Bundesliga

Hertha BSC - Labbadia über Guendouzi: "Der Worst Case"

Herthas Südamerikaner kommen ohne Spielpraxis zurück

Labbadia über Guendouzi: "Der Worst Case"

Muss ins virtuelle Training: Matteo Guendouzi.

Muss ins virtuelle Training: Matteo Guendouzi. imago images

Am Montagabend mit Frankreichs U 21 das EM-Qualifikationsspiel gegen die Slowakei (1:0) in Straßburg, am Dienstag die Rückkehr nach Berlin, am Mittwoch eine individuelle Einheit, am Donnerstag das erste Training mit den neuen Kollegen - und am Samstag die Bundesliga-Premiere gegen Stuttgart: So sollte die Woche für Matteo Guendouzi laufen. Aber die Wirklichkeit durchkreuzte diesen Plan. Am späten Mittwochnachmittag erhielt Hertha das positive Ergebnis des ersten Corona-Tests, am Donnerstagmorgen erbrachte auch der zweite Test des Mittelfeldspielers ein positives Ergebnis. Arsenal-Leihgabe Guendouzi, in Berlin als Soforthilfe und - im Idealfall - Schlüsselspieler eingeplant, ist seit Donnerstag und für zehn Tage in Quarantäne. Er fehlt seinem neuen Klub damit gegen den VfB und eine Woche später bei RB Leipzig (24.10.).

"Es war schon sehr kompliziert mit der Verpflichtung von ihm. Er war ein paar Stunden hier und musste sofort wieder weg. Wir haben uns drüber gefreut, dass er für die französische U 21 einmal 65 und einmal 90 Minuten gespielt hat. Aber jetzt ist der Worst Case eingetroffen", sagte Hertha-Coach Bruno Labbadia in der virtuellen Pressekonferenz am Donnerstag. "Er kann nicht raus. Wir werden versuchen, mit ihm in seinem Zimmer ein virtuelles Training zu machen. Wir müssen, so lange es sein Zustand zulässt, in den zehn Tagen optimal mit ihm arbeiten, damit er körperlich möglichst wenig verliert."

Spielersteckbrief Guendouzi
Guendouzi

Guendouzi Matteo

Virtuelles Training für Guendouzi

Nachdem ihn Arsenal-Coach Mikel Arteta im Juni verbannt hatte und Guendouzi seitdem nur in der U 21 seines Landes Spielpraxis bekam, warf der körperliche Zustand ohnehin Fragezeichen auf. Jetzt verzögert Corona die Integration in Berlin zusätzlich. Auch Michael Preetz stand die Ernüchterung über den Rückschlag ins Gesicht geschrieben. "Die Länderspiele sind nahezu optimal gelaufen. Matteo hat die nötige Spielpraxis bekommen. Wir sind davon ausgegangen, dass er bereit gewesen wäre für den Samstag. Nun ist es anders gekommen", konstatierte der Manager. "Wir werden alle Maßnahmen einleiten, um Matteo, wenn er denn hoffentlich weiterhin symptomfrei bleibt, zu belasten mit allen Möglichkeiten des virtuellen Trainings. Damit haben wir reichlich Erfahrungen gesammelt in den zurückliegenden Wochen und Monaten. Das wird sicherlich ganz gut funktionieren."

In der Tat: Nach der COVID-19-Erkrankung von Maximilian Mittelstädt im März war das komplette Team in Quarantäne, später mussten einzelne Hertha-Profis isoliert vom Team und in den eigenen vier Wänden arbeiten: Niklas Stark und Marius Wolf in der Rückrunde der Vorsaison als Kontakpersonen einer infizierten Person, zuletzt - im September - die Nationalspieler Krzysztof Piatek (Polen) und Vladimir Darida (Tschechien), die sich nach der Rückkehr von ihren Auswahl-Teams in Berlin jeweils fünf Tage in Quarantäne begeben mussten.

