Bundesliga

Rapp: "Der größte Unterschied ist die mediale Präsenz"

U-19-Coach nach dem Ausflug zu den Profis

Rapp: "Der größte Unterschied ist die mediale Präsenz"

Er kann Junioren- und Bundesligafußball inzwischen aus erster Hand vergleichen: Marcel Rapp.

Er kann Junioren- und Bundesligafußball inzwischen aus erster Hand vergleichen: Marcel Rapp. imago images

Gemeinsam mit Matthias Kaltenbach, Michael Rechner, Kai Herdling und Timo Gross kümmerte sich Rapp um die Tagesarbeit mit den Profis für die letzten vier Partien der Saison 2019/20, Sportdirektor Alexander Rosen gab den Außenminister. Klar war von vornherein, dass es sich um eine Interimslösung mit Rapp und Co. handelt - bekanntermaßen steht man kurz vor der Verpflichtung von Sebastian Hoeneß.

Mit dem kicker sprach Rapp, der nun wieder die U 19 anleitet, über Unterschiede in der Ansprache, Kabinen wie auf Dorfsportplätzen und die Frage, ob der Männerbereich nun das logische Ziel ist.

Herr Rapp, wie fällt Ihr Fazit aus nach dem überraschenden Ausflug in den Männerbereich?
Überraschend war es wirklich, ich war im Home-Office und völlig raus aus dem Training, als Alex (Rosen, TSG-Direktor Profifußball, d. Red.) anrief. Wir kannten uns alle und wussten, dass wir uns gut verstehen. So konnten wir den Spaß an der Sache recht schnell auf die Mannschaft übertragen. Eine coole Zeit, zumal sie erfolgreich war.

Für welche Aufgaben waren Sie zuständig?
Unter anderem für die defensiven Standards, da kann man nur verlieren (lacht). Ein Gegentor bekamen wir da leider gegen Augsburg.

Haben Sie Unterschiede gespürt?
Es ist das gleiche Spiel. Die Spieler sind einfach älter, inhaltlich fühlt es sich gleich an. Der größte Unterschied ist die mediale Präsenz, die Aufmerksamkeit. Das kam bei uns gar nicht so zum Tragen, weil Alex den Job nach außen übernahm und wir nur für den Inhalt zuständig waren. Der Vorteil war: Ich kenne ja die Spieler, schaue alle Spiele - es war eine andere Mannschaft, aber keine fremde.

Das Modell erinnert ein wenig an das englische: Manager als Außenminister, die Trainer für die Arbeit auf dem Rasen und an der Taktiktafel. Sehen Sie Potenzial in Deutschland für dieses Modell?
Wenn man die Biographien liest: Ein Ferguson war nicht jeden Tag auf dem Platz, der hat das von seinem Assistenten machen lassen. Aber das ist ganz weit weg von Deutschland, der Trainer wird hier immer auf dem Platz stehen. Wobei es mittlerweile Realität ist, dass er gar nicht jede Übung leitet, sondern einfach nur zuschaut. Dass der Trainer im Büro sitzt während des Trainings, kann ich mir nicht vorstellen.

Wo liegt der Unterschied in der Ansprache zwischen 18-Jährigen und gestandenen Profis?
Das ist wie im normalen Leben. Da ist der Dialog auch anders, wenn ich mit einem 30-Jährigen spreche.

Wann haben Sie gemerkt, dass es zu Platz sechs reichen kann?
Unser Auftakt gegen Leipzig war inhaltlich das beste Spiel, auch wenn wir verloren haben. Da wurde uns klar, dass unsere Idee schnell funktionieren kann. Man muss dazu sagen: Es lief ja nicht schlecht unter Alfred, die Stimmung im Team war gut, wir waren Siebter. Wir haben einfach versucht, mehr nach vorne zu spielen und aggressiver zu verteidigen, also an den berühmten Stellschrauben zu drehen.

Was kribbelt eigentlich mehr: Die Champions-League-Hymne in der Youth League oder die Bundesliga, wenngleich unter den seltsamen Corona-Bedingungen?
Im Prinzip war es jetzt wie in der U 19, ohne Zuschauer (lacht). Youth League war etwas Außergewöhnliches, ich weiß nicht, ob das nochmal kommt - wobei ich auch nicht weiß, ob das andere, also die Männer-Bundesliga, nochmal kommt.

Soll es das denn, ist das Ihr Ziel?
Ich muss ein wenig ausholen: Ich begann hier als Co-Trainer U 17, bekam dann die Chance als Chef der U 16. Die U 17 und später die U 19 waren die nächsten Schritte. Was ich sagen will: Meine Herangehensweise lautet "erstmal machen", der Rest ergibt sich, wenn man es gut macht. Die nächste Stufe wäre nun Profifußball. Ich schließe nicht aus, dass das kommt, aber ich muss dem nicht verbissen hinterherrennen.

Mit der U 19 haben Sie nun das Training wiederaufgenommen, Ihre Mannschaft hatte einen heftigen Aderlass. Armindo Sieb und Mamin Sanyang sind zum FC Bayern gewechselt, Kerim Calhanoglu zu Schalke, Melkamu Frauendorf geht nach Liverpool. Wird es daher eine schwere Saison?
Es wird in jedem Fall eine andere Saison, zumal mit Melayro Bogarde, Maxi Beier und Marco John drei noch Spielberechtigte bei den Profis trainieren. Wir haben das Ziel quasi schon vorher erreicht, denn das ist ja, die Jungs nach oben zu bringen. Diese sieben Mann fehlen, da muss man vielleicht die Erwartungen ein wenig nach unten schrauben.

Sie haben die Logistik in der Bundesliga mit Tests und allem Drum und Dran mitbekommen. Ist das im Juniorenbereich überhaupt durchführbar?
Nein, das wäre unmöglich. Die Jungs gehen ja auch in die Schule, für sie ist das nicht einfach. Alleine die Umkleidekabinen! In der Bundesliga sind das gefühlt Wohnzimmer, wo du laut sein musst, damit dich alle hören. Bei den Junioren ist das eher auf dem Niveau Dorfsportplatz (grinst). Da musst du sehen, dass sich 18 Mann gleichzeitig umziehen können. Wir passen auf, tun alles dafür. Die Eigenverantwortung ist bei den Jungs da, wir müssen aber auch sehen, dass wir es mit 16-, 17- und 18-Jährigen zu tun haben.

Benni Hofmann

Ex-Spieler, Profitrainer, Vereinsikonen: Die Juniorentrainer der Bundesligisten