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Ein Jahr vor WM-Beginn: Journalisten in Katar festgenommen

Knapp ein Jahr vor WM-Beginn

Nach Bericht über Gastarbeiter: Norwegische Journalisten in Katar festgenommen

Immer wieder stehen die Arbeitsbedingungen und Lebensumstände der Arbeiter auf Katars WM-Baustellen im Fokus.

Immer wieder stehen die Arbeitsbedingungen und Lebensumstände der Arbeiter auf Katars WM-Baustellen im Fokus. imago/MiS

Die zwei Journalisten der Norwegian Broadcasting Corporation (NRK) hatten kurz zuvor an einer Liveschalte im norwegischen Fernsehen gearbeitet, in der es um die Arbeitsbedingungen und Lebensumstände der Gastarbeiter in Katar ging. Genau ein Jahr vor Turnierbeginn (Eröffnungsspiel am 21. November 2022) wollten der Sportpolitik-Journalist Halvor Ekeland und der Fotograf Lokman Ghorbani einen erneuten Überblick über die Situation der Arbeitskräfte auf den Baustellen des Arabischen Emirats liefern. Dieses war erst kürzlich wiederholt von Amnesty International kritisiert worden

Man sieht die Angst in ihren Augen.

Halvor Ekeland, norwegischer Journalist

Während der Liveberichterstattung äußerte Ekeland Bedenken über den Umgang mit Gastarbeitern. "Es gibt eine große Diskrepanz in diesem Land. Einigen der Arbeitern geht es grauenhaft. Man kann in ihren Augen sehen, dass es ihnen nicht gut geht. Sie arbeiten den ganzen Tag sehr hart", kommentierte er die Lage vor Ort. Besonders stark würden ihm die Arbeitskräfte in Erinnerung bleiben, die sich nicht gegenüber Medienvertretern äußern wollten. "Wenn ich sie nach einem Interview frage, sieht man die Angst in ihren Augen", beschrieb Ekeland live im norwegischen Fernsehen diese Begegnungen.

"Wir wurden am Sonntagabend im Hotel festgenommen, auf eine Polizeiwache gebracht und blieben über mehrere Stunden dort", schilderte der Sportjournalist den Ablauf der Ereignisse. Er und Ghorbani würden nun "mehrere Treffen mit dem NRK haben, einige Dinge herausfinden und zum gegebenem Zeitpunkt mit einem Statement zurückkehren". Den Beamten nach hätten die beiden "wissentlich und absichtlich" das Gesetz verletzt, indem sie unerlaubt ein Privatgrundstück betreten und dort gefilmt hätten. Im Zuge dieser Festnahme soll laut norwegischen Behörden Bildmaterial, das sie in einem Arbeitsmigrantenlager aufgenommen hatten, gelöscht worden sein. 

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Regime-Kritiker kurz vor Interview inhaftiert

Diese war nach Recherchen des NRK nicht die einzige Inhaftierung. Nur wenige Stunden vor einem geplanten Interview mit dem Staatssender wurde ein bekannter Kritiker des Regimes, Abdullah Ibhais, von der Polizei in Gewahrsam genommen. Ibhais, früher als Medien- und Kommunikationschef noch für das WM-Organisationskomitee tätig, wurde im April zu fünf Jahren Haft aufgrund von Korruption verurteilt, wogegen er Einspruch einlegte. Einen kritischen Bericht des norwegischen Fußballmagazins "Josimar" zu dem Verfahren quittierte das Organisationskomitee mit einer Forderung, "falsche und verleumderische Informationen" aus dem Artikel zu entfernen. 

Gjermund Eriksen, Direktor der norwegischen Sendeanstalt, kritisierte die Geschehnisse scharf. Für ihn läge ein "Angriff auf die Werte der freien, unabhängigen Presse" vor. Eine entsprechende Reaktion erwarte er nun von der Regierung des skandinavischen Staats, der die WM-Qualifikation am letzten Spieltag knapp verpasste: "Ich erwarte, dass sie (die norwegische Regierung, Anm. d. Red.) die Wichtigkeit einer freien und unabhängigen Presse und Bedeutung von Meinungsfreiheit betonen werden."

Auch mit der FIFA werde der NRK in Kontakt treten, da es "unhaltbar ist, die Medien bei einem der größten Sportereignisse der Welt von der Ausübung einer freien und unabhängigen Berichterstattung abzuhalten".  

kon

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