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Merkel: "Ich teile nicht die Weltuntergangsszenarien"

DFL-Boss über Medienrechteausschreibung

Merkel: "Ich teile nicht die Weltuntergangsszenarien"

DFL-Boss Dr. Steffen Merkel sieht "ein deutlich aufgewertetes Medienprodukt".

DFL-Boss Dr. Steffen Merkel sieht "ein deutlich aufgewertetes Medienprodukt". IMAGO/Revierfoto

Folglich müssen Dr. Marc Lenz und Dr. Steffen Merkel neben den Diskussionen um die Kontroverse bei Hannover 96, wo 50+1 offenkundig ausgehebelt ist, ihren Fokus auf das Management der größten Cash-Cow von Bundesliga und 2. Liga richten. 1,1 Milliarden Euro spülen die Rechte für den deutschsprachigen Raum derzeit pro Saison in die Kassen der 36 Klubs. Nicht wenige gehen von einem deutlichen Rückgang der Einnahmen aus. Merkel, in dessen Zuständigkeit die Vergabe fällt, sieht das gänzlich anders, wie er in einem Gespräch mit dem kicker vor zwei Wochen erklärte: "Ich teile mit Blick auf unsere Ausschreibung nicht die Weltuntergangsszenarien einiger Kommentatoren. Die Bundesliga ist nach wie vor das mit Abstand werthaltigste Medienrecht Deutschlands. Wir werden ein deutlich aufgewertetes Medienprodukt anbieten. Und anders als in anderen Ländern haben unsere aktuellen Live-Partner auch öffentlich bekundet, sich umfangreich engagieren zu wollen. Es gibt gute Gründe, mit Selbstbewusstsein in die Ausschreibung zu gehen."

Bei den anderen Top-Ligen zeigt der Trend in Richtung Stagnation, die zuletzt auf 1,95 Milliarden Euro erhöhten Rechte für die Premier League etwa ordnet Merkel so ein: "Natürlich ist das ein starker Abschluss, aber wir müssen das im großen Kontext sehen. Die Premier League hat auch deshalb vier Prozent mehr erlöst, weil sie 35 Prozent mehr Live-Spiele als bislang vergeben hat. Die Serie A kam beinahe auf ihrem Ausgangsniveau heraus dank langer Verhandlungen, nachdem im Sommer zunächst ein Rückgang von rund 25 Prozent kolportiert worden war. Die Ligue 1 ist mit sehr hohen Forderungen reingegangen, manche sagen, die Ausschreibung sei gescheitert, ich schließe aber nicht aus, dass sie letztlich auf einem ähnlichen Niveau wie im derzeitigen Zyklus enden wird."

"Gute Ideen im Köcher"

Also zieht der Manager folgenden Rückschluss aus den aktuellen Verhandlungen der Konkurrenz: "Dass sich die großen Ligen auf ihren Heimatmärkten strecken und kreativ sein müssen, um weiteres Wachstum zu erzielen. Das gilt auch für die DFL. Aber gehen Sie davon aus, dass wir mit einem schlüssigen Gesamtkonzept aufwarten und gute Ideen im Köcher haben werden."

Also die bereits ins Spiel gebrachten Halbzeit-Interviews? Ist das denkbar, Thomas Tuchel oder Xabi Alonso auf dem Weg in die Kabine bei einem TV-Reporter? "Wir haben für Bundesliga-Übertragungen aktuell keine Halbzeitinterviews mit Cheftrainern oder die Öffnung der Kabine während der Ansprache vor dem Spiel im Blick", erklärt der 38-Jährige und betont: "Am Ende reden wir von einem Medienprodukt, bei dem der Sport der Mittelpunkt ist und das wir mit Augenmaß weiterentwickeln müssen. Das werden wir aber auch tun. Denn die Medienpartner wünschen sich natürlich mehr Zugang und auch exklusive Inhalte unter der Woche, nicht nur am Spieltag. Dabei wollen wir sie ab 2025 noch viel mehr als bislang unterstützen."

Amazon, Paramount oder Netflix?

Es ist allerdings kein Geheimnis, dass Sky rote Zahlen schreibt und auch Dazn um Wirtschaftlichkeit kämpft. Bayer-Boss Fernando Carro äußerte jüngst via kicker, dass er an den Einstieg großer US-Dienste wie Amazon, Paramount oder Netflix glaube. Konkrete Namen mag Merkel nicht kommentieren, allerdings gibt er sich hoffnungsvoll: "Das Perspektivfeld der Interessenten ist im Vergleich zu den letzten beiden Ausschreibungen eher breiter geworden. Aber für Spekulationen, wer am Ende Angebote abgibt, ist es heute zu früh." Bis Ende des ersten Quartals 2024 sollen die Rechte vergeben sein.

Deutlich früher könnte es eine signifikante Veränderung des rechtlichen Rahmens geben, schließlich sprechen DFL und Bundeskartellamt über die Abschaffung der einst eingeführten No-single-buyer-rule, wonach die Live-Rechte nicht an einen einzigen Dienst gegeben werden dürfen, um den Wettbewerb zu stärken und den Kunden vor einem Preisdiktat eines Monopolisten zu schützen. Der Plan der Regulierer jedoch ging nicht wirklich auf. Ob der nötigen Mehrfach-Abos wurde es technisch komplizierter und angesichts der wirtschaftlichen Probleme der Anbieter teurer, sich sämtliche Bundesligapartien ins Haus zu holen. Wie also laufen die Verhandlungen mit dem Kartellamt? "Sie sind weit fortgeschritten und wir gehen davon aus, dass wir Anfang 2024 die Ausschreibung ankündigen und öffentlich vorstellen können", gibt sich Merkel auch hier zuversichtlich.

Benni Hofmann

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