Bundesliga

Polter bei Darmstadt 98: Unterstützer, kein Heilsbringer

Trainer Lieberknecht und die neuen Offensivoptionen

Polter in Darmstadt: Ein Unterstützer, kein Heilsbringer

Ein Debüt mit guten Ansätzen: Sebastian Polter kann das Spiel der Lilien bereichern.

Ein Debüt mit guten Ansätzen: Sebastian Polter kann das Spiel der Lilien bereichern. IMAGO/Hartenfelser

Lange Eingewöhnungsgezeiten darf sich in Darmstadt keiner erlauben. Julian Justvan machte vor zwei Wochen den Anfang: freitags das erste Training mit den Lilien, samstags beim 2:2 gegen Frankfurt der erste Startelfeinsatz. Gerrit Holtmann hatte einige Trainingseinheiten mehr zur Verfügung, ehe er bei Union Berlin (0:1) sein Debüt für die 98er gab. Als letzter Winterzugang war nun Sebastian Polter an der Reihe: freitags das erste Training, samstags eine knappe halbe Stunde beim 0:2 gegen Leverkusen.

Viel mehr Spielminuten werden es für den Stürmer mangels Spielpraxis auch in den kommenden Wochen jeweils nicht werden. In der Hinrunde kam Polter auf Schalke in Summe nur auf 418 Minuten, seit Ende Oktober waren es nur noch 27. "Das muss man eindeutig sagen. Er weiß, dass er Spielminuten braucht. Er weiß, dass er wie heute für 30 Minuten kommt, wenn er gebraucht wird", erklärte Trainer Torsten Lieberknecht. Für diese Rolle sei der 32-Jährige in den Gesprächen "Feuer und Flamme" gewesen.

Polter, Holtmann und Justvan erweitern die Optionen

Diese Einstellung war direkt zu spüren, als Polter in der 65. Minute den Rasen des Böllenfalltors betrat. Polter stürzte sich in Zweikämpfe, suchte die Kopfballduelle und versuchte seine Kollegen in Szene zu setzen. Genau dafür wurde er geholt. Ein physisch starker Stoßstürmer fehlte den Lilien bisher. In Kombination mit den schnellen und technisch versierten Holtmann und Justvan, der am Samstag verletzungsbedingt fehlte, bieten sich Lieberknecht ganz neue Varianten im Angriffsspiel.

Speziell Holtmann gefiel gegen die Werkself mit seiner Schnelligkeit auf der linken Seite. Zwei Fehler vor dem 0:1, als er erst den Ball und dann Torschütze Nathan Tella aus den Augen verlor, trübten seine Bewertung aber etwas. Der Auftritt des Teams in der Offensive darf dennoch als Fortschritt gesehen werden.

Scheiterte das Team in den Vorwochen regelmäßig daran, sich gute Chancen zu erspielen, lag die Schwäche am Samstag erst im finalen Abschluss. Entweder traf Oscar Vilhelmsson den Ball nicht oder Luca Pfeiffers Abschlüsse aus aussichtsreichen Positionen ähnelten Rückgaben für Keeper Lukas Hradecky. Doch bei allem Ärger überwog der Realismus: Leverkusen ist für die 98er in dieser Saison kein Gradmesser. "Es fällt mir schwer zu hadern. Ich werde heute kein schlechtes Wort für die Truppe finden. Wir haben zu viele gute Situationen gehabt", resümierte Lieberknecht.

Zwei Aufgaben für Polter

Die wohl beste Szene Polters endete am Samstag kurz vorm Strafraum nach einem Kontakt mit Piero Hincapie. "Ich hätte ihm dieses Foul gegönnt", betonte Lieberknecht. "Da hat er gezeigt, was er uns in der Ballan- und -mitnahme bringen kann." Der Pfiff, der einen aussichtsreichen Freistoß nach sich gezogen hätte, blieb aber aus. Ein Kontakt war definitiv vorhanden, Polter ging jedoch recht auffällig zu Boden - eine knifflige Szene für Referee Tobias Reichel.

Die Aufgaben für die kommenden Wochen sind klar skizziert: Polter muss zum einen in die körperliche Verfassung kommen, um eine Option für die Startelf zu sein. Polter muss zum anderen in den bevorstehenden Jokereinsätzen in die Mannschaft eingebunden werden, die es zuletzt nicht gewohnt war, dass hohe Bälle ins Zentrum erfolgsversprechend waren. "Er wird kein Heilsbringer sein, weil keiner von uns das von ihm erwartet", stellte Lieberknecht klar. "Er ist ein Unterstützer für die Mannschaft. Das weiß er. Deshalb war ich total Feuer und Flamme ihn hierher zu bekommen."

Der siebte Verein: Polters Bundesliga-Rekord

Polter stellte übrigens einen Bundesligarekord ein. Darmstadt ist nach Wolfsburg, Nürnberg, Mainz, Union, Bochum und Schalke sein siebter Verein, für den er in der Bundesliga zum Einsatz kam. Damit zog er mit Michael Spies gleich, der für den VfB Stuttgart, Karlsruhe, Gladbach, Rostock, HSV, Dresden und Wolfsburg zum Einsatz kam.

Moritz Kreilinger

Bilder zur Partie SV Darmstadt 98 gegen Bayer 04 Leverkusen