Bundesliga

Paukenschlag: Herthas Interimspräsident Manske tritt zurück

Der Klub bleibt handlungsfähig

Paukenschlag: Herthas Interimspräsident Manske tritt zurück

Nicht mehr Interimspräsident bei Hertha BSC: Thorsten Manske.

Nicht mehr Interimspräsident bei Hertha BSC: Thorsten Manske. imago images

Als das Wahlresultat kam, folgte prompt die Reaktion. "Angesichts des Ergebnisses erkläre ich meinen sofortigen Rücktritt", sagte Thorsten Manske. Seit 2012 war er Vizepräsident gewesen, nach dem Rücktritt von Werner Gegenbauer hatte er am vergangenen Dienstag die Geschäfte kommissarisch übernommen.

"Für mich endet hiermit ein langer Weg", sagte der Rechtsanwalt am Sonntagnachmittag unter großem Beifall der Mitglieder. Bei seinem Abberufungsantrag hatten von 2467 gültigen Stimmen 1585 Mitglieder mit Ja gestimmt (64,2 Prozent), 882 mit Nein (35,8 Prozent). Damit war zwar die formal notwendige Dreiviertelmehrheit verfehlt worden, doch angesichts des klaren Votums verkündete Manske seinen sofortigen Rückzug.

Der Super-GAU bleibt Hertha erspart

Trotz dieses Paukenschlages bleibt der Klub handlungsfähig. Die übrigen fünf einfachen Präsidiumsmitglieder fuhren deutlich bessere Ergebnisse ein und bleiben an Bord. Im Einzelnen: Für eine Abwahl von Fabian Drescher (2296 abgegebene Stimmen) votierten nur 476 Mitglieder (20,7 Prozent), 1820 hingegen mit Nein (79,3 Prozent). Für eine Abberufung von Anne Jüngermann stimmten 385 Mitglieder (17,7 Prozent der abgegebenen 2174 Stimmen), dagegen 1789 (82,3 Prozent). Für eine Abwahl von Ingmar Pering 752 Mitglieder (32,7 Prozent der abgegebenen 2301 Stimmen), 1549 Mitglieder mit Nein (67,3 Prozent). Peer Mock-Stümers Abwahlantrag erhielt bei 2256 abgegeben Stimmen 678 Mal Zustimmung (30,1 Prozent), 1578 Mitglieder votierten mit Nein (69,9 Prozent). Das nach Manske schlechteste Ergebnis fuhr das langjährige Präsidiumsmitglied Norbert Sauer ein. Für dessen Abwahl stimmten 1045 Mitglieder (49,7 Prozent der 2102 abgegebenen Stimmen), für seinen Verbleib lediglich 1057 Mitglieder (50,3 Prozent).

Damit bleibt der Klub, dem bei einer Abwahl des kompletten Präsidiums in der Transferzeit bis zur außerordentlichen Mitgliederversammlung und den Nachwahlen am 26. Juni der operative Super-GAU gedroht hätte, handlungsfähig.

(v.li.) Thorsten Manske, Werner Gegenbauer, Anne Jüngermann, Norbert Sauer, Fabian Drescher, Ingmar Pering und Peer Mock-Stümer.

Das Präsidium, das es so nicht mehr gibt (v.li.): Thorsten Manske, Werner Gegenbauer, Anne Jüngermann, Norbert Sauer, Fabian Drescher, Ingmar Pering und Peer Mock-Stümer. Getty Images

Präsidium bekommt den Unmut zu spüren

Von den acht von Mitgliedern eingereichten Anträgen hatte einer den Standort des geplanten Stadion-Neubaus thematisiert - und sieben das schwer in der Kritik stehende Präsidium, das im Oktober 2020 für vier Jahre gewählt worden war. Die Abwahlanträge gegen den bisherigen Präsidenten Gegenbauer, der am Dienstag nach 14 Jahren im Amt zurückgetreten war, waren nach dessen Demission obsolet.

