Bundesliga

Schalke verliert eine Reizfigur mit Sachverstand

Kommentar zum Jobst-Abschied

Schalke verliert eine Reizfigur mit Sachverstand

Verlässt Schalke im Sommer: Alexander Jobst.

Verlässt Schalke im Sommer: Alexander Jobst. imago images

Finanzvorstand Peter Peters hatte im vergangenen Jahr nach weit mehr als zwei königsblauen Jahrzehnten seinen Rückzug angekündigt (Christina Rühl-Hamers folgte), vor wenigen Wochen musste Sportvorstand Jochen Schneider gehen (Peter Knäbel sprang erst ein, übernahm dann dauerhaft), innerhalb eines einzigen Jahres wird jetzt auch noch das dritte Mitglied dieses einstigen Vorstandstrios den Verein verlassen: Alexander Jobst, der die Ressorts Marketing, Vertrieb und Organisation verantwortet, hat den Aufsichtsrat darum gebeten, den bis 2024 gültigen Vertrag zum 30. Juni 2021 aufzulösen. Vor allem aus Marketingsicht ist das ein schmerzlicher Verlust für den Verein.

Keine Frage: Auch Jobst hat einige Fehler gemacht, speziell in den vergangenen Monaten, allen voran auf kommunikativer Ebene. Dazu kollidiert seine Auffassung vom Profigeschäft mit der Meinung vieler S04-Mitglieder. Für ihn ist ein Profiklub zwar ein Unternehmen mit Werten und gesellschaftlicher Verantwortung, aber eben ein Unternehmen. Im Zuge dessen lehnte er sich beim Streben nach einer Ausgliederung intern, vor allem aber extern nicht nur am ehesten, sondern auch am weitesten aus dem Fenster - und verkannte bei der Herangehensweise zu sehr die enorme Emotionalität, mit der dieses Thema auf Schalke behaftet ist.

Jobst prägte die erfolgreichste Marketing-Ära der Schalker Geschichte

Die Zahl der Jobst-Kritiker nahm zuletzt rasant zu, er wurde zur Reizfigur. Unterm Strich jedoch verliert Schalke mit ihm einen Mann mit großem Sachverstand. Der 47-Jährige hat die erfolgreichste Marketing-Ära der Schalker Geschichte maßgeblich geprägt.

Über das Marketing-Management von Real Madrid und einer leitenden Stelle bei der FIFA, wo er als Head of Sales die Sponsoring- und Lizenzgeschäfte des Weltfußballverbandes verantwortete, kam Jobst 2011 nach Gelsenkirchen. In seiner Dekade konnten die Schalker ihre Vermarktungserlöse auf zwischenzeitlich rund 90 Millionen Euro steigern. Sie werden auch in der 2. Liga über einen Vermarktungsetat auf höherem Erstliganiveau verfügen. Dazu beackerte der ebenso strategisch wie global denkende Jobst mit der Digitalisierung und dem aufstrebenden Millionen-Geschäftsmodell eSport zwei Felder, die dem Klub dabei helfen können, durch die sportliche und wirtschaftliche Krise zu kommen.

Der Gazprom-Deal als Abschiedsgeschenk

Sein Verhandlungsgeschick wird Schalke fehlen. Jobst konnte nicht nur Arena-Namensgeber Veltins (Vertrag bis 2027 bei 6,5 Mio. Euro jährlich) dazu bewegen, in der 2. Liga unter denselben Rahmenbedingungen wie zuvor bei der Stange zu bleiben, sondern auch viele andere lukrative Geldgeber überzeugen. Zuletzt tütete Jobst auch noch den alles andere als selbstverständlichen neuen und langfristigen Millionen-Deal mit Hauptsponsor Gazprom ein. Es war gewissermaßen sein Abschiedsgeschenk an alle Schalker - auch an seine Kritiker.