Bundesliga

Preetz: "Wir wollen oben ranrücken"

Herthas Manager über Guendouzi, Götze, Grujic und die Ziele

Preetz: "Wir wollen oben ranrücken"

"Es war geboten, maßvoll mit unseren Ressourcen umzugehen": Michael Preetz.

"Es war geboten, maßvoll mit unseren Ressourcen umzugehen": Michael Preetz. imago images

Laufen waren sie beide am Mittwoch: Trainer Bruno Labbadia auf dem Trainingsplatz, Michael Preetz auf dem Laufband. Es war - nach einem Transfer-Finale an oder über der Belastungsgrenze - der dringend nötige Stress-Ausgleich. Über Herthas Transfer-Finale sagte Labbadia nach der Trainingseinheit am Mittwoch: "Der Markt war sehr, sehr schwierig. Deswegen muss man sagen: Wir haben das Bestmögliche daraus gemacht - auch wenn wir einiges anders vorhatten." Im wochenlangen Poker um Jeff Reine-Adelaide (22), der am Ende von Olympique Lyon an OGC Nizza ausgeliehen wurde, und um Marko Grujic (24), den der FC Liverpool kurz vor der Deadline an den FC Porto auslieh, blieb Hertha hart.

Labbadia zeigte Verständnis dafür: "Der Verein hat sich eine gute Ausgangslage geschaffen mit dem Investor, die kann man nicht fahrlässig aufs Spiel setzen. Alle Klubs leiden jetzt schon unter der Pandemie, und wir wissen nicht, wie lange wir noch darunter leiden müssen. Deshalb muss ich mich als Trainer danach richten. Wir haben jetzt nicht die großen Namen oder die fertigen Spieler geholt. Wir haben eine Mannschaft zusammengestellt, die eher für die Zukunft ist." Manager Preetz sprach am Mittwoch in einer Medien-Runde über...

Spielersteckbrief Guendouzi
Guendouzi

Guendouzi Matteo

Spielersteckbrief Grujic
Grujic

Grujic Marko

Spielersteckbrief M. Götze
M. Götze

Götze Mario

...die abgelaufene Transferperiode: "Sie war sehr speziell, sehr besonders und komplett anders als das, was wir in den letzten Jahren erlebt haben. Die Pandemie hat unstrittig eine große Rolle gespielt. Das hat das Verhalten der Vereine auf dem Transfermarkt massiv beeinflusst, und es hat auch unser Agieren beeinflusst. Es war geboten, maßvoll und verantwortungsbewusst mit den zur Verfügung stehenden Ressourcen umzugehen. Es war totaler Konsens im Verein und zwischen allen Beteiligten, dass wir diese Linie, die wir gefahren haben, so fahren. Es war ein außergewöhnliches Transferfenster. Ich finde das aber erklärbar - mit der Pandemie, der die Vereine weltweit Rechnung tragen. Am letzten Tag ist noch viel passiert, aber weit, weit weg vom Volumen der letzten Jahre. Wir sind nicht unzufrieden mit dem, was wir realisieren konnten."

...die Schwierigkeiten auf dem Markt: "Wir hatten sehr, sehr viele und intensive Gespräche auf allen Ebenen - und es ließen sich natürlich auch Dinge nicht realisieren. Das gehört aber dazu. Für den einen oder anderen Spieler wurden enorme Transfersummen diskutiert. Für uns war immer klar, und das haben wir unseren Verhandlungspartnern auch gesagt: Das werden wir nicht machen. Vielleicht haben die bis zuletzt etwas anderes geglaubt. Wir sind ein Verein, der sich konsolidiert hat in der Bundesliga, der in den letzten Jahren hinter den vorderen sechs, sieben, acht Mannschaften einzuordnen war und der die Ambition hat, nach oben zu kommen. Wenn man weiter nach oben kommen will, hat man auch eine andere Konkurrenz - von Klubs, die eine völlig andere Gehaltsstruktur haben, oder von Mannschaften, die schon europäischen Wettbewerb bieten können. Wir haben Dinge versucht. Ein paar gingen, ein paar nicht. Unterm Strich können wir ein recht zufriedenes Fazit ziehen."

