Bundesliga

Kovac rotiert in die Krise, Schäfer wünscht sich Automatismen

Wolfsburger Widersprüche auf und neben dem Platz

Kovac rotiert in die Krise, Schäfer wünscht sich Automatismen

Das war nichts: Wolfsburg und Niko Kovac gingen im Borussia-Park unter.

Das war nichts: Wolfsburg und Niko Kovac gingen im Borussia-Park unter. IMAGO/Sven Simon

Vor Spielen des VfL Wolfsburg beginnt mittlerweile immer das große Zählen. Wie viele Spieler, die zuvor noch in der Startelf standen, sind nicht mehr dabei? Im Pokal gegen RB Leipzig (1:0) waren es acht Wechsel, anschließend gegen Werder Bremen (2:2) vier, nun folgten in Mönchengladbach fünf Rochaden. Unter anderem notgedrungen, weil Maxence Lacroix gelb-rot-gesperrt fehlte, oder auch freudig erwartet, weil sich Torwart Koen Casteels wieder zurückmeldete. Und dennoch überraschte es, dass Maximilian Arnold, dem Trainer Niko Kovac am Vortag noch durch die Blume eine Formschwäche attestierte, plötzlich doch wieder in der Anfangsformation auftauchte. Oder dass Vaclav Cerny, der in den beiden Partien zuvor jeweils getroffen hatte ohne Jonas Wind zu heißen, zurück in die zweite Reihe wanderte. Das Ergebnis: niederschmetternd. Der VfL zeigte seine schlechteste Saisonleistung und kassierte folgerichtig die höchste Niederlage dieser Spielzeit.

Rabenschwarzer Abend für Torwart Casteels

Die Erklärung für Trainer Kovac ist erst einmal einfach und angesichts mancher Gegentreffer auch im Ansatz plausibel. "Wenn man so viele Fehler macht, kann man in der Bundesliga kein Spiel gewinnen." Rückkehrer Casteels erwischte trotz so mancher Parade einen rabenschwarzen Abend im Regen von Mönchengladbach, wiederholte seinen dramatischen Fauxpas aus der Vorsaison, als er an gleicher Stelle den Ball ins Zentrum und dem Gegner in den Fuß spielte. Im April sagte Nathan Ngoumou vielen Dank zum 1:0, diesmal markierte Rocco Reitz das 2:0. Und auch beim 3:0 durch Franck Honorat machte der Belgier, der in den vergangenen Wochen mit einer mysteriösen Entzündung im Bauchbereich gefehlt hatte, eine arg unglückliche Figur. "Über die beiden Tore müssen wir nicht diskutieren", sagt Kovac. "Es war klar ersichtlich, dass es auf die Kappe vom Torhüter geht." Der Zusatz des Coaches ist in Zeiten der vielen Wechsel gar nicht so unwichtig: "Er wird wieder im Tor stehen."

Boss Schäfer spricht von einem "desaströsen Auftritt"

Nach dem enttäuschenden Heimremis gegen Bremen hatte Geschäftsführer Marcel Schäfer gesagt: "Natürlich ist es unser Bestreben, Konstanz reinzubekommen. In unser Spiel, über 90 Minuten, auch personell. Daran arbeiten wir." Die Wahrheit: Es wird von Spiel zu Spiel schlechter, unklarer, was die Mannschaft will, was sie soll, wie sie aussieht. Man hört, die Spieler wünschen sich weniger Wechsel im Personal und im System, um Klarheit zu bekommen, sich finden zu können. Boss Schäfer, der von einem "desaströsen Auftritt" sprach, sagt: "Wir müssen zusehen, dass die Automatismen greifen." Automatismen entstehen dann, wenn Dinge eingespielt sind, jeder weiß, wie der Nebenmann tickt, was er macht. Wenn der Partner immer wieder wechselt, wird dies schwer.

Arnolds Rolle bleibt unklar

Welche Rolle Maximilian Arnold künftig dabei spielt, bleibt offen. Im Vorfeld von Gladbach hatte Kovac im Grunde den Verlust des Stammplatzes des Kapitäns kundgetan, sprach von einer "neuen Situation" für den "in sich gekehrten" und "enttäuschten" 29-Jährigen. Der im Borussia-Park aufgrund einer schon länger bekannten Rippenprellung von Mattias Svanberg, der dennoch im Kader stand, nun doch wieder der Anführer sein sollte. Es gelang ihm nicht.

Das Saisonziel droht aus den Augen zu geraten

Und so ergeben sich in Wolfsburg aktuell viele Widersprüche, auf und neben dem Platz. Während Joakim Maehle seine Mannschaft unter der Woche noch "auf dem richtigen Weg" wähnte, geht es für Arnold nach der Pleite von Gladbach seit fünf Spielen "komplett in die falsche Richtung". Kovac muss nun für Klarheit sorgen. In der Kommunikation, in der Formation, im Personal. Sonst droht das Saisonziel Europa - erstmals ist der VfL nun in die untere Tabellenhälfte abgerutscht - früh aus den Augen zu geraten. Der erste Gegner nach der Länderspielpause heißt RB Leipzig.

Thomas Hiete