Bundesliga

"Positive Troublemaker": Was Toppmöller mit der Eintracht vorhat

Frankfurts neuer Trainer über seine Pläne und seinen Vater

"Positive Troublemaker": Was Toppmöller mit der Eintracht vorhat

Lebt und liebt die Eintracht offenkundig schon jetzt: Dino Toppmöller am Freitag bei seiner Vorstellung als neuer Trainer.

Lebt und liebt die Eintracht offenkundig schon jetzt: Dino Toppmöller am Freitag bei seiner Vorstellung als neuer Trainer. IMAGO/Jan Huebner

Das erste Champions-League-Spiel der Vereinsgeschichte ging gründlich in die Hose. 0:3 gegen Sporting Lissabon, sportlich war das ein Abend zum Vergessen für Eintracht Frankfurt. Was sich auf den Rängen abspielte, sorgt aber auch auf den Tag genau zehn Monate später noch für Inspiration. "Ich habe die Choreo vor dem ersten Champions-League-Spiel gesehen. Da stand: 'Net viel Gebabbel, Frankfurt makes trouble'", erinnert sich Dino Toppmöller bei seiner Vorstellung als neuer SGE-Trainer am Freitag - und kündigt an: "Wir wollen positive Troublemaker sein, den Gegner vor Probleme stellen und durch eine intensive, leidenschaftliche Spielweise unangenehm sein."

Dass sich Toppmöller noch so gut an diese Choreografie erinnert, ist kein Zufall. Immerhin ist sein Bezug zur Eintracht seit Jahrzehnten eng. 1993/94 saß sein Papa Klaus auf der Trainerbank - dazu später mehr -, vor 20 Jahren stieg er selbst als Spieler mit der Eintracht in die Bundesliga auf. Bis heute hat er Freunde in der Stadt. "Bei den internationalen Spielen fieberte ich total mit", verrät der 42-Jährige.

Kommen auch noch Ngankam und Chaibi?

Auch die Kinofilme über den DFB-Pokal-Sieg 2018 ("Rückkehr des Pokals") und den Gewinn der Europa League 2022 ("In diesem Jahr") imponierten ihm. "Ich werde jedem neuen Spieler empfehlen, sich diese Filme anzusehen. Dann weiß man, was der Verein den Menschen hier bedeutet. Und man weiß, wofür man jeden Tag herkommt: um alles dafür zu tun, damit diese Momente noch mal wiederkommen." Nach Toppmöllers 45-minütiger Antrittspressekonferenz besteht kein Zweifel: Dieser Mann lebt und liebt die Eintracht schon jetzt mit Haut und Haaren.

Durch die in den letzten Tagen finalisierten Verpflichtungen von Sechser Ellyes Skhiri (28) und Verteidiger Robin Koch (26) sind die Kaderplanungen bereits größtenteils abgeschlossen. Vorne könnte noch Jessic Ngankam (22, Hertha BSC) kommen, auch an Offensivkraft Fares Chaibi (20, FC Toulouse) zeigen die Hessen Interesse. Bedarf besteht im Grunde aber erst, sollten Reservestürmer Rafael Borré (27) oder der umworbene Jesper Lindström (23) die SGE verlassen - beides wäre keine Überraschung.

Für die linke Abwehrseite könnte ebenfalls noch ein entwicklungsfähiger Spieler verpflichtet werden. Doch auch hier wäre es ratsam, den Kader durch einen Transfer von Christopher Lenz erst mal zu verschlanken. "Der Kader, der uns zur Verfügung steht, sieht schon sehr gut aus", betont Toppmöller. Sportvorstand Markus Krösche ergänzt: "Ich versuche immer, zum Trainingsauftakt eine Mannschaft relativ komplett zusammenzuhaben. Mit dem Großteil gehen wir in die Saison. Wir haben eine ganz gute Mischung zwischen Erfahrung und jungen Talenten."

Toppmöller will Koch helfen, noch mal Nationalspieler zu werden

Stimmt. Mit dem robusten Verteidiger Koch und dem intelligenten wie laufstarken Mittelfeldstrategen Skhiri erhält die Eintracht zwei erfahrene Akteure, die das Gerüst der Mannschaft spürbar stärken dürften. Das ist auch deshalb wichtig, da Kapitän Sebastian Rode (32) in sein letztes Jahr als Profi geht und seine Einsatzzeiten gut dosieren muss. Auch Makoto Hasebe steuert mit mittlerweile 39 Jahren wohl auf seine letzte Saison zu. Umso wichtiger ist es, dass neben jungen, entwicklungsfähigen Spielern wie Hugo Larsson (19, Malmö) oder Willian Pacho (21, Antwerpen) bereits jetzt erfahrene Kräfte zum Team stoßen. In Kevin Trapp (32) und Mario Götze (31) stehen zwei weitere Führungskräfte noch langfristig unter Vertrag, auch Stimmungskanone Timothy Chandler (33) bleibt dem Team noch zwei Jahre erhalten.

