Bundesliga

Michelbrink, Winkler, Dirkner: Herthas Talente-Fluss versiegt nicht

Seit der Akademie-Gründung 2001 schafften es 80 Eigengewächse in die Bundesliga

Michelbrink, Winkler, Dirkner: Herthas Talente-Fluss versiegt nicht

Wachablösung bei Hertha: Luca Netz (li.) und Morton Dardai (re.) jubeln mit den "alten Hasen" Jhon Cordoba (2. v. li.) und Krzysztof Piatek.

Wachablösung bei Hertha: Luca Netz (li.) und Morton Dardai (re.) jubeln mit den "alten Hasen" Jhon Cordoba (2. v. li.) und Krzysztof Piatek. imago images

Es war ein Moment für die Ewigkeit: für Sami Khedira, der bei Herthas Spiel in Hoffenheim nach 75 Minuten und zum unwiderruflich letzten Mal als Profi den Rasen verließ und die Huldigungen seiner Kollegen gerührt entgegennahm - und für Jonas Dirkner, der für Khedira eingewechselt wurde und seine Bundesliga-Feuertaufe erlebte. Der gebürtige Rostocker Dirkner folgte damit Jonas Michelbrink und Marten Winkler, die bereits in den Wochen zuvor ihre Premiere im deutschen Fußball-Oberhaus erlebt hatten. Dirkner war das 80. Eigengewächs seit Gründung der Hertha-Akademie 2001, das es in die Bundesliga geschafft hat.

Die Ersten waren vor zwei Jahrzehnten Benjamin Köhler und Thorben Marx. Die 80 nennt Akademie-Chef Benjamin Weber "eine großartige und beeindruckende Zahl. Das Ziel unserer täglichen Arbeit ist, dass unsere Akademie-Spieler eines Tages in der Bundesliga auflaufen - am besten natürlich für Hertha BSC. Dass uns das in den vergangenen Jahren so eindrucksvoll gelungen ist, macht uns sehr stolz und ist der Verdienst aller Trainer und Mitarbeitenden, die über Jahre jeden Tag mit den Jungs arbeiten."

"Mehr blau-weißes Blut" bei Hertha

Dass der im Januar erneut als Retter in der Not zu den Profis gerufene Pal Dardai (zuvor U-16-Trainer) "jeden Spieler in der Akademie kennt", wie er ohne Übertreibung sagt, ist hilfreich für die Durchlässigkeit zwischen Nachwuchs- und Profibereich. Sein Co-Trainer Andreas "Zecke" Neuendorf gilt ebenfalls als ausgewiesener Förderer des Nachwuchses, er war vor der Berufung in Dardais Staff Coach der U23, zuvor bei der U15 und U17. Mehr Identifikation, "mehr blau-weißes Blut" in der Kabine - das wünscht sich Dardai für die Zukunft.

Dardai und Netz schon jetzt länger gebunden

Die Mischung aus externen, überwiegend teuren Zugängen und eigenen Talenten stimmte aus Sicht des Ungarn zuletzt nicht. Dass in dieser mit Rückschlägen gespickten Hertha-Saison etliche der namhaften Profis lange mit sich zu tun hatten, während ausgerechnet einige Eigengewächse auftrumpften, war eine der vielen Pointen der vergangenen Monate. Jessic Ngankam (20) wurde im drittletzten Saisonspiel - dem Schlüsselspiel auf Schalke (2:1) - zum Matchwinner. Marton Dardai (19), der bereits unter Pal Dardais Vorgänger Bruno Labbadia debütiert hatte, war im letzten Saisondrittel ein Garant für Stabilität. Der Innenverteidiger, der auch auf der Sechs spielen kann, agierte inmitten des Stresstests Abstiegskampf erstaunlich unaufgeregt. Seinen Vertrag verlängerte Hertha unlängst bis 2025.

Rückkehr aus Bielefeld: Maier zurück bei Dardai

Bei Linksverteidiger Luca Netz zog der Klub zur Monatsmitte, am Geburtstag des Linksverteidigers, die Vertrags-Option. Netz ist dadurch bis 2023 gebunden, Hertha strebt - seit Monaten bereits - eine noch längere Zusammenarbeit an. Und mit Arne Maier (22) kehrt im Sommer jener zu Saisonbeginn nach Bielefeld verliehene Mittelfeldspieler zurück, der einst das Herzstück der mit Spielern des 99er-Jahrgangs bestückten U15 war, die Pal Dardai trainierte, ehe ihn sein Klub im Februar 2015 zum ersten Mal auf die Bank der Profi-Mannschaft berief.

Hertha BSC A-Jugend

Herthas A-Jugend-Meisterteam von 2018. imago iamges

Das Team um Maier, Dennis Smarsch, Florian Krebs, Florian Baak, Palko Dardai und Julius Kade wurde 2018 Deutscher A-Jugend-Meister, aber das Versprechen, das einige - auch Pal Dardai selbst - in diesem Jahrgang sahen, wurde nie wirklich eingelöst. Michelbrink, Dirkner & Co. zeigen freilich, dass immer neue Talente nachkommen. Und wenn die Anzeichen nicht täuschen, trifft U-21-EM-Fahrer Maier, der unter Jürgen Klinsmann weg wollte, aber erst unter Bruno Labbadia wegdurfte, nach seiner Rückkehr auf seinen größten Förderer: Pal Dardai.

Steffen Rohr

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