Gegenbauers langjähriger Vize Manske musste sich am Sonntag wie die anderen Präsidialen Fabian Drescher, Anne Jüngermann, Peer Mock-Stümer, Ingmar Pering und Norbert Sauer jeweils einzeln einem schriftlich durchgeführten Abwahlprocedere unterziehen - und bekamen sehr heftigen Unmut von den Mitgliedern zu spüren. 75 Prozent der stimmberechtigen, anwesenden Mitglieder - zur Mittagszeit hatten sich 2750 teilnehmende Mitglieder, davon 2628 Stimmberechtigte in der Messehalle 20 eingefunden - hätten für eine Abberufung votieren müssen, um dem jeweiligen Antrag zum Erfolg zu verhelfen.

Wir haben die ganze Zeit im Bereich Kommunikation versagt.

Ingmar Pering

Pering sagte vor der Abstimmung: "Ist die Zustimmung kleiner als 50 Prozent, werde ich gehen. Ich werde nicht auf die 75 Prozent warten." Zugleich räumte er ein: "Wir haben die ganze Zeit im Bereich Kommunikation versagt. Ja, wir haben es nicht gut hingekriegt. Wir sind fehlerhaft, aber wir arbeiten seit Jahren daran, dass es besser wird."

Vor der Abstimmung über seine mögliche Abberufung hatte Manske, auf den sich der Unmut konzentrierte, unter Buhrufen und Pfiffen gesagt: "Wir stehen mit unserer Profiabteilung vor richtungsweisenden Wochen. Hierfür braucht es ein handlungsfähiges, erfahrenes Präsidium. Es käme einem Super-GAU gleich, würde meinen Kolleginnen und Kollegen das Vertrauen und das Mandat zu entzogen. Wir sind hier nicht zusammengekommen, um unseren Verein mit Schwung an die Wand zu fahren." Bezogen auf seine eigene Zukunft ließ er wissen: "Mir geht es nicht um Machterhalt. Meine Erfahrung wird bei Hertha BSC weiter benötigt. Ich bin wild entschlossen, meine Expertise weiter zur Verfügung zu stellen." Dazu kommt es nun nicht.

Eingeständnisse und Versprechen: Es ist ein Spagat

Die bisherigen Präsidialen waren erkennbar darum bemüht, ihren Verantwortungsanteil am Niedergang des Klubs anzuerkennen und dennoch für weiteres Vertrauen der Mitglieder zu werben. Es war ein von zahlreichen Missfallensbekundungen begleiteter Spagat.  "Keiner möchte, dass es hier so weitergeht, wie es die letzten drei Jahre gelaufen ist", sagte Drescher. "Die Zeichen stehen auf Neuanfang. Ich wünsche mir, dass wir das Bild der letzten drei Jahre korrigieren." Dreschers Präsidiumskollege Peer Mock-Stümer erklärte: "Seit wir wissen, dass Werner Gegenbauer zurücktreten wird, ist bei uns im Gremium Frühling eingekehrt."

Wenn ich in die andere Richtung dieser Stadt schaue, bekomme ich rote Augen.

Heinz Troschitz

Zuvor hatte die Basis lautstarke Kritik am Präsidium geübt. Hertha-Mitglied Heinz Troschitz, der einen Abwahlantrag eingereicht hatte, sagte: "Wenn das Herz brennt für Hertha BSC, müssen Menschen ins Präsidium einziehen, die das Zeug dazu haben, einen Hauptstadtklub zum Erfolg zu führen. Wenn ich in die andere Richtung dieser Stadt schaue, bekomme ich doch rote Augen. Da müssen wir doch besser sein."

An die Adresse Manskes, der seit 2012 als Gegenbauer-Vize amtiert hatte, sagte Troschitz unter großem Applaus der Mitglieder: "Sie haben den damaligen Präsidenten so weitermachen lassen wie in den vergangenen 14 Jahren. Das war ein großer Fehler." Ein anderes Mitglied bezeichnete Hertha als "peinlichsten Verein Deutschlands" und sagte zu Manske: "Dieses Gremium bestand nicht nur aus Werner Gegenbauer. Herr Manske, Sie hatten viele, viele Jahre Zeit, sich im Sinne unseres Vereins zu beweisen." Das wurde Manske zum Verhängnis. Nach den Rücktritten von Gegenbauer und Manske soll das auf fünf Mitglieder dezimierte Präsidium bei der außerordentlichen Mitgliederversammlung am 26. Juni (11 Uhr, CityCube) auf neun Köpfe aufgestockt und ein neuer Präsident gewählt werden.

Steffen Rohr