Bundesliga

Reuter über Selke: "Schauspielerei wird manchmal bestraft"

Die Rudelbildung bringt Hertha aus dem Konzept

Reuter über Selke: "Schauspielerei wird manchmal bestraft"

Die Emotionen kochen hoch: Selke liegt am Boden, auf dem Platz gibt's Gerangel.

Die Emotionen kochen hoch: Selke liegt am Boden, auf dem Platz gibt's Gerangel. imago images/Contrast

Bei der Antwort auf die Frage nach seiner Gefühlslage waren mehr Präzision und Geradlinigkeit im Spiel, als Hertha zuvor in all den nur fast zu Ende gespielten Kontern gezeigt hatte. "Beschissen" sei seine Gefühlslage, befand Davie Selke. Er löste nach 73 Minuten Ishak Belfodil im Sturmzentrum ab, sportlich auffällig wurde er in der Folge nicht. Trotzdem war er einer der Protagonisten in der turbulenten Schlussphase.

Nach einem von Stevan Jovetic kurz ausgeführten Eckball ging Selke an der Eckfahne nach einem Zweikampf mit Iago zu Boden. Augsburgs Linksverteidiger trat in Richtung des unter Selke begrabenen Balles - und der Berliner wälzte sich auf dem Rasen, dass man geneigt war, die Notfallmediziner unbedingt zur Eile zu ermahnen.

Iago hat mir bewusst in den Genitalbereich geschossen

Davie Selke

Selkes Mitspieler Jovetic, Santiago Ascacibar, Deyovaisio Zeefuik und Suat Serdar waren schnell zur Stelle, inmitten der einsetzenden Rudelbildung stand dann auch Selke schnell wieder - und ging flugs zu Schiedsrichter Frank Willenborg und Assistent Guido Kleve, die sich berieten. Iago und Jovetic sahen Gelb, der FCA bekam einen Freistoß - es war der Ausgangspunkt des Ausgleichs nach fast 98 Minuten.

"Ich weiß nicht, was der Schiedsrichter da gesehen hat", sagte Selke. "Iago hat mir bewusst in den Genitalbereich geschossen, das wurde ignoriert. Anschließend haben die Augsburger den Freistoß 20 Meter von der Eckfahne entfernt ausgeführt, und am Ende flog der Ball bei uns rein. Wir waren mit der Entscheidung nicht einverstanden." Dass ihm die Kollegen schnell zur Seite sprangen, wertete Selke als gutes Zeichen: "Das zeigt, wie wir als Team zusammenstehen."

Er war nicht zufrieden mit dem Verhalten seiner Spieler: Pal Dardai.

Er war nicht zufrieden mit dem Verhalten seiner Spieler: Pal Dardai. imago images/Metodi Popow

Dardai: "Das war von uns ein Fehler"

Weniger positiv sah Selkes Trainer die Situation. "Das war von uns ein Fehler, dass in der 96. Minute an der gegnerischen Eckfahne alle ausrasten", analysierte Pal Dardai nach dem Spiel. "Da kommst du aus dem Konzept, und das darfst du nicht. Lass' die einfach ihren Freistoß machen und bleib' konzentriert. Aber alle gehen dahin, das ist nicht okay. Es ist dann schwierig, wieder zur Kontrolle zu kommen." Am Sonntag schob der Ungar nach: "Es kann sein, dass die Mannschaft ein bisschen aus dem Konzept war, weil alle nach vorne gegangen sind. Da haben einige ihre Positionen ein paar Meter verloren. Da bist du raus aus dem Modus."

Dem Gegentor mit der letzten Aktion ging eine Fehlerkette voraus. Niklas Starks Befreiungsschlag nahm Niklas Dorsch auf, dessen Diagonalball landete beim komplett freistehenden Fredrik Jensen, und Jensens Eingabe verwertete Michael Gregoritsch per Kopf. Hertha habe den Vorsprung "nicht wegen der Szene an der Eckfahne" verspielt, fand Dardai am Sonntag, "das Gegentor war eine andere Szene". 

Reuter: "Das wird dann manchmal bestraft"

Dennoch litten Konzentration und Positionierung. Stefan Reuter, Augsburgs Geschäftsführer Sport, mochte "eigentlich nicht über gegnerische Spieler sprechen. Aber ich sage auch immer: Einlagen werden manchmal bestraft." Reuter: "Ich war so weit weg, ich konnte es nicht richtig sehen. Aber mein Gefühl war, dass da ein bisschen Schauspielerei dabei war. Und das wird dann manchmal bestraft."

In der Tat. Selke übrigens könnte seine Energie durchaus in andere Bahnen lenken. In seinem Kerngeschäft hat er - wie alle Hertha-Angreifer - viel Luft nach oben. Die Zwischenbilanz des im Sommer nach enttäuschenden eineinhalb Bremer Jahren nach Berlin zurückgekehrten Stürmers: null Tore und null Assists in neun Liga-Einsätzen. Selke ist oft da, wo es brennt. Dem Gegner wirklich weh tut er aktuell eher nicht.

Steffen Rohr

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