen Radars konnte der 1,92 Meter große Blondschopf in der Regionalliga an seinen Stärken und Schwächen arbeiten, bevor der Innenverteidiger am letzten Spieltag beim 5:1-Sieg seine ersten Minuten Profifußball schnuppern durfte. Seitdem besticht der 20-Jährige, der diese Saison noch keine Minute verpasste, auch im Profifußball durch dieselben Eigenschaften, die schon seinen damaligen Jugendtrainer Mike Tullberg während der Zeit in Dortmund beeindruckten: "Colin ist fleißig, zielstrebig und ehrgeizig, er hat viele Extra-Einheiten eingelegt und ist ein schlauer Abwehrspieler."

Wenn man nicht wüsste, dass er erst sechs Zweitligaspiele absolviert hat, würde man denken, er hat schon 100 Spiele auf dem Buckel

Marcel Rapp

So ist auch KSV-Chefcoach Marcel Rapp begeistert von der Entwicklung seines neuen Abwehr-Ankers: "Wir haben ihm einen Weg aufgezeigt, und er ist diesen Weg gegangen. Wenn man nicht wüsste, dass er erst sechs Zweitligaspiele absolviert hat, würde man denken, er hat schon 100 Spiele auf dem Buckel."

Kleine-Bekel: "Ich freue mich auf das, was kommt"

Etwas an seiner Herangehensweise ändern, will der gebürtige Bielefelder auch bei seiner Reise mit der Auswahlwahlmannschaft nicht. "Ich nehme alles mit, sauge alles auf und freue mich auf das, was kommt", freute sich Kleine-Bekel auf seine Zeit im Kreise der U 21. Sein Trainer darf sich freuen, auf die Rückkehr des Musterprofis, der stets mit seinen Aufgaben wächst.

Am Dienstag und nach der Rückkehr in die Heimat wird Kleine-Bekel auch zukünftig eher weniger durch spektakulären Aktionen glänzen, dafür dem Deckungsverbund weiter mit seiner abgeklärten Spielweise Stabilität verleihen. Das passt auch viel besser zum Profil des abseits des Rasens sehr reifen Westfallen, der lieber mit soliden Taten als großen Sprüchen, sowie mit Selbstreflexion und Geduld anstelle von überzogenen Ansprüchen glänzt. Kurz gesagt: ein Vorbildcharakter.

kon, Andreas Geidel

Das wurde aus den U-21-Europameistern von 2017