Motorsport

Mercedes EQS SUV: Elektrisches Luxus-SUV

Auf Basis der Limousine EQS - 660 Kilometer Maximal-Reichweite - Elektroantriebe bis 544 PS

Mercedes EQS SUV: Elektrisches Luxus-SUV

Mercedes EQS SUV: Angesichts eines Lebendgewichts von mehr als 2,5 Tonnen muss die Aerodynamik vieles richten.

Mercedes EQS SUV: Angesichts eines Lebendgewichts von mehr als 2,5 Tonnen muss die Aerodynamik vieles richten. Hersteller

Es waren heftige Vorwürfe, die sich Mercedes gefallen lassen musste. In Stuttgart sei die Elektromobilität verschlafen worden, schimpften die Kritiker missmutig, schlafmützig schaue man im Schwabenland zu, wie einem die Teslas um die Ohren fahren.

Tatsächlich eilen Elon Musks Stromer von Erfolg zu Erfolg. Schon 2017 war das Model S das meistverkaufte Oberklasse-Fahrzeug in Europa und in den USA, das Model 3 wiederum setzte sich im vergangenen Jahr zeitweise an die Spitze der deutschen Charts, noch vor der scheinbar ewigen Nummer eins, dem VW Golf. Und ohne von den EV-Spezialisten aus den USA getrieben worden zu sein, wäre Mercedes in Sachen Elektromobilität möglicherweise nicht da, wo man heute steht: Zunehmend außerhalb von Teslas langem Schatten.

Spezielle Elektro-Architektur

Neben batterieelektrischen Modellen, die vom Verbrenner abgeleitet wurden - EQA, EQB, EQC oder EQV - hat Mercedes innerhalb kurzer Zeit drei Edel-Stromer auf die Räder gestellt, die auf einer speziell entwickelten Elektroarchitektur basieren. Zunächst die große Limousine EQS, dann das Mittelklasse-Pendant EQE. Und jetzt das EQS SUV, ein enger Verwandter des EQS.

Mercedes EQS SUV

Auch mit Allrad: Per Offroad-Programm lässt sich die Bodenfreiheit um 25 Millimeter anheben. Hersteller

Warum Mercedes, beispielsweise, vom EQE keinen Kombi baut, ahnen wir nach einer ersten Inaugenscheinnahme des Neuen. Die drei Buchstaben SUV trägt er zwar im Namen. Aber optisch entfernt er sich von dem, was bislang unter dieser Gattung zu verstehen war, stattdessen nähert er sich eher einem Van-Kombi-Crossover an. Dem Betrachter drängt er sich weder wuchtig noch massig ins Blickfeld. Das hat auch damit zu tun, dass der Raumgleiter mit 5,13 Metern zwar um sieben Zentimeter länger ausfällt als sein Pendant aus der Verbrennerwelt, der Mercedes GLS - mit 1,72 Metern aber gleichzeitig um zehn Zentimeter flacher.

Effizienz sichtbar machen

"Man soll dem Auto seine Präsenz ansehen, aber auch seine Effizienz" sagt Robert Lesnik, Leiter Exterior Design bei Mercedes. Und: Der Wagen solle kleiner wirken, als er wirklich sei. Eine Designrichtung, die Schule machen wird, darauf legt sich Lesnik fest: "Die meisten großen Autos werden in Zukunft so aussehen, behaupte ich".

Aerodynamischer Feinschliff

Das elektrische Zeitalter hat eine neue Währung eingeführt: Reichweite. Für deren Optimierung ist aerodynamischer Feinschliff von essenzieller Bedeutung - umso mehr, als gerade die großen und reichweitenstarken Stromer viele Kilos mit sich herumschleppen, das EQS SUV beispielsweise bringt über 2,5 Tonnen auf die Waage. Robert Lesnik berichtet von Aerodynamikern, die im Windkanal noch an Kunststoffteilen feilen, weist beim EQS SUV auf die seitlichen "Einzüge" der Heckpartie und die Abrisskante des Heckdiffusors hin, ferner auf die abgerundeten Ecken, die versenkten Türgriffe und die Aero-Räder. Optional leisten sogar spezielle Trittbretter ihren Beitrag zur Verbesserung des cw-Luftwiderstandsbeiwerts, über dessen exakte Spezifität sich der Hersteller indes noch ausschweigt. Aus aerodynamischen Gründen verzichtet das EQS SUV auch auf eine Dachreling, ein Dachträger kann dennoch installiert werden. Den Nutzen kamerabasierter Außenspiegel hat man indes in Relation zu deren Strombedarf gesetzt und sich letztlich gegen sie entschieden.