Labbadia: "Wir werden flicken müssen"

Mit Guendouzi und Santiago Ascacibar, der sich nach zwei schweren Mittelfuß-Verletzungen zurückgekämpft hatte und am Montag im Training am Oberschenkel verletzte, fehlen Labbadia zwei Optionen fürs zentrale Mittelfeld. "Nicht so üppig" nannte der Coach mit Recht die Besetzung im Zentrum, Augsburg-Rückkehrer Eduard Löwen dürfte schnell Minuten sammeln. "Wir werden flicken müssen, das hatten wir von Anfang an", sagte Labbadia. "Aber ich denke, dass wir das hinkriegen."

Guendouzis Ausfall ist nicht das einzige Problem: Matheus Cunha (Brasilien), Jhon Cordoba (Kolumbien) und Dodi Lukebakio (Belgien) blieben bei ihren Nationalmannschaften ohne Einsatz, Omar Alderete (Paraguay) kam beim 1:0-Sieg im WM-Qualifikationsspiel in Venezuela in der Nacht zum Mittwoch in der dritten Minute der Nachspielzeit aufs Feld. Das sei "natürlich alles andere als das, was man sich vorstellt", merkte Labbadia an. "Die Spieler nicht hier zu haben und dann spielen sie keine einzige Minute bei teilweise drei Spielen. Das ist nicht gut, keine Frage. Auch das werden wir sicher noch spüren. 14 Tage bei einer Nationalmannschaft zu sein, die drei Spiele hat, bedeutet so gut wie kein normales Training. Jetzt müssen wir sehen, wie jeder Einzelne mit den Reise-Strapazen umgeht."

Cordoba kommt erst am Donnerstagabend

Der letzte Auswahl-Fahrer, der nach Berlin zurückkommt, wird Cordoba sein, laut Flugplan am Donnerstagabend gegen 22.30 Uhr. Erst am Freitag oder Samstagvormittag wird sich die Aufstellung fürs Stuttgart-Spiel herausschälen. Für Labbadia, zwischen Dezember 2010 und August 2013 VfB-Coach, ist das Wiedersehen mit dem Ex-Klub keine besondere Begegnung mehr, "dafür bin ich schon zu lange weg". An seine Zeit in Stuttgart hat er gute Erinnerungen: "Ich hab' sie in einer ganz, ganz schweren Situation übernommen, mit zwölf Punkten in der Winterpause, und sie gerettet und auf Platz 12 geführt und danach zweimal ins internationale Geschäft. Für mich war das eine Erfolgsgeschichte. Ich war froh, dass ich bei so einem Klub gearbeitet habe. Der VfB hat in der Region eine Wucht und Macht, die man aus der Ferne oft gar nicht so sieht."

Respekt vor Stuttgart

Die ersten Spiele des Aufsteigers nötigen Labbadia Respekt ab: "Sie haben den Schwung mitgenommen aus dem Aufstiegsjahr und eine gute Mischung aus jungen und erfahrenen Spielern. Vor uns liegt ein hartes Stück Arbeit. Wir müssen an unsere Grenze kommen, dass wir die drei Punkte hier lassen." Mit welcher Elf er den ersten Heimsieg der Saison schaffen will, ist noch offen. Über die speziellen Umstände dieser Tage und Wochen sagte Labbadia am Donnerstag: "Es ist eine besondere Situation - vom ersten Tag an, seit ich hier angetreten bin. Wir tun gut daran, das Beste daraus zu machen, auch wenn es nicht immer ganz so einfach ist. Wir haben heute morgen vier Stunden durchgeplant, wann wer zurückkommt. Wir wollen nullkommanull Risiko eingehen und keinen einzigen Spieler bei unserer Mannschaft mittrainieren lassen, bevor wir nicht die Tests haben. Das ist kompliziert und natürlich auch nicht das, was Spaß macht. Wir werden heute nur elf Mann auf dem Platz haben. Das ist alles andere als eine gute Vorbereitung auf das Spiel, das uns erwartet. Aber ich bin ein Freund davon, das jetzt so anzunehmen, wie es ist, und nicht zu jammern. Wir müssen uns morgen in der Kürze der Zeit drauf vorbereiten, fertig." Fertig.

Steffen Rohr

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