Bundesliga

Kommentar: Kramer war auf Schalke zum Scheitern verurteilt

Kommentar

Kramer war auf Schalke zum Scheitern verurteilt

Hatte auf Schalke mit vielen Problemen zu kämpfen: Frank Kramer.

Hatte auf Schalke mit vielen Problemen zu kämpfen: Frank Kramer. IMAGO/Revierfoto

Der offensiv verbesserte Auftritt in der Liga gegen die TSG Hoffenheim (0:3) am Freitag war wohl doch nur eine Eintagsfliege, von ihrer erhofften Trendwende sind die Schalker angesichts des 1:5-Pokaldebakels in Sinsheim so weit entfernt wie von den internationalen Rängen. Fünf Pflichtspiele in Folge hat der Aufsteiger nun verloren, bei 3:16 Toren. Der Verein hatte zu Saisonbeginn alle eingeschworen: Es würde Rückschläge geben im Verlauf der Spielzeit, verlieren ist ausdrücklich erlaubt. Aber: So nicht!

Nun ist also auch Frank Kramer einer dieser Zehn-Ligaspiele-Trainer des FC Schalke 04. In der Abstiegssaison 2020/21 hatte sich der Verein in seiner damaligen völligen Hilflosigkeit bereits nach jeweils zehn Partien erst von Manuel Baum und später von Christian Gross getrennt, für Kramer endet seine Amtszeit nun vor dem elften Saisonspiel am Sonntag bei Hertha BSC. Der 50-Jährige war auf Schalke von Anfang an zum Scheitern verurteilt.

Kein Kredit bei den Fans: Mit dem Tag seiner Verpflichtung schlug ihm aus dem Fanlager große Skepsis entgegen. Und der ehemalige Bielefelder schaffte es nicht, die breite Masse davon zu überzeugen, dass er der Richtige für die Mission Klassenerhalt ist. Der Spielstil unter seiner Führung war fast immer zu planlos, die langen Bälle in die Spitze wirkten wie ein Hilferuf, die wackelige Abwehr wurde immer löchriger.

Kramer wurde in der Mannschaft nie wirklich als Chef betrachtet

Kein konkurrenzfähiger Kader: Sportdirektor Rouven Schröder war der gefeierte Kreativ-Baumeister des Aufstiegskaders, das von ihm - in völliger Geldnot - zusammengestellte Ensemble für die 1. Liga ist aber offenkundig nicht reif für das Oberhaus. Diesem Team fehlt vor allem das Tempo, daran wird auch Kramers Nachfolger nichts ändern können. Schalke wird in der Winterpause im großen Stil nachbessern müssen, um seine Chance auf den Klassenerhalt zu wahren.

Schwindende Akzeptanz in der Kabine: Als Chef wurde Kramer in der Mannschaft nie wirklich betrachtet, eher als Kopf eines Stabs, in dem viele mitreden. Das wurde innerhalb des Kaders offenbar mehr und mehr zum Problem. Hinter vorgehaltener Hand ist von mangelnder Autorität die Rede.

Keine Wunschlösung: Schalkes absoluter Favorit war Kramer im Sommer nicht, allerdings war er derjenige, der wichtige Kriterien erfüllte. Er war kostengünstig und hatte kaum Ansprüche: Wenigstens er zeigte sich bereit dazu, den in der Aufstiegssaison sehr gut funktionierenden Staff um Aufstiegstrainer Mike Büskens als ständigen Schatten zu akzeptieren und verzichtete in den Vertragsgesprächen auf die in der Branche als üblich geltende Forderung, mindestens einen Assistenten seiner Wahl mitzubringen. Den Gelsenkirchenern gab es bei der Entscheidung pro Kramer zudem ein gutes Gefühl, dass einige von ihnen - allen voran Schröder, Büskens und Gerald Asamoah (Leiter der Lizenzspielerabteilung) - ihn schon aus gemeinsamen Zeiten bei der SpVgg Greuther Fürth kannten.

Wilde Aufstellungen: So manche Entscheidung war aus der Not geboren, aber es sieht im Pokal gegen die TSG schon arg nach einem Akt der Verzweiflung aus, wenn der defensive Mittelfeldspieler Alex Kral in einer Dreierkette plötzlich als rechter Innenverteidiger ran muss (und beim 0:1 schlecht aussieht) oder ein auf der linken offensiven Außenbahn angesiedelter Tobias Mohr auf der rechten Defensivseite eingesetzt wird (und mit der Auswechslung noch vor der Pause bloßgestellt wird).

Kramer pflegte immer einen würdevollen Umgang

Kramer hat es nicht geschafft, das Feuer auf Schalke zu entfachen. Aber: Der 50-Jährige trat als Mensch in Erscheinung, der immer einen würdevollen Umgang gepflegt hat und stets sachlich geblieben ist. Die Mission Klassenerhalt wird auch für seinen Nachfolger eine undankbare Herkulesaufgabe mit vielen Hürden werden. Kramer verdient Respekt dafür, dass er sich der Situation gestellt hat. Grundsätzlich verfügt er über ein gutes Händchen, um junge Spieler zu entwickeln und zu führen. Vielleicht liegt für den ehemaligen U-Nationaltrainer des DFB genau da die Zukunft. Auf Schalke hat er nach nur zehn Ligaspielen ab sofort keine mehr.