...Herthas Transfers: "Was mir zu kurz kommt: Wir haben schon investiert im Sommer. Lucas Tousart war ein Sommer-Transfer, auch wenn es unter regularischen Gesichtspunkten nicht falsch ist, dass wir ihn im Winter verpflichtet und ausgeliehen haben. Da fallen in diesem Sommer auch Aufwendungen an. Wir haben Jhon Cordoba, Alex Schwolow, Deyovaisio Zeefuik geholt - und zum Schluss auf die Entwicklung der letzten Tage reagiert: auf die Verletzung von Jordan Torunarigha, bei dem wir nicht wissen, wie lange er ausfällt. Und auf die letzte Möglichkeit, für Karim Rekik (für 4 Millionen zum FC Sevilla, d. Red.) einen Transfererlös zu erzielen, gepaart mit seinen zuletzt nicht restlos überzeugenden Auftritten. Karim war in den vergangenen drei Jahren ein Faktor. Das galt es abzuwägen. Deswegen haben wir uns entschieden, in der Defensive nochmal einen Transfer mit Omar Alderete zu realisieren. Wir haben mit Matteo Guendouzi eines der großen Talente des französischen Fußballs für uns gewinnen können und mit Eduard Löwen einen unserer Spieler zurückgeholt."

...Arsenal-Leihgabe Matteo Guendouzi: "Er kommt nicht nur im Status eines Talents nach Berlin, sondern hat in letzten beiden Jahren in der Premiere League sehr viele Spiele gemacht. Es ist ein Spieler, dem wir Zeit geben müssen, sich zu adaptieren. Wir haben nicht so wahnsinnig viel Zeit, wir müssen diesen Prozess irgendwie beschleunigen. Er hat es einfacher, sich zu integrieren, weil wir einige Spieler im Kader haben, die ihn sprachlich auffangen können. Er ist ein spielintelligenter Typ und verfügt für sein junges Alter über eine Menge Erfahrung auf sehr hohem Niveau. Er ist ein Spieler mit einer sehr hohen Aktivität, ein Spieler, der gern Dinge an sich reißt, ein Spieler mit einem großen Temperament, was hier und da auch mal in beide Richtungen ausschlagen kann. Mit Blick auf die Struktur unseres Kaders denke ich, dass uns so etwas gut zu Gesicht stehen kann. Matteo ist ein Parade-Beispiel dafür, was zu Beginn der Transferperiode und auch vor einigen Wochen noch nicht möglich gewesen wäre. Ich bin froh, dass er jetzt bei Frankreichs U 21 ist, weil er dort wichtige Spielpraxis kriegt. Das zweite Spiel ist am Montag, er wird am Dienstag zurück in Berlin sein."

Matteo Guendouzi

Hat sich für einen Wechsel nach Berlin entschieden: Matteo Guendouzi. imago images

...die Rückruf-Aktion von Eduard Löwen: "Wir haben ihn im letzten Sommer geholt, und bis wir ihn dann im Winter ausgeliehen haben an den FC Augsburg, ist der Junge nicht richtig hier angekommen. Das hatte mehrere Gründe. Er kam 2019 von der U-21-EM, bekam länger Urlaub. Die Mannschaft hat da schon trainiert, er stieg also mit Rückstand hier ein. Dann kamen seine Hochzeits-Feierlichkeiten und eine Verletzung. Das hat ihn nochmal Zeit gekostet, sich zu integrieren, so dass er in der Hinrunde nicht auf die erhoffte Spielzeit kam. Im Winter konnten sich sowohl Eduard als auch der FC Augsburg eine Leihe vorstellen. Die haben wir gemacht, damit der Junge Spielpraxis kriegt. Die hat er in der Rückrunde bekommen. Jetzt ist völlig klar, dass es einen Zusammenhang gibt mit der Ausleihe von Arne Maier. Mit Eduard haben wir eine zusätzliche Alternative, der ohnehin unser Spieler ist, der sehr robust und auf mehreren Positionen einsetzbar ist. Ich glaube, er hat in Nürnberg bis auf Torwart und Mittelstürmer alles gespielt."

...die Leihe von Arne Maier nach Bielefeld: "Er hat unbedingt auf einen Wechsel gedrängt. Er war sehr, sehr ungeduldig, was einen Wechsel noch in dieser Transferperiode anging. Das lief aber völlig korrekt, das möchte ich anmerken. Es war für Arne ein schwieriges Jahr nach der Verletzung. Er war im Winter nicht zufrieden und hat sich schon da mit einem Weggang beschäftigt. Wir haben jetzt am Ende gesagt: Wir brauchen zwei Voraussetzungen, damit wir seinem Ansinnen zustimmen. Dass wir den Vertrag mit ihm verlängern und dass wir mit Augsburg und Eduard sprechen, ob es möglich ist, Eduard aus der Leihe zurückzuholen. Das war problemlos möglich. Und Arne wird jetzt versuchen, in Bielefeld die nötige Spielpraxis zu kriegen."

