Vier Wechsel nahm Milan-Coach Massimiliano Allegri im Vergleich zum jüngsten 4:0-Sieg gegen Parma vor: Abate, Flamini, Yepes und Robinho ersetzten Oddo (Bank), van Bommel, Cassano (beide in der Königsklasse nicht mehr spielberechtigt) und Youngster Merkel, der zunächst in die zweite Reihe rückte. Pirlo (Kreuzbandzerrung), Ambrosini (Muskelfaserriss) und Boateng (Achillessehnenblessur) fehlten weiter. Auch Tottenhams Trainer Harry Redknapp hatte mit Bale (Rückenblessur) und Modric (nach Blinddarm-OP immerhin wieder im Kader) zwei seiner wichtigsten Mittelfeldspieler nicht zur Verfügung - wie schon beim 2:1 in Sunderland am vergangenen Samstag. Trotzdem gab's vier Neue: Palacios, Lennon sowie die zuletzt angeschlagenen van der Vaart und Crouch durften anstelle von Jenas (Gelbsperre), Kranjcar, Defoe und Pavlyuchenko (alle Bank) beginnen.
Wie damals in der Gruppenphase gegen Inter (3:4) wolle man offensiv in San Siro auftreten, hatte Redknapp angekündigt. Und genau so gingen die Spurs die Partie bei heftigem Regen in Mailand auch an. Die ersten gut 20 Minuten bestimmten die passsicheren Gäste klar, Milan fand offensiv nicht statt, weil es hinten stets gebunden war. Keeper Abbiati musste mehrmals Kopf und Kragen riskieren, verletzte sich prompt am Kopf und musste benommen rausgetragen werden. Amelia kam (19.).
Ohne zwingende Torchance ging die starke erste Phase der Spurs zu Ende, nach und nach bekam Milan die Gäste in einem nur bedingt rasanten Spiel besser in den Griff und wurde auch selbst ein wenig in der gegnerischen Hälfte aktiv. Bei den Attacken von Sandro (24.) und Dawson (29.) - jeweils gegen Ibrahimovic - hatten die Londoner Glück, dass Referee Stéphane Lannoy aus Frankreich nicht auf 17-Meter-Freistoß bzw. Elfmeter entschied. Trotz der inzwischen erhöhten Spielanteile wirkte das Angriffsspiel der Hausherren aber insgesamt umständlich und fast ideenlos. Die Spurs hatten hingegen die beste Möglichkeit vor der Pause, als van der Vaart Amelia mit einem scharfen Schuss aus 18 Metern zu einer sehenswerten Parade zwang (42.).
Champions League, Achtelfinal-Hinspiele
Allegri brachte zum Wiederanpfiff mit Pato für Seedorf einen dritten Stürmer. Und das zeigte Wirkung. Van der Vaarts hübscher Lupfer, der den rechten Torwinkel nur knapp verfehlte (48.), war lange die letzte Chance der Redknapp-Elf, ansonsten spielte erst einmal nur Milan. Zweimal musste Gomes an seinem 30. Geburtstag gegen Kopfbälle von Yepes alles aus sich herausholen, mit Super-Reflexen verhinderte er das 0:1 (50., 61.).
Die Intensität nahm zu; weil Milan nun viel variabler und schneller spielte, aber auch, weil Flamini gegen Corluka an der Seitenlinie eine Horrorgrätsche auspackte (55.). Der Franzose bekam nur Gelb, der Kroate musste nach langer Behandlungspause raus - und die Partie wurde richtig ruppig. Gattuso stieß Tottenhams Co-Trainer Joe Jordan ungestraft gegen den Hals (59.), Palacios "rächte" sich mit gestrecktem Bein gegen Gattusos Knie, auch hier ließ Lannoy die zwingende Karte stecken (62.). Später kassierte Gattuso seine dritte Gelbe nach Foul an Pienaar dann doch noch - Pause im Rückspiel (76.).
Die Schlussminuten: Crouchs Sieg-, "Ibras" Abseitstor - und Gattusos Kopfstoß
Milan schien dem Führungstor deutlich näher zu sein, doch die Spurs zeigten ihre Konterqualitäten. Nach Ibrahimovics Fehlpass ging's blitzschnell: Lennon ließ Yepes ins Leere grätschen und legte für Crouch auf. Aus elf Metern schob der lange Engländer sicher ein (80.). Die Rossoneri versuchten sich vergeblich an einer Antwort, nach Ibrahimovics Fallrückzieher-Tor, das zu Recht wegen Abseits' nicht zählte (90.+4), ertönte der Schlusspfiff. Anschließend löste der geladene Gattuso noch eine Rudelbildung aus, nachdem er sich mit nacktem Oberkörper erneut Jordan vorgeknöpft und dem Tottenham-Co-Trainer einen Kopfstoß verpasst hatte. Mitspielern und Betreuern mussten Schlimmeres verhindern.
Mit dem knappen Sieg haben sich die Spurs mit Glück und Geschick eine hervorragende Ausgangsposition für das Rückspiel am Mittwoch, 9. März, an der White Hart Lane erspielt. Milan erarbeitete sich trotz klarer Überlegenheit nach dem Seitenwechsel zu wenige ernsthafte Chancen und kassierte seine erste Niederlage nach zehn Pflichtspielen. Am Sonntag geht's für den Serie-A-Spitzenreiter bei Chievo Verona weiter. Tottenham ist erst wieder am Dienstag in Blackpool gefordert.