Bundesliga

Bielefeld: Kramers Mängelliste und unterforderte Spieler

Kommentar

Kramers Mängelliste und unterforderte Spieler

Der Zeitpunkt ist nachvollziehbar: Frank Kramer wurde in Bielefeld entlassen.

Der Zeitpunkt ist nachvollziehbar: Frank Kramer wurde in Bielefeld entlassen. imago images

Das Bayern-Spiel am Osterwochenende hat er noch "bekommen". Und obwohl sich seine Mannschaft beim 0:3 gegen den Rekordmeister recht ordentlich verkaufte: Nach nur knapp 14 Monaten ist ein eigentlich langfristig angelegtes Projekt bei Arminia Bielefeld bereits wieder Geschichte, ist Frank Kramer nicht mehr Trainer des Bundesligisten.

Die Intention des Klubs, im Abstiegskampf alle verbleibenden Instrumentarien auszuschöpfen und mit dem erfahrenen Duo Marco Kostmann/Michael Henke auf den entscheidenden Impuls für den Saisonendspurt zu hoffen, ist nachvollziehbar und entspricht den Gepflogenheiten der Branche. Mit Torwarttrainer Kostmann steht somit ein anerkannter, über viele Jahre etablierter Insider, mit Henke ein - im Gegensatz zu anderen "Feuerwehrleuten", die abwinkten - ein engagierter, mit der Liga vertrauter Fachmann, zudem mit ostwestfälischen Wurzeln.

Die Frage, warum die Trennung nach nur einem einzigen Punkt, 1:17 Toren und überwiegend indiskutablen Auftritten in den letzten sieben Spielen sehr spät - möglicherweise zu spät - erfolgt, stellt sich unweigerlich. Die Gründe jedoch sind zumindest ansatzweise nachvollziehbar.

Haupt-Entscheider Samir Arabi wirkte lange Zeit gefangen in seiner Überzeugung, mit seinem ausdrücklichen Wunschtrainer Kramer eine neue Ära in Bielefeld prägen zu können, hin zu einem Aus- und Weiterbildungsverein, der sich in Deutschland unter den Top 25 Profi-Klubs, nicht zwingend aber durchweg in der 1. Liga etabliert. Der Sportchef kalkulierte dabei den für Arminia fast zur natürlichen DNA gehörenden Abstieg stets ausdrücklich ein.

Stimmungslage im Umfeld musste berücksichtigt werden

Doch der Wechsel ist auch ein klares Zeichen, dass man sich nicht wehrlos dem drohenden Verlust der Erstklassigkeit hingeben will. Arabi musste letztlich auch Auffassungen in den eigenen Reihen und die Stimmungslage im Umfeld berücksichtigen, Tenor: Der Klassenerhalt ist mit allen Mitteln noch zu schaffen, wenn auch in der Mannschaft vorhandene Strukturen und im Spiel alte ureigene Tugenden wie Widerstandsgeist und Galligkeit wiederbelebt werden.

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Vor allem hierzu aber gab es Signale aus dem Kader, dass die Liste der Mängel unter Frank Kramer einfach zu lang wurde. Menschlich und charakterlich kaum zu kritisieren, schaffte es der 49-Jährige mit seinem Trainerteam sportlich zu selten, die ideale Formation zu finden und taktisch einzustellen sowie innerhalb eines Spieles so zu verändern, dass dieses noch erfolgreich beendet werden konnte.

Ältere Akteure wie die Kapitäne Fabian Klos und Manuel Prietl oder Rechtsverteidiger Cedric Brunner fühlten sich offenbar im täglichen Training häufig unterfordert, jüngere unerfahrene Zweitliga-Sternchen wie Janni Serra, Florian Krüger oder Robin Hack im Neuland Bundesliga nicht aufs nötige nächste Level gehoben. Durchaus vorhandene Potenziale wurden so nicht kontinuierlich ausgeschöpft, erkennbar im Saisonverlauf - und schließlich in den alles entscheidenden Ergebnissen, die momentan den direkten Abstiegsplatz bescheren.

Nachsteuern mit Castro ging ins Leere

Vielleicht hätten die Bielefelder mit einem anderen Trainer heute mehr Punkte und stünden besser da. Die Gründe für die aktuell entstandene Lage allein bei Frank Kramer zu suchen, wäre indes zu einfach. Sicher, das vorhandene Budget für das kickende Personal ist in Bielefeld knapp wie kaum anderswo gewesen. Beim großen Umbruch im vergangenen Sommer lag das Augenmerk dennoch im Nachhinein zu sehr auf jungen, entwicklungsfähigen Neuzugängen, die die alten, sportlich zum Teil inzwischen limitierten, aber für den Zusammenhalt in schwierigen Phasen wichtigen Spieler wie Reinhold Yabo, Cebio Soukou, Sven Schipplock oder Andreas Voglsammer ersetzten. Mit Alessandro Schöpf kam ein einziger Routinier hinzu, ein Nachsteuern im Winter mit Gonzalo Castro ging ins Leere.

Vor allem in der Offensive erweist es sich heute als Fehleinschätzung, nicht mit Bundesliga-erprobter Verstärkung ins Rennen gegangen zu sein. Im Vergleich zur gesamten Konkurrenz besitzt Arminia hier keinerlei Trümpfe - nur 23 Tore in 30 Spielen sprechen eine deutliche Sprache. Dabei hätte ein echter "Knipser" vielleicht sogar die verwundbaren Bayern am Sonntag in Kramers Schicksalsspiel ins Wanken gebracht …

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