Bundesliga

Nach bestandener Reifeprüfung: Funktioniert Bayer auch ohne Xabi Alonso?

In Rom greift der Matchplan des Trainers, der in Frankfurt gesperrt fehlt

Nach bestandener Reifeprüfung: Funktioniert Bayer auch ohne Xabi Alonso?

Chefcoach Xabi Alonso wird Bayer in Frankfurt fehlen.

Chefcoach Xabi Alonso wird Bayer in Frankfurt fehlen. IMAGO/Goal Sports Images

Aus Rom berichtet Stephan von Nocks

Was sonst? Vor einem Jahr war Bayer 04 im Halbfinale der Europa League gegen die AS Rom auf bittere Art und Weise ausgeschieden. In zwei Partien war dem Team von Xabi Alonso kein Treffer gelungen. Auch weil der Werkself damals kein topfitter Mittelstürmer von Format zur Verfügung stand. So fehlte Bayer damals bei der 0:1-Hinspiel-Niederlage in Rom jegliche Strafraumpräsenz.

Und was war am Donnerstag Xabi Alonsos Konsequenz bei der Neuauflage des Duells mit der Roma? Der Baske verzichtete diesmal freiwillig auf einen Neuner von internationaler Klasse und ließ sowohl Victor Boniface als auch Patrik Schick auf der Bank.

Ein überraschender Schachzug, um die römische Defensive mit Amine Adli und dem aus dem rechten Mittelfeld vorgezogenen Jeremie Frimpong und deren immenser Schnelligkeit als variabel agierendes Außenstürmer-Duo zu piesacken. "Wir wollten mit mehr Mobilität und keinen klaren Positionen spielen", erklärte Xabi Alonso. Und allein Frimpong hätte nach der Leverkusener Führung noch vor der Pause bei drei guten Chancen das Ergebnis mindestens auf 2:0 stellen können, wenn nicht gar müssen.

Bayers variable Offensive war nicht zu fassen

Der Schachzug des Trainers ging beim hoch verdienten 2:0-Erfolg komplett auf, da Bayers variable Offensive für die Roma in dieser Phase nicht zu fassen war. Was auch daran lag, dass der als falsche Neun eingesetzte Spielmacher Florian Wirtz die überfallartigen Leverkusener Angriffe entweder aus der Tiefe einleitete oder sie selbst in der Spitze abschloss, wie bei seinem 1:0, als Vorbereiter Alejandro Grimaldo allerdings von einem kapitalen Bock von Roms Rechtsverteidiger Rick Karsdrop profitierte.

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Mal wieder hatte Xabi Alonso den Gegner überrascht

Xabi Alonsos Matchplan, der von der Grundidee dem vom 3:0-Sieg im Liga-Gipfel gegen Bayern München Anfang Februar glich, griff in der zweiten Hälfte des ersten Durchgangs in Gänze. "Es war eine sehr erwachsene Leistung. Unsere Konter sind sehr gut gelaufen mit unseren Angriffsspielern. Wir haben einige Chancen geschaffen, um ein drittes Tor zu schießen", urteilte Xabi Alonso. Mal wieder hatte der Spanier den Gegner überrascht.

Und auch beim Coaching während des Spiels fand der Trainer eine Lösung, um seinen bereits nach 16 Minuten nach einem Foul an Romelu Lukako verwarnten und am Rande eines Platzverweises wandelnden Abwehrchef Jonathan Tah nicht per Auswechslung zur Pause opfern zu müssen.

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"Es war eine knifflige Situation für Jona", analysierte Simon Rolfes die Szenen vor der Halbzeit, als Bayer "zu viel Eins gegen Eins" verteidigt habe und Tah so gegen den belgischen Sturmbullen in komplizierte Duelle musste. "Das haben wir in der zweiten Halbzeit besser gemacht", erklärte der Geschäftsführer, "indem wir dann auch versucht haben, die langen Bälle mit Zwei gegen Eins zu verteidigen und die Bälle zu gewinnen." So dass Lukaku nach der Pause kein Faktor mehr war und Tah durch das Leverkusener Doppeln nicht mehr ansatzweise in Gefahr geriet, die Ampelkarte zu sehen.

Dafür kontrollierte Bayer in der eigentlich typischen Spielweise mit mehr Ballbesitz im zweiten Durchgang die Partie lange nach Belieben. Ein starker Auftritt, der als bestandene Reifeprüfung gewertet werden darf. Und für den Xabi Alonso mit seinem Matchplan die Basis gelegt und mal wieder seine Fähigkeiten beim Coaching unter Beweis gestellt hatte.

Xabi Alonso fehlt gelb-gesperrt

Am Sonntag muss der neue Deutsche Meister beim Spiel in Frankfurt allerdings während der 90 Minuten auf Xabi Alonsos Input verzichten, wo der Werksklub seine Serie auf 48 Pflichtspiele ohne Niederlage in dieser Saison ausbauen möchte. Hatte sich der 42-Jährige vergangene Woche beim 2:2 gegen Stuttgart doch die vierte Gelbe Karte eingehandelt und fehlt jetzt gesperrt.

"Ich glaube, es wird keine große Umstellung sein"

Ein Fakt, der die vor Selbstbewusstsein strotzenden Werkself-Kicker aber nicht erschreckt. "Ich glaube, es wird keine große Umstellung sein", erklärte der Schütze zum 2:0, Robert Andrich, "klar gibt es Situationen, in denen der Trainer den einen oder anderen Satz mit dem Spieler wechselt. Wir sind aber als Mannschaft schon so gefestigt, dass wir das schon alleine hinbekommen."

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Während das Spiel läuft, darf Xabi Alonso in Frankfurt keinen Einfluss auf die Mannschaft nehmen. "Dann hoffen wir, dass wir ihn nicht brauchen", sagt Andrich entspannt.

Mit der Hoffnung, dass ein Eingreifen von Seiten der Trainerbank gar nicht notwendig wird. Auf dieser wird Assistent Sebastian Parrilla, der in Rom wegen seiner Roten Karte beim Viertelfinalspiel bei West Ham United (1:1) auf der Tribüne Platz nehmen musste, seinen Chef vertreten. "Er sitzt auf der Bank. Da mache ich mir keine Gedanken", sagt Xabi Alonso, "ich hoffe, es ist kein Problem."

Und falls welche auftreten? Dann "werden wir das auch hinkriegen", ist Andrich überzeugt und betont nochmal, "ich glaube, wir sind eine intelligente und erfahrene Mannschaft, dass wir das hinbekommen." Und nach dem souveränen Auftritt im Olimpico in Rom gab es trotz Xabi Alonsos entscheidender Impulse niemanden, der dem Nationalspieler vehement widersprechen wollte. In Frankfurt wird sich zeigen, ob zurecht.

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