Bundesliga

Lieberknecht: "Dann würden wir weniger darüber diskutieren"

Darmstadts Defensiv-Dilemma

Lieberknecht: "Dann würden wir weniger darüber diskutieren"

Seit sechs Spielen sind seine Darmstädter ohne Sieg: Torsten Lieberknecht.

Seit sechs Spielen sind seine Darmstädter ohne Sieg: Torsten Lieberknecht. IMAGO/Treese

Von ihren treuen Fans auf der Südtribüne wurden die Spieler des SV Darmstadt 98 nach der Heimpleite gegen den 1. FC Köln aufgemuntert. "Sie haben uns gesagt, dass wir alle gemeinsam - Verein, Mannschaft, Trainerteam, Fans - an einem Strang ziehen müssen. Dann schaffen wir es", erzählte Abwehrspieler Christoph Klarer später in den Katakomben des Böllenfalltors, während im Hintergrund Keeper Marcel Schuhen mit düsterer Miene wortlos an den wartenden Fernsehjournalisten vorbeistapfte.

Das 0:1 gegen die als Schlusslicht angereisten und bis dahin auswärts in der Liga noch sieglosen Kölner stellte einen Tiefpunkt in der laufenden Saison dar. Selbst bei den Auswärtsklatschen gegen die Top-Teams Leverkusen oder München hatten die Lilien ihre Gegner zumindest zeitweise geärgert und gezeigt, dass sie mitspielen können. Gegen keineswegs überzeugende Kölner präsentierte sich die Mannschaft von Trainer Torsten Lieberknecht jedoch blutleer, ideenlos und fehlerhaft. Zu keinem Zeitpunkt vermittelte sie ernsthaft das Gefühl, dass sie die Partie gewinnen könne.

Spielbericht

Kein Torschuss in der ersten Hälfte gegen Köln

Seit nunmehr sechs Spielen ist der Aufsteiger ohne Sieg. Besonders bitter: Aus den drei Heimspielen gegen Bochum, Mainz und Köln - alles Teams aus unteren Tabellengefilden - gab es gerade ein mageres Pünktchen. Das ist eindeutig zu wenig. Und da drängt sich die Frage auf, ob die Qualität im Kader tatsächlich reicht für die Bundesliga.

In der laufenden Saison zeigt sich ein Dilemma: Vorne und hinten ordentlich zu spielen schafft die Mannschaft derzeit nicht. Mit furiosem Powerpressing gelangen gegen Gladbach und Bremen sieben Tore, aber man fing sich auch fünf Treffer. Die Defensive, mit 34 Gegentoren die mit Abstand schwächste der Liga, hat sich in den vergangenen drei Spielen stabilisiert, wenig zugelassen und nur noch zwei Treffer kassiert.

Dafür läuft vorne so gut wie nichts mehr. Gerade ein Tor gelang, wobei der Treffer von Mathias Honsak gegen Freiburg auch noch doppelt abgefälscht war. Bezeichnend für die Thematik, aber auch für das Niveau der Partie gegen Köln: Im ersten Durchgang gelang keinem der beiden Teams ein Torschuss.

Stürmer treffen nicht

Lieberknecht sieht jedoch keinen Zusammenhang zwischen verstärkter Defensive und geschwächter Offensive. "Wir hätten in Freiburg oder gegen Mainz den Lucky Punch setzen können. Dann gewinnst du das Spiel. Aber es bleibt das gleiche Spiel. Nur dann würden wir weniger darüber diskutieren", sagte er nach dem Köln-Spiel. "Fakt ist aber auch, dass wir Tore schießen wollen. Und wir haben das auch schon gezeigt."

Doch die Gefahr, die zumindest die Angreifer in vorderster Front ausstrahlen, ist schwach. Stuttgart-Leihgabe Luca Pfeiffer, der häufig verletzte Sommerneuzugang Fraser Hornby oder der im Januar mit großen Erwartungen verpflichtete Filip Stojilkovic sind alle noch ohne Saisontor. Bezeichnend, dass die vergangenen beiden Partien Aaron Seydel in der Startformation stand, obwohl man ihm im Sommer signalisiert hatte, dass man nicht mehr mit ihm plane. Getroffen hat er allerdings auch nicht.

Mehlem-Ausfall schwächt die Offensive zusätzlich

Als einzigem gelerntem Stürmer gelang Oscar Vilhelmsson bislang ein Tor. Dazu kommen noch drei Treffer von Tim Skarke, der aber gelernter Außenbahnspieler ist und dort zuletzt auch wieder zum Einsatz kam. Bitter: Ein weiterer erfolgreicher Offensivmann wird den Lilien nun auch noch länger fehlen: Marvin Mehlem, der bislang ebenfalls drei Mal getroffen und zwei Treffer vorbereitet hat, brach sich gegen Köln das Wadenbein.

Aber Mehlem wird dem Team nicht nur als Scorer fehlen. Mit seinen klugen, oft überraschenden Pässen, seinem großen Laufpensum und seinem aggressiven Anlaufen war er in der laufenden Saison ein Schlüsselspieler. Das machte sich auch nach seiner Auswechslung gegen Köln bemerkbar. Ersetzen lässt sich der 26 Jahre alte Mittelfeldmann nicht. Aber zumindest als Vertreter bietet sich Sommerneuzugang Fabian Nürnberger an. Der ist zwar eigentlich Flügelspieler, doch Lieberknecht hatte erst kürzlich angedeutet, dass er Nürnberger für sehr variabel halte und ihn sich auch gut im Zentrum vorstellen könne.

Stephan Köhnlein

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