2. Bundesliga

Reese: "Es war Liebe auf den zweiten Blick"

Herthas Linksaußen über sein Ziel Bundesliga und den Start in Berlin

Reese: "Es war Liebe auf den zweiten Blick"

Neuzugang Fabian Reese sticht bei Hertha BSC heraus.

Neuzugang Fabian Reese sticht bei Hertha BSC heraus. IMAGO/Beautiful Sports

Im Januar unterschrieb er bei Hertha BSC, die Gespräche mit dem damaligen Geschäftsführer Sport, Fredi Bobic, und Trainer Sandro Schwarz hatten Fabian Reese überzeugt. Ende Januar musste Bobic gehen, Mitte April Schwarz - und als Reese im Sommer wie vereinbart von Kiel nach Berlin wechselte, war Hertha BSC aus der Bundesliga abgestiegen und so gerade der Insolvenz entkommen.

"Mit großer Leidenschaft und großer Arbeitsmoral"

"Ich hatte zunächst ein weinendes Auge, dass mir die Chance erstmal verwehrt geblieben ist. Ich war davon überzeugt, dass Hertha in der Bundesliga bleibt. Es kam anders. Das Leben stellt einen ab und zu vor Aufgaben, mit denen man vielleicht nicht gerechnet hat", sagt Reese heute. "Aber wenn ich mich für etwas verschreibe, dann mit 100 Prozent. Ich bin hier von Tag eins mit großer Leidenschaft und großer Arbeitsmoral hingekommen und möchte den Verein mit dahin führen, wo er hingehört - das ist die Bundesliga. Das muss unser aller Anspruch sein. Ich gebe jeden Tag alles dafür, dass der Traum mit Hertha in Erfüllung geht."

In der Tat geht der Kieler Junge beim Hauptstadtklub seit dem Sommer voran. Leidenschaft und Intensität sind neben Tiefenläufen, Tempo und Dribblings Markenzeichen seines Spiels. In den vergangenen beiden Spielzeiten hat er bei Holstein Kiel seine Produktivität stetig gesteigert. Bei Hertha hat er daran angeknüpft und steht nach 13 Zweitliga-Spieltagen bei neun Scorerpunkten (vier Tore, fünf Assists), dazu kommen im DFB-Pokal weitere drei Scorerpunkte (ein Tor, zwei Assists) aus den Siegen bei Carl Zeiss Jena (5:0) und gegen Mainz 05 (3:0).

Mit Trainer Pal Dardai, der Reese "als Top-Neuzugang und Top-Charakter" preist, ist vor allem die Rückwärtsbewegung immer wieder ein Arbeitsthema. "Grundsätzlich kann ich mich überall noch verbessern", sagt Reese. "Diesen Drive brauche ich jeden Tag. Noch mehr Tore, noch mehr Vorlagen - das ist ein großes Ziel, und entscheidend ist die Frage: Wie komm' ich dahin? Ich finde eine Wiederholungsanzahl wichtig, Detailarbeit. Wie der Trainer sagt: Wie steh' ich? Wann steh' ich?" Es gehe um "Konzentration auch in der Defensive, um ein kompletterer Spieler zu werden. Da bin ich sehr offen für konstruktive Kritik. Jeder will mich besser machen, dafür bin ich dankbar. So kann ich dem Team schließlich auch noch mehr helfen."

"Geduld hat man selten"

Er sei "grundsätzlich mit meiner Entwicklung zufrieden", aber: "Als ambitionierter, ehrgeiziger Spieler wünscht man sich, dass es schnellstmöglich geht. Geduld hat man selten. Aber ich bin nicht traurig darüber, wie es gelaufen ist. Meine Entwicklung konnte ich stetig steigern. Und ich glaube, ich bin noch lange nicht am Zenit."

"Hier entsteht etwas, das spürt man"

Reese pusht durch seine emotionale Art in den Spielen nicht nur sich selbst und seine Mitspieler, sondern auch die Fans. "Es gab einen kompletten Neustart im Sommer. Hier entsteht etwas, das spürt man", sagt er über Herthas Ist-Zustand. "Wenn man nur auf die Punkte und die Tabelle schaut, fehlt noch einiges. Aber man spürt, welche Wucht der Verein hat. Überall, wo ich war, habe ich die bestmögliche Version von mir selbst in den Verein zu bringen versucht. Hier ist es nochmal besonders, weil es für alle Seiten unglücklich angefangen hat mit dem Abstieg. Alle Hertha-Fans wollten in der Bundesliga bleiben, ich wollte in die Bundesliga. Es ist anders gelaufen. Aber dann ist eine Symbiose entstanden, die Liebe auf den zweiten Blick war. Es freut mich, wieviel Zuspruch und Unterstützung ich bekomme. Es ist ein Riesen-Privileg, vor den Fans spielen zu können. Und es ist ein Geben und Nehmen. Im Moment kommt von beiden Seiten viel Leidenschaft und Zuneigung. Das pusht uns und die Fans, da wächst gerade richtig was zusammen."

Bei Hertha hat er einen Vertrag bis 2026, das Oberhaus, in dem er einst in 13 Spielen für Schalke auflief, hat er fest im Blick. Der Linksaußen sagt: "Ich versuche, mit 26 in der Bundesliga zu sein." Das wäre im nächsten Sommer. Spielt er so weiter, dürfte es an Anfragen nicht mangeln.

Im kicker-Portrait (Montagausgabe oder hier im eMagazine) spricht Reese über einen Ratschlag seines Vaters, den er bis heute beherzigt, die Zeit auf Schalke unter seinem Mentor Norbert Elgert, die Umschulung zum Stürmer, Rituale vor Spielen und warum er andere Menschen zu mehr Selbstbestimmtheit und Individualität ermutigen will.

Steffen Rohr

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