Toppmöller nennt Skhiri und Koch "hervorragende Spieler, die Führungsaufgaben übernehmen und unsere jungen Spieler unterstützen sollen". Es sei wichtig, auf den zentralen Positionen erfahrene Leute zu haben. "Ellyes hat schon zwei Weltmeisterschaften gespielt, Robin war bei der Europameisterschaft dabei und hat den Anspruch, noch mal Nationalspieler zu werden. Dabei wollen wir ihn unterstützen", erklärt der Trainer. Er ist überzeugt: "Wenn wir uns gemeinsam entwickeln, kann jeder seine persönlichen Ziele erreichen - und wir unsere als Klub."

Toppmöllers Vorbereitung auf die Eintracht: "Sie müssen mal meine Frau fragen"

Toppmöller hat sehr konkrete Vorstellungen davon, was auf dem Platz ablaufen soll. In der Vorbereitung auf seinen neuen Job funktionierte er den heimischen Esstisch kurzerhand zum Schreibtisch um. Alles sei mit Blättern übersät gewesen. "Sie müssen mal meine Frau fragen, wie das aussah", scherzt er. Zu Papier gebracht hat er nicht nur seine Prinzipien, die das Team in den verschiedenen Spielphasen umsetzen soll, sondern auch Ideen zu Standardsituationen. Das Standardtraining wird zwar ein Co-Trainer übernehmen, aber selbstredend bringt Toppmöller zunächst einmal seine Vorstellungen und Expertise ein. In Leipzig und München war er als Co-Trainer unter Julian Nagelsmann für Standards zuständig. Das trifft sich gut, war die Eintracht zuletzt doch ziemlich anfällig bei ruhenden Bällen.  

"Frankfurt makes trouble": Die Choreo, die Toppmöller nicht vergessen hat.

"Frankfurt makes trouble": Die Choreo, die Toppmöller nicht vergessen hat. kicker

Toppmöller steht vor der Herausforderung, das Offensivspiel variabler zu gestalten, um auch tief agierende Gegner zu knacken. Zugleich muss die Balance und Ordnung im Spiel besser werden, viel zu oft kassierte die Elf billige Gegentore. "Wenn wir eine gute Struktur und Organisation in Ballbesitz haben, verfügen wir gleichzeitig auch über eine gute Struktur, wenn wir den Ball verlieren, sodass wir sofort ins Gegenpressing gehen können und Konter vermeiden", erläutert der Coach. Deshalb will er auch "ein Tick mehr Wert auf Ballbesitz und ein gutes Positionsspiel" legen.

Dino über Klaus Toppmöller: "Er hat mir direkt seinen Startrekord unter die Nase gerieben"

Auch bei der Grundordnung setzt er auf Variabilität. Dreier-/Fünferkette oder Viererkette? "Ich habe den Anspruch an uns, dass wir in beiden Systemen erfolgreich Fußball spielen können." Da das Team in den vergangenen Jahren meist in einer Grundordnung mit Dreier-/Fünferkette agierte, werde das nicht von vorneherein über den Haufen geworfen werden, sagt Toppmöller. Sein Vorteil: Mit dem erfahrenen Koch könnte ein neuer Abwehrchef zentral in der Dreierkette heranwachsen. Nach dem Karriereende von Martin Hinteregger 2022 hatte Oliver Glasner hinten viel probiert, doch kein Verteidiger empfahl sich als Boss, sieht man einmal vom sporadisch eingesetzten Routinier Hasebe ab. Unabhängig von der Systematik ist Toppmöllers Marschrichtung klar: "Ich möchte offensiven, mutigen Fußball spielen lassen."

"Toppmöller ist kein Experiment": Aus diesem Grund macht Frankfurt alles richtig

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Der frühere Stürmer kommt bei seinem ersten Auftritt als Frankfurter Cheftrainer zwar als ruhiger, umgänglicher Zeitgenosse daher, will an den Spieltagen aber auch seine emotionale Seite zeigen. Die schlummert gewiss irgendwo in ihm, immerhin heißt sein Vater Klaus Toppmöller, kein Mann der leisen Töne. Der heute 71-Jährige eilte mit der Eintracht in der Hinrunde der Saison 1993/94 als neuer Trainer der Konkurrenz davon, stürzte in der Rückrunde ohne den verletzten Torjäger Anthony Yeboah aber ab und wurde noch vor dem Saisonende entlassen. Schmunzelnd erzählt Sohn Dino: "Er hat mir direkt seinen Startrekord unter die Nase gerieben. Da habe ich gesagt: 'Okay, das ist kein Problem. Den Startrekord kannst du behalten - solange ich länger da bin.'"

Die Zielsetzung bleibt ambitioniert. "Wir wollen regelmäßig international spielen", bekräftigt Krösche. Das dürfte ganz im Sinne von Toppmöller sein, der in Frankfurter Europapokalnächten bisher selbst zum Fan wurde.

Julian Franzke

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