Bundesliga

Luca Pfeiffer im Interview: "Es war kein leichter Schritt"

Darmstadts Stürmer über seinen speziellen Werdegang

Pfeiffer im Interview: "Es war kein leichter Schritt, alles aufzugeben"

Der Tag, an dem der Bann gebrochen war: Luca Pfeiffer beim Spiel in Hoffenheim gegen Kevin Vogt.

Der Tag, an dem der Bann gebrochen war: Luca Pfeiffer beim Spiel in Hoffenheim gegen Kevin Vogt. IMAGO/Eibner

In der Saison 2021/22 erlebte Luca Pfeiffer in Darmstadt mit 17 Toren in der 2. Liga die beste Saison seiner Karriere. Als Leihgabe des VfB Stuttgart kehrte er im vergangenen Sommer zurück ans Böllenfalltor, um dort an die erfolgreiche Zeit anknüpfen. Doch es lief lange nicht rund - bis kurz vor Weihnachten …

Herr Pfeiffer, welche Rolle spielt Selbstvertrauen für Sie?

Eine sehr große. Gerade als Stürmer ist es enorm wichtig, dass man weiß, zu was man in der Lage ist. Es muss ein gesundes Selbstvertrauen sein. Es darf nicht zu viel werden, man darf sich aber auch nicht runterziehen lassen.

Machen Sie sich in schwierigen Phasen selbst viel Druck oder können Sie diesen gelassen begegnen?

Ich schaffe es schon oftmals, den Druck nicht an mich rankommen zu lassen und zu wissen, dass es ein Leben neben dem Platz gibt, dass man froh sein kann, gesund zu sein und dass es Spaß macht, diesen Job ausüben zu dürfen. Aber trotzdem gibt es Phasen, wo ich es nicht schaffe, so gut abzuschalten. Man kann auch nicht immer sagen: scheiß drauf. Dagegen muss man ankämpfen. Ein gesunder Druck gehört dazu.

Sie durchlebten zuletzt eine Durstrecke: In ihren ersten 34 Bundesligaspielen, 19 für den VfB Stuttgart und 15 für Darmstadt, gelang Ihnen kein Tor. Am 19. Dezember war der Bann gebrochen. Wie viele Steine sind Ihnen in Hoffenheim (3:3) vom Herzen gefallen?

Sehr viele! (grinst) Ich habe lange darauf gewartet, ich war oftmals nah dran. Manchmal war es Pech, manchmal sicher auch Unvermögen. Ich bin froh, dass ich diesen Ballast nicht mit in die Winterpause geschleppt habe. Noch mehr hat mich gefreut, dass wir an diesem Tag einen Punkt geholt haben. Daran müssen wir anknüpfen.

Ihre drei Aluminiumtreffer werden in dieser Saison von keinem Bundesligaspieler getoppt. Wie nah waren Sie der Verzweiflung?

Ich habe mich schon gefragt, was ich verbrochen habe (lacht). Aber so ist der Fußball. Es gab auch schon Phasen in meinem Leben, wo die Bälle einfach reingefallen sind und ich auch nicht wusste, wie das funktioniert hat. Daher wusste ich, dass auch mal so eine Phase kommt. So lange hätte es aber nicht dauern müssen.

Ich würde auch mal wieder gerne nicht jedes Jahr umziehen.

Luca Pfeiffer über seine ständigen Wechsel seit 2018

Mit ihrem Tor ging der sagenumwobene Ketchup-Flaschen-Effekt einher. Es folgten direkt zwei Vorlagen. War es auf einmal so einfach, wie es aussah?

Ja, das kann man sich nicht erklären. Man traut sich möglicherweise eher in die gefährlichen Räume, probiert mehr aus. Da sind wir wieder beim Selbstvertrauen.

Was haben Sie sich für die Rückrunde vorgenommen?

Ich setze mir selbst keine großen Ziele. Ich will erfolgreich sein mit der Mannschaft und so viele Punkte wie möglich holen. Da haben wir vor Weihnachten den richtigen Schritt gemacht. Das muss uns Mut machen. Die Wochen davor waren schwierig, die Zeit hat an uns genagt.

Sie sind viel rumgekommen in ihrer Karriere. Warum sind Sie seit 2018 nie länger als ein Jahr am Stück bei einem Verein geblieben?

