Bundesliga

Plötzlich wichtig: Deyovaisio Zeefuiks Verwandlung bei Hertha BSC

Gesicht des Erfolges statt Phantom im Kader: Herthas Niederländer spielt wie ausgewechselt

Plötzlich wichtig: Zeefuiks Verwandlung

Deyovaisio Zeefuik hat bei Hertha BSC eine Entwicklung hinter sich.

Deyovaisio Zeefuik hat bei Hertha BSC eine Entwicklung hinter sich. imago images

Manchmal ist es nicht verkehrt, auf den Papa zu hören, auch wenn man längst zu Hause ausgezogen ist. "Mein Vater hat mir vor dem Spiel gesagt, dass ich mich ruhig trauen soll, öfter abzuschließen, wenn ich in Position bin", sagte Zeefuik nach dem furiosen 3:0-Triumph gegen bemerkenswert sorg- und körperlos verteidigende Leverkusener. Also folgte der Niederländer der innerfamiliären Empfehlung und zog nach einem Zuspiel von Dodi Lukebakio kurzerhand mit rechts ab. Der Ball klatschte gegen den oberen linken Innenpfosten und von dort ins Netz, 1:0, 4. Minute. Es war das Bundesliga-Premieren-Tor für die Flügel-Fachkraft und jener Erweckungsmoment, den Hertha BSC nach komplizierten Wochen gebraucht hat.

"Das war ein guter Anfang", sagte Hertha-Coach Pal Dardai am Montag. "Das hat uns geholfen." Zeefuiks entschlossen platzierter Abschluss - sein erstes Liga-Tor seit dem 2. Dezember 2018, als er in der Ehrendivision für den FC Groningen gegen NAC Breda (5:2) traf - legte das Fundament für die mit Abstand stärkste Hertha-Leistung seit Dardais Rückkehr auf die Bank. Es war eine Allianz aus Aggressivität, Effizienz und Momentum, die Hertha darbot.

Erstes Zu-Null-Spiel unter Dardai

Einziger Kritikpunkt Dardais war das Rückzugsverhalten seiner Offensiv-Künstler Matheus Cunha und Dodi Lukebakio: "In der defensiven Ordnung müssen wir viel schneller in Position kommen. Das hat gefehlt in der ersten Halbzeit." Dadurch boten die Berliner, die bei Leverkusener Ballbesitz im 5-4-1 agierten und bei eigenen Angriffen im 3-4-3 sortiert waren, in den Minuten nach Zeefuiks Traumtor gerade auf der linken Abwehrseite viel Luft und Raum für Leverkusener Flanken. Das wurde später besser, am verdienten Sieg - dem ersten Zu-Null-Spiel in der achten Partie unter Dardai - gab es keinen Hauch des Zweifels. "Wir haben vieles richtig gemacht", resümierte der Coach am Tag nach dem Spiel. "Wir können jetzt nicht die ganze Woche jubeln, aber man kann mit diesem Sieg ruhig arbeiten."

Zeefuiks Entwicklung steht aus Dardais Sicht exemplarisch für die Fortschritte des Teams. "Wir haben langsam eine Mannschaft, die funktioniert", befand der Trainer, der mit der Dreier- beziehungsweise Fünfer-Abwehrreihe der Mannschaft zu deutlich mehr Stabilität gerade im Zentrum verholfen hat. "Unser Kader eignet sich für dieses System." Und Zeefuik blüht als Schienenspieler, der die rechte Außenbahn in kompletter Länge beackert, seit Wochen auf. Warum Hertha für ihn im Sommer 4 Millionen Euro Ablöse nach Groningen überwiesen hatte, erschloss sich in der Hinrunde nicht. "Da habe ich Partien abgeliefert, in denen ich mich selbst kaum wiedererkannt habe", gestand Zeefuik zuletzt. "Keine Ahnung, wer der Typ in meinem Trikot war."

Keine Ahnung, wer der Typ in meinem Trikot war.

Deyovaisio Zeefuik

Jetzt spielt er seine Trümpfe - die Dynamik, die Courage, die Läufe in die Tiefe, das gute Timing in Luftduellen - aus. In den ersten Wochen seiner zweiten Amtszeit hatte Dardai für den Niederländer, der bei Ajax Amsterdam ausgebildet wurde, keine Verwendung: "Ich habe ihm am Anfang gesagt: 'Ich kenn‘ dich nicht, aber was ich gesehen habe, war nicht okay. Da war zu viel Hektik in deinem Spiel. Du musst mir Zeit geben mit dir'."

Zeefuik profitiert von funktionierender Dreierkette

Der Coach beobachtete den Mann, der in seinen ersten Berliner Monaten zu viel wollte und die Ungeduld auf sein Spiel übertrug, sehr genau und warf ihn Ende Februar in Wolfsburg (0:2) ins kalte Wasser. Zeefuik schwamm sich frei. Er spielt wie ausgewechselt, aber er wird jetzt nicht mehr ausgewechselt: Gegen Leverkusen durfte Zeefuik im 16. Bundesliga-Einsatz erstmals volle 90 Minuten bestreiten. Er hat seine Unbekümmertheit wiedergefunden und sein Spiel klarer und aufgeräumter angelegt. "Er hat sich tierisch gesteigert, auch im Training", lobte Dardai am Montag. "Für dieses System, das wir gerade spielen, ist er ein Top-Spieler auf der Außenbahn. Defensiv, offensiv, Anlaufverhalten, sein Kopfballspiel, wenn wir lang eröffnen wollen - er ist ein perfekter Spieler dafür. Und er profitiert auch davon, dass die Dreierkette sehr gut funktioniert."

Das alles unterschreibt auch Zeefuik so. Neulich sagte er zu seinem Coach: "Die Trainingsmethode ist gut für mich. Jetzt weiß ich wieder, dass ich Fußball spielen kann." Für ihn steht nun die U-21-EM mit dem Oranje-Nachwuchs an, Vorrunden-Gegner der Niederlande sind Rumänien (24.3., Budapest), Deutschland (27.3., Szekesfehervar) und Gastgeber Ungarn (30.3., Szekesfehervar). Danach wartet am Ostersonntag (4.4.) auf Hertha das Berlin-Derby beim 1. FC Union. Zeefuiks Forderung ist eindeutig: "Wir haben gegen Leverkusen über 90 Minuten als Mannschaft sehr gut agiert. Genauso müssen wir weitermachen. Wir haben Qualität, und wir haben den Klassenerhalt in der eigenen Hand." Oder im Fuß.

Steffen Rohr