Bruno Labbadia nennt es "grausam, was hinter den Kulissen abgeht" - und meint das Tauziehen mit den Verbänden um die Abstellung der Nationalspieler für Partien in Corona-Risikogebieten. Während nach tagelangen, anfangs sehr zähen Gesprächen für Herthas drei niederländische U-21-Auswahlakteure Deyovaisio Zeefuik, Daishawn Redan und Javairo Dilrosun mit dem Verband KNVB eine Einigung erzielt worden ist und der slowakische Verband auf Herthas Betreiben auf die Berliner Profis Peter Pekarik und (den ohnehin angeschlagenen) Ondrej Duda fürs Länderspiel im Risikogebiet Israel (Netanja) am Montag verzichtet hat, gibt es mit dem polnischen Verband weiter Dissens.
Vor Wochenfrist bekam Hertha zwei Signale: dass man versuche, das im bosnischen Zenica angesetzte Nations-League-Spiel am Montag an einen Standort zu verlegen, der nicht in einem Corona-Risikogebiet liegt - und dass, sollte der Versuch der örtlichen Verlegung scheitern, Piatek nicht nach Bosnien mitreisen müsse. "Beides", sagte Manager Michael Preetz am Sonntagabend dem kicker, "ist nicht eingetroffen. Krzysztof ist entgegen der Absprache mit nach Bosnien gereist".
Ausloten der Möglichkeiten
Damit droht der polnische Stürmer, den Hertha im Januar für 23 Millionen Euro Ablöse von Milan verpflichtet hatte, für das DFB-Pokalspiel am Freitagabend in Braunschweig auszufallen.
Stand jetzt muss Piatek, der beim 0:1 in Amsterdam gegen die Niederlande am Freitagabend als Ersatzmann des geschonten Bayern-Stars Robert Lewandowski in der polnischen Startformation stand, nach der Rückkehr aus Bosnien in Berlin für fünf Tage in Quarantäne. Hertha will nun zu Wochenbeginn im Dialog mit dem Gesundheitsamt und den zuständigen Behörden ausloten, ob es doch noch eine Möglichkeit gibt, sich per negativem Test von der Quarantäne zu befreien. Auch mit der FIFA standen die Berliner in Kontakt - doch die Hoffnung, der Weltfußballverband würde angesichts der von ihm selbst initiierten Aufweichung der Abstellungspflicht für Länderspiele in Corona-Risikogebieten den Klub im Konflikt mit dem polnischen Verband unterstützen, zerschlug sich.
"Was rund um Corona abläuft, beschäftigt uns"
Nach dem 0:2 im letzten Testspiel dieser Vorbereitung am Samstag bei Zweitligist Hamburger SV hatte Trainer Labbadia gesagt: "Es ist ein großes Chaos gerade - und das ist nicht schön. Das Blöde ist, dass es auf dem Rücken des Spielers ausgetragen wird. Es ist ärgerlich, dass es keine klare Regelung gibt, was die Abstellung betrifft. Was rund um Corona abläuft, beschäftigt uns teilweise mehr als das ganze Training."
Diese Länderspielperiode ist angesichts ihrer wahnwitzigen Umstände kompletter Nonsens.
Michael Preetz
Auch Manager Preetz fand am Sonntagabend klare Worte: "Diese Länderspielperiode ist angesichts ihrer wahnwitzigen Umstände kompletter Nonsens."
Das Oranje-Trio Zeefuik, Redan und Dilrosun kam dank des Kompromisses zwischen Hertha und dem Verband um den Trip ins Risikogebiet Belarus herum, reiste fürs Hertha-Testspiel beim HSV zurück nach Deutschland und muss nun am Dienstag in der U-21-EM-Qualifikation im heimischen Almere gegen Norwegen antreten. Die beiden Slowaken Pekarik und Duda sind bereits zurück in Berlin - ohne das Abenteuer Israel und eine Folge-Quarantäne. Duda, der am Freitagabend in Bratislava gegen Tschechien (1:3) nach 17 Minuten wegen muskulärer Probleme ausgewechselt wurde, soll dem Vernehmen nach nur einen Pferdekuss erlitten haben. Weitere Untersuchungen erfolgen am Montag. Ein Einsatz des offensiven Mittelfeldspielers im Pokal am Freitag bei Zweitliga-Aufsteiger Braunschweig scheint möglich.
Hoffen auf Stark und Boyata
Mit Niklas Stark, der eine Woche wegen eines Infekts fehlte, rechnet der Klub ebenso, selbst bei Abwehrchef Dedryck Boyata (Achillessehne) besteht noch etwas Hoffnung auf ein Mitwirken zum Pflichtspielauftakt der Saison 2020/21. Dagegen droht mit Piatek ausgerechnet Labbadias Stürmer Nummer 1 in Braunschweig zu fehlen - obwohl er weder krank noch verletzt ist.