Bundesliga

Wolfsburg: 100 Millionen Euro für Platz 16

DFL-Finanzbericht verdeutlich VfL-Misswirtschaft der vergangenen Jahre

Wolfsburg: 100 Millionen Euro für Platz 16

Auf den letzten Drücker: Trotz hoher Ausgaben rettete sich Wolfsburg (l. William) 2017/18 erst in der Relegation gegen Kiel.

Auf den letzten Drücker: Trotz hoher Ausgaben rettete sich Wolfsburg (l. William) 2017/18 erst in der Relegation gegen Kiel. imago images

"DFL-Klubs bekennen sich zu mehr finanzieller Transparenz" verkündete die DFL im Dezember 2018. Bei der Mitgliederversammlung stimmte die Mehrheit der Vereine für die Offenlegung wesentlicher Finanzkennzahlen wie den Personalaufwand, Spielerberaterhonorare, letztlich Gewinne und Verluste.

19,7 Millionen Euro: Ligaweit der größte Verlust

Der VfL Wolfsburg, der seit 2011 keine Bilanzen mehr veröffentlicht und bei der Abstimmung dagegen votierte, steht bei der Bekanntmachung am heutigen Mittwoch nicht gut da - mit einem Minus von 19,7 Millionen Euro erwirtschafteten die Niedersachsen im Geschäftsjahr 2017/2018 ligaweit den größten Verlust, allein der Wolfsburger Personalaufwand betrug fast 128 Millionen Euro. Das wurde nur vom FC Bayern mit 315 Millionen Euro und Borussia Dortmund mit rund 187 Millionen Euro getoppt.

"Uns ist bewusst, dass diese Zahl nicht gering ist und nicht einhergegangen ist mit dem sportlichen Erfolg", konstatiert VfL-Geschäftsführer Dr. Tim Schumacher. "Wir hatten einen Kader, der für einen Relegationsplatz zu teuer war."

Der VfL zahlte wie ein CL-Teilnehmer - und spielte wie ein Absteiger

Von den 128 Millionen Euro flossen rund 100 Millionen Euro in den Bereich des Profikaders. Sprich: Der VfL zahlte wie ein Champions-League-Teilnehmer, spielte aber wie ein Absteiger. Aufwand und Ertrag standen in einem krassen Missverhältnis. Ein schlechtes Zeugnis für den damaligen Sportdirektor Olaf Rebbe und auch dessen Vorgänger Klaus Allofs, der im Dezember 2016 freigestellt wurde.

Vorteil für den VfL: Aufgrund des seit Sommer 2011 bestehenden "Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages", der zwischen der Fußball-GmbH und dem Volkswagen-Konzern geschlossen wurde, gleicht der Eigner sämtliche Verluste des Tochterunternehmens aus. Gleichzeitig muss der VfL jedoch auch jegliche Gewinne - in der Saison 2015/2016 etwa erwirtschaftete der Klub im Jahr des De-Bruyne-Verkaufs und des Einzugs ins Champions-League-Viertelfinale ein Plus von rund 70 Millionen Euro - an VW abführen.

Wir müssen ein Gehaltsgefüge haben, das dem sportlichen Erfolg entspricht. Wir haben den einen oder anderen Spieler, der zu internationalen Bedingungen verpflichtet worden ist, aber vielleicht aktuell sportlich keine Rolle spielt.

VfL-Geschäftsführer Dr. Tim Schumacher

Das krasse Missverhältnis beim VfL zwischen den Investitionen und dem sportlichen Erfolg hat zumindest offiziell zu einem Umdenken geführt. "Uns war bewusst, dass wir uns auch wirtschaftlich konsolidieren müssen", sagt Schumacher. "Wir müssen ein Gehaltsgefüge haben, das dem sportlichen Erfolg entspricht. Wir haben den einen oder anderen Spieler, der zu internationalen Bedingungen verpflichtet worden ist, aber vielleicht aktuell sportlich keine Rolle spielt."

Schmadtke und Schäfer müssen Gleichgewicht hinbekommen

An Sport-Geschäftsführer Jörg Schmadtke und Sportdirektor Marcel Schäfer liegt es nun, ein Gleichgewicht zwischen Erfolg und finanziellem Einsatz hinzubekommen. "Wir sind dabei, den Kader zu optimieren", erklärt Schumacher. "Diese Konsolidierung dauert sicher zwei, drei Spielzeiten."

Schon im Winter wurde deutlich, dass Boss Schmadtke den Weg der wirtschaftlichen Unvernunft verlässt. Als es darum ging, womöglich einen Ersatz für den verletzten Daniel Ginczek verpflichten zu wollen, sagte er: "Wir haben eine Wirtschaftlichkeit zu berücksichtigen." Und auch jetzt betont er gegenüber dem kicker: "Wir werden unseren Weg fortsetzen. Es gibt bei uns wirtschaftliche Grundsätze und Rahmenbedingungen."

Paul-Georges Ntep

Spielt sportlich keine Rolle, wird aber fürstlich bezahlt: Paul-Georges Ntep. imago images

In diesem Bereich bewegt sich der Geschäftsführer des VfL. Jedoch sind ihm zum Teil die Hände gebunden, auch in der gerade abgelaufenen Spielzeit wird der VfL wieder ein dickes Minus gemacht haben. Denn: Spieler wie zum Beispiel Paul-Georges Ntep, der sportlich keine Minute zum Einsatz kam und nicht transferiert werden konnte, werden weiterhin fürstlich bezahlt.

Nur der BVB, Leverkusen und Bayern zahlten mehr für Spielerberater

Und auch die Spielerberater haben in der Saison 17/18 gut verdient in Wolfsburg. 21,6 Millionen Euro gingen in die Taschen der Vermittler, auch hier liegt der VfL im Ligavergleich weit vorne. Konkret: Nur Borussia Dortmund (40,9 Millionen Euro), Bayer Leverkusen (22,7 Millionen Euro) und der FC Bayern (22,4 Millionen Euro) zahlten mehr. Geschäftsführer Schumacher: "Die Zahlungen an Berater sind generell insgesamt zu hoch." Während jedoch München Meister wurde, Leverkusen als Fünfter in die Europa League und der BVB als Tabellenvierter in die Champions League einzogen, spielte Wolfsburg erneut in der Relegation.

Müssen sich die Niedersachsen, die nun in die Europa League eingezogen sind, angesichts der schlechten Bilanz Sorgen machen in Bezug auf das Financial Fairplay (FFP) machen? Schumacher: "Wir gehen davon aus, dass es keine Schwierigkeiten geben wird."

Lesen Sie auch den kicker-Kommentar: 200 Millionen Euro für Spielerberater: Der Gesetzgeber ist gefordert

Thomas Hiete