Die Jubelszene des Tages fiel vielen im Stadion und an den Endgeräten zunächst gar nicht so auf. Wenige Augenblicke später aber sickerte durch, wie Douglas Costa sein erstes Saisontor 2016/17 gefeiert hatte: Der Brasilianer, der erst zum dritten Mal in dieser Bundesliga-Spielzeit auf dem Feld stand, schritt nach seinem erfolgreichen Abschluss aus kurzer Distanz zu einem Freund im Fanblock. Dort schnappte sich der 26-Jährige dessen Handy, drehte sich der Bande zu, streckte den Arm aus, posierte und knipste ein Selfie.
Der auf Twitter unter "Marcel007" bekannte Freund sendete das Bild hernach prompt auf sein Profil. Zu diesem Zeitpunkt war bei anderen Personen in den sozialen Netzwerken schon eine kleine Diskussion entstanden, ob dieses Verhalten denn respektlos, arrogant und unnötig sei - oder eben einfach lässig, cool und einfallsreich.
Wenn er trifft, kann er von mir aus 100 Selfies machen.
Mats Hummels
Mitspieler Mats Hummels jedenfalls hatte im Gespräch mit "Sky" seine eigene Meinung: "So etwas ist immer eine Typfrage. Von mir wird man so etwas wahrscheinlich in meiner ganzen Karriere nie sehen. Aber gut: Wenn er trifft, kann er von mir aus 100 Selfies machen."
Ancelotti: "Vielleicht kommt er nächstes Mal zu mir"
Ganz neu ist diese Art des Jubels in jedem Fall nicht: Am 11. Januar 2015 schnappte sich ein gewisser Francesco Totti, heute 40 Jahre alt und immer noch im Dress seiner Roma aktiv , nach seinem Treffer zum 2:2 im Derby mit Lazio ebenfalls ein Smartphone. Der Capitano stellte sich vor die Curva Sud, grinste und knipste. Für ein kurzes Gespräch blieb derweil keine Zeit, schließlich lief erst die 64. Minute. Bei Douglas Costa war es sogar erst die 31. Minute.
Ärger mit seinem Trainer Carlo Ancelotti droht dem Dribbelkünstler, der letztmals am 23. April beim 2:0-Erfolg bei Hertha BSC getroffen hatte und insgesamt bei 5 Ligatoren in 30 Einsätzen steht, wegen seiner Aktion nicht. "Natürlich will ich, dass die Spieler fokussiert bleiben, aber das kann mal passieren", sagte der Italiener in gewohnt nüchterner Art. "Er hat ein gutes Spiel gemacht, ich kann das durchgehen lassen. Vielleicht kommt er nächstes Mal zu mir, dann machen wir zusammen ein Foto."
Er etablierte den Selfie-Jubel auf großer Bühne: Roma-Kapitän Francesco Totti. imago
Auch Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge kommentierte das Selfie von Douglas Costa eher augenzwinkernd: "Das gab es zu meiner Zeit nicht, sonst hätten wir das vielleicht auch gemacht. Ich warte nur darauf, dass einer während dem Spiel was tickert."
Douglas Costa und der Fall "Okocha"
Bemerkenswert: Während die FCB-Offiziellen und Mitspieler Douglas Costa dieses Mal keine Kritik beim Brasilianer anbrachten, sah dies beim 3:0 am 29. August 2015 gegen Leverkusen noch anders aus. Damals hatte der Nationalspieler einen Gegenspieler via Okocha-Trick alt aussehen lassen. Robben hatte damals gesagt: "Ich würde aufpassen. Das ist schön, das Publikum klatscht, alles wunderbar. Er macht das sehr, sehr schön. Aber es steht 3:0, man darf nicht vergessen, man muss den Gegner auch respektieren." Hinterher hatte sich Douglas Costa einsichtig gezeigt: "Ich habe mit Robben gesprochen nach dem Spiel. Er sagte mir, dass das ein typischer brasilianischer Trick ist. Ich müsse aber aufpassen, wegen so was könne ich hart gefoult werden."