Dritte Sitzreihe

Mercedes EQS SUV

Siebensitzer: Auf den beiden Einzelsitzen im Fond fühlen sich auf Dauer wohl nur Kinder wohl. Hersteller

Auch platztechnisch erfüllt das SUV jene Anforderungen, die sich sonst an einen Kombi richten. Raum ist in Hülle und Fülle vorhanden, optional bietet Mercedes hinter der elektrisch verschiebbaren zweiten Sitzreihe eine dritte mit zwei ausklappbaren Einzelsitzen an. In den Kofferraum passen 645 bis 2100 (Fünfsitzer) beziehungsweise 565 bis 2020 Liter (Siebensitzer), die Aufpreisliste wird zudem eine Anhängerkupplung vorsehen, bis zu 1,8 Tonnen können in Schlepp genommen werden, für ein Elektroauto ein beachtlicher Wert.

Das zusätzliche Staufach eines "Frunks" findet sich nicht unter der Fronthaube, stattdessen schickt  hier ein opulenter Hepa-Filter reine Luft in den Innenraum. Apropos Fronthaube: Sie kann nur von der Werkstatt geöffnet werden, Scheibenwischwasser wird über einen Zugang an der linken Fahrzeugflanke nachgefüllt.

Für den Anfang stehen drei Modellvarianten bereit: Zunächst der EQS 450+ mit Hinterradantrieb, der E-Motor leistet 265 kW/360 PS. Mit dem Einsteiger lässt sich auch am ausgiebigsten Strecke machen, laut WLTP-Norm sind 536 bis 660 Kilometer möglich. Die Allradvariante heißt EQS 450 4Matic, sie bietet die gleiche Leistung, nutzt aber einen zweiten E-Motor an der Vorderachse. Die Reichweite beträgt 507 bis 613 Kilometer. Genauso weit kommt das Topmodell EQS 580 4Matic, dem 400 kW/544 PS und ebenfalls Allradantrieb zu attestieren sind. Nachgereicht werden eine Maybach-Ausführung und ein AMG-Modell.

Strom in einer Viertelstunde

Als Stromspeicher verbaut Mercedes einen Lithium-Ionen-Akku mit einer Kapazität von 107,8 kWh. Wechselstrom (AC) aus Wallbox oder öffentlichen Ladestation zieht das EQS SUV serienmäßig mithilfe eines 11-kW-Onboardladers, gegen Aufpreis wird ein 22-kW-Charger implantiert. Gleichstrom (DC) aus der CCS-Schnellladestation fließt mit bis zu 200 kW, mehr geht nicht, denn - anders als beispielsweise Kia EV6, Hyundai Ioniq 5, Porsche Taycan oder Audi e-tron GT - nutzt das EQS SUV keine 800-Volt-Ladetechnologie, sondern belässt es bei 400 Volt. Aber auch das soll reichen, um binnen einer Viertelstunde Strom für 250 Kilometer zu "tanken".

Das Werk in Tuscaloosa/USA verlässt das elektrische Luxus-SUV immer mit Luftfederung samt automatischer Niveauregulierung und mit Hinterachslenkung, die den Wendekreis auf 11,9 Meter minimiert. Auch 10 Meter sind möglich, der dazu erforderliche größere Einschlagwinkel (zehn Grad) lässt sich auch später noch freischalten. Das funktioniert per Over-the-Air-Update (OTA) - wie auch das Aufspielen weiterer Features wie eines Fahranfänger- oder Parkdienstmodus (begrenzt die Höchstgeschwindigkeit auf 120 bzw. 80 km/h) oder eines Anhängerrangier-Assistenten.

Mercedes EQS SUV

Hyperscreen: Drei Bildschirme vereinen sich zu einer optischen Einheit. Hersteller

Das Cockpit-Layout im Innenraum entspricht dem der Limousine EQS, umfasst also - gegen Aufpreis - den spektakulären Hyperscreen, der drei Bildschirme zu einer optischen Einheit zusammenfügt und sich praktisch über die gesamte Breite des Armaturenträgers zieht. Der rechte Touchscreen steht dem Beifahrer zur Verfügung, hier kann er beispielsweise Filme streamen, ein Kameraauge wacht derweil über den Blick des Fahrers, sollte der abschweifen, wird das Bild heruntergedimmt. Dass es hochgradig luxuriös zugeht, bedarf kaum einer Erwähnung, auf Wunsch schmückt sich das EQS SUV beispielsweise mit Magnolienholz, in das Aluminium-Sternchen eingearbeitet sind. Wer Tierhaut ablehnt, bekommt die Inneneinrichtung auch komplett lederfrei.

Was das EQS SUV kosten soll, ist bislang nicht bekannt. Von mindestens 100.000 Euro wird aber wohl auszugehen sein. Während die entsprechend solventen Kunden vornehmlich in China und in den USA zuhause sind, dürfte der kleinere Bruder schon eher den europäischen Markt bedienen: Im November stellt sich das EQE SUV vor - und damit der nächste Edel-Stromer von Mercedes.

Ulla Ellmer

Mercedes EQS SUV: Elektrischer Raumgleiter