Ich würde auch mal wieder gerne nicht jedes Jahr umziehen (lacht). Ich habe mich schon dran gewöhnt, aber natürlich wäre es schön, mal etwas länger bei einem Klub zu spielen und sich besser einleben zu können. Aber jeder Wechsel für sich hat für mich sportlich Sinn ergeben. Es hat sich immer kurzfristig etwas ergeben. Es waren Schritte, die ich wagen wollte.

Moritz Kreilinger und Luca Pfeiffer

Beim Interview im Trainingslager: kicker-Reporter Moritz Kreilinger und Luca Pfeiffer. Kreilinger

2020 ging es für Sie von den Würzburger Kickers nach dem Aufstieg in die 2. Liga noch einige Klassen höher: Champions League mit dem FC Midtjylland, unter anderem an der Anfield Road.

Das habe ich bis heute nicht wirklich realisiert. Ich habe Champions League gespielt. So richtig real ist das noch nicht. Persönlich und sportlich war es ein großer Schritt nach vorne, auch wenn bei weitem nicht alles rund lief. Es war eine schwierige Zeit. Wegen Corona hatte in Dänemark nahezu alles geschlossen. Ich war in einem fremden Land auf mich allein gestellt, habe die Sprache nicht verstanden, alles lief daher nur auf Englisch. Es gab im Verein relativ viele Gruppierungen. Aber aus den negativen Zeiten im Leben lernt man am meisten. Ich habe sehr viel daraus mitgenommen und bin gestärkt nach Deutschland zurückgekommen.

Ihr Werdegang war schon in der Jugend alles andere als gradlinig. 2013 wechselten sie aus der U17 der TSG Hoffenheim zurück zu ihrem Heimatverein. Hatten Sie noch an die Profikarriere geglaubt?

Nein, ich hatte sie tatsächlich komplett abgeschrieben. Für mich war das damals in dem jungen Alter sehr viel Druck. Das ganze Leben ist auf den Fußball ausgerichtet, dabei weiß man überhaupt nicht, ob man es schafft und damit Geld verdienen kann. Ich wollte nicht meine ganze Jugend darauf setzen, Profi zu werden. Wenn es am Ende nicht gereicht hätte, würde ich es vielleicht heute bereuen. Es war kein leichter Schritt, alles aufzugeben, wenn man schon so viel investiert hatte. Aber ich bin froh, dass ich es gemacht habe.

Wie ging es weiter?

Ich bin wieder nach Hause gezogen, um mein Abitur fertig zu machen. Das war eine sehr schöne Zeit. 15 Kilometer entfernt habe ich beim FSV Hollenbach gespielt, zum Teil in der A-Jugend, zum Teil bei den Herren. Ich hatte mit dem Profifußball abgeschlossen. In meinem ersten wirklichen Aktiven-Jahr habe ich in der Oberliga dann 18 Tore geschossen und gesagt: Ich riskiere jetzt noch einmal den Schritt in die Regionalliga. Aber auch mit dem klaren Gedanken: Wenn es nicht läuft, komme ich sofort zurück.

Es lief aber immer besser.

Ich wollte dann schon sehen, wie weit es gehen kann. Es hat mich jetzt bis hierhergebracht und ich bereue keine Sekunde irgendeinen meiner Schritte.

Lässt sich mit diesem speziellen Werdegang jedes Profispiel noch etwas mehr genießen?

Ich glaube, dass es viele Vorteile bringt, wenn man es nicht auf dem klassischen Weg zum Profi geschafft hat. Man ist ein bisschen freier im Kopf, weil man nicht sein Leben lang immer auf dieses eine Ziel getrimmt wurde. Man lebt das Leben vielleicht ein bisschen anders, ist womöglich etwas befreiter. Die Bundesliga ist ein Traum von ganz vielen Jugendlichen. Weil ich diesen Traum zwischenzeitlich aufgegeben habe, nicht mehr an ihn geglaubt habe, bin ich heutzutage umso dankbarer, dass es doch gereicht hat.

Interview: Moritz Kreilinger

Fussball - Bundesliga - Trainingslager - SV Darmstadt 98 - 03.01.24, Trainer Torsten Lieberknecht, - *** Soccer Bundesliga training camp SV Darmstadt 98 03 01 24, coach Torsten Lieberknecht,

Darmstadts schwierige Stürmersuche und ein großes Ziel

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