...Marko Grujic, der von Liverpool an den FC Porto verliehen wurde: "Wir schätzen Marko, wir haben den Kontakt immer gehalten. Er hatte unterm Strich zwei gute Jahre bei uns. Der FC Liverpool wollte ihn aber immer nur verkaufen und nicht ein drittes Mal nach Berlin ausleihen - das waren dann nicht die Bedingungen von Hertha BSC. Es war klar: Wenn Liverpool nicht umdenkt - möglicherweise auch kurz vor Schluss -, dann kommt es nicht zu einem Transfer. Wenn man sieht, wie das ausgegangen ist, hat man ungefähr die Idee, dass das, was sich Liverpool vorgestellt hat, nicht aufgegangen ist. Deswegen haben sie sich für eine Leihe zum FC Porto entschieden. Das macht Sinn für alle Beteiligten: Marko kann Champions League spielen mit dem FC Porto. Und der FC Liverpool erschließt sich nochmal einen anderen Markt für einen möglichen Transfer von Marko im nächsten Sommer."

...den Neu-Eindhovener Mario Götze: "Bei ihm hab' ich mich um 24 Stunden verschätzt. Ich habe nach unserem Spiel am Sonntagabend in München gesagt, dass es am Montag aufhört mit den Spekulationen. Das war dann erst 24 Stunden später, am Dienstagabend, der Fall - man möge mir das nachsehen...(schmunzelt). Ich wünsche Mario viel Erfolg in Eindhoven und dass er in den nächsten Jahren in der Lage ist, seinen besten Fußball zu spielen."

...die fehlende Achse nach dem Umbruch: "Lücken in der Hierarchie entstehen, wenn Platzhirsche den Verein verlassen. Die werden geschlossen von Spielern, die nachrücken. Mit Dedryck Boyata haben wir einen neuen Kapitän, der Erfahrung hat - auch an Lebensjahren. Und wir haben eine Reihe von spannenden Spielern, denen ich zutraue, in diese Rolle reinzuwachsen."

...die These, Herthas Zugänge seien zu jung: "Alex Schwolow ist ein erfahrener Spieler. Lucas Tousart ist mit 23 jung an Jahren, aber reich an Erfahrung - auch an internationaler Erfahrung. Er hat in den letzten Jahren auf hohem Champions-League-Niveau gespielt. Matteo Guendouzi ist jung, aber hat schon eine gewisse Erfahrung. Wenn wir weiter nach vorn gehen - zu Krzysztof Piatek, der erst ein halbes Jahr da ist, oder zu Jhon Cordoba: Das sind keine Greenhorns, sondern gestandene Spieler. Wir hatten einige Abgänge verdienter Spieler im Herbst ihrer Karriere wie Vedad Ibisevic, Salomon Kalou und Per Skjelbred - und haben deutlich verjüngte Spieler dagegengestellt. Wir haben einen Kader, der allemal konkurrenzfähig ist, der spannend und vielversprechend ist und auf den ich mich jetzt freue."

...die Einbindung von Investor Lars Windhorst in die Transfers: "Wir treffen die Entscheidungen, und er ist informiert - auch über den Kurs."

...das Saisonziel: "Glaubt jemand allen Ernstes, dass man in ein oder zwei Transferperioden den Abstand aufholen kann zu den Klubs, die sich seit Jahren eingenistet haben in den internationalen Plätzen? Ich glaube da nicht dran. Ich glaube dran, dass es gelingen muss, eine Mannschaft - auch durch Transfers von außen natürlich - zu entwickeln. Das Ziel bleibt: Wir wollen den Anschluss herstellen an die internationalen Plätze und oben ranrücken, das ist gar keine Frage. Aber das gepaart mit der weltweiten Situation, die wir haben, kann verantwortungsvoll nur zu einem führen - dass wir maßvoll mit den Ressourcen umgehen, die wir haben. Und das haben wir getan."

Aufgezeichnet von Steffen Rohr

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