Bundesliga

Kiraly im Interview: "26 Jahre im Profifußball waren genug"

Sportzentrum des Ex-Hertha-Keepers wird 20

Kiraly im Interview: "26 Jahre im Profifußball waren genug"

Eine Jogginghose, die quasi ganz Fußball-Deutschland kennt.

Eine Jogginghose, die quasi ganz Fußball-Deutschland kennt. imago/Matthias Koch

Vor vier Jahren haben Sie Ihre Handschuhe an den Nagel gehängt, wie ist das Leben ohne die große Bühne?

Es gibt jetzt andere Aufgaben, aber ich bin immer noch im Profifußball drin. Auch wegen des Kontakts zu meinen Ex-Spielerkollegen. Mein Netzwerk ist geblieben. Ich reise nach Berlin, München oder London zu meinen Ex-Vereinen. Dieses Jahr will ich nochmal nach Leverkusen kommen, wo ich auch ein super halbes Jahr hatte. Ich reise oft, aber natürlich habe ich meine tägliche Arbeit. 2003 habe ich das "KIRÁLY Sportzentrum" begonnen und kann das nun als Hauptberuf machen.

Was machen Sie dort genau?

Ich bin jetzt offiziell ausgebildeter Sportdirektor geworden und versuche immer weiter zu lernen. Letztes Jahr habe ich den Titel Akademie-Direktor erworben und dieses Jahr Sportdirektor-Kurse gemacht, dazu habe ich den Trainer-A-Schein und Torwarttrainer-A-Schein. Ich will mich in dieser Welt weiterentwickeln und ein guter Anführer sein in unserem Sportverein und Sportzentrum. Ich bin sowohl wirtschaftlich als auch sportlich verantwortlich.

Streben Sie eine zweite Karriere im Profifußball an oder qualifizieren Sie sich lediglich für ihr Sportzentrum weiter?

In erster Linie will ich damit unsere Vereine noch besser machen und wenn das läuft, wäre auch der Profibereich ein Thema. Warum nicht? Aber ich habe viel Zeit und Geld investiert, daher möchte ich das auch weiter täglich hauptberuflich machen.

Gabor Kiraly bei einem Motivationsvortrag

Gabor Kiraly bei einem Motivationsvortrag. Kiraly

Wie läuft es aktuell mit Ihrem Klub?

Wir sind im Rennen um die Meisterschaft in der 4. Liga und wenn wir in die 3. Liga aufsteigen, dann wäre das unser größter Erfolg seit Vereinsgründung. Die 3. Liga in Ungarn ist schon halbprofessionell und das, was unser Sportzentrum leisten kann. Wir haben auch Partnerschaften mit Profivereinen, daher bin ich sowieso weiterhin im Fußball und Profibereich drin.

Ich habe aber auch Zeit für mich, was sehr wichtig ist. Ich war 26 Jahre im Profifußball und das war genug. Ich habe in dieser Zeit alles rausgehauen. Jetzt will ich einfach auch ein bisschen Freizeit haben und das Leben genießen. Zum Beispiel um Motorrad zu fahren, nach Balaton, unserem Plattensee, zu gehen und Zeit mit der Familie zu verbringen.

Hertha ist ein spezieller Verein, der Leute braucht, die sich mit dem Verein identifizieren.

Gabor Kiraly

Wie kam es zu der Idee, ein Sportzentrum zu eröffnen? Mit 27 Jahren beschäftigen sich Profifußballer gewöhnlich mit anderen Dingen ...

Ich hatte tatsächlich auch darüber nachgedacht, ein Restaurant, ein Café oder eine Bar aufzumachen. Aber das ist eine andere Welt.  Ich komme aus der Fußballwelt und habe meine Profikarriere auch dazu genutzt, auf besondere Dinge zu achten. Zum Beispiel: was macht ein Platzwart? Mit welchen Geräten arbeitet er? Oder wie läuft es wirtschaftlich bei den Vereinen? Welche Entscheidungen werden getroffen? Wie werden Fehler korrigiert? Die allgemeine Vereinsstrategie hat mich interessiert. Das habe ich gesehen und dann habe ich mir gedacht, dass ich selbst ein Fußballfeld bauen und alles drumherum aufbauen kann. Wir haben jedes Jahr Schritt für Schritt mehr gemacht und haben jetzt ein komplexes Sportzentrum mit Hotel, eigener Reha, Konferenzräume, sieben Fußballplätze, Kunstrasenplätze. Wir haben ganz viele Dinge für die Kinder und Mitarbeiter und es ist meine Aufgabe, das ganze langfristig auszurichten.

Wie viele Mannschaften hat Ihr Sportzentrum?

Wir haben 13 Mannschaften von Kindergarten- bis zum Erwachsenenalter, 250 Kinder, 32 Trainer und insgesamt 50 Mitarbeiter.

Liegt der Fokus wegen Ihrer Torwartvergangenheit eher auf der Ausbildung von Keepern?

Gabor Kiraly beim Torwart-Camp

Gabor Kiraly beim Torwart-Camp. Kiraly

Nein, aber wir haben auch eine Torwartschule. Es gibt dort tägliche Trainings wie ich sie gehabt habe, aber auch monatliche Camps. Sechsmal pro Jahr kommen auch Torhüter und Torhüterinnen aus dem Ausland. Ich kann leider nicht so viel mit den Torhütern arbeiten. Wenn es um kleinere technische Korrekturen geht, dann gehe ich hin oder motiviere die Spieler. Wenn ich etwas sehe, sage ich etwas, aber ich gehe normal nicht auf den Platz, da ich schon in der Vereinsführung bin und andere Aufgaben habe. Bei den Torwart-Camps bin ich aber auf dem Platz. Ich möchte die deutsche und englische Mentalität in unser Sportzentrum bringen. 

Am 3. und 4. Juni steht zum 20. Jahrestag ein Jubiläumsturnier an ...

Ja, es werden 20 Mannschaften der Altersklasse U 11 antreten, weil wir ja 20 Jahre alt geworden sind. Es sind unter anderem Manchester United, Benfica, Parma, Dynamo Zagreb oder Ferencvaros dabei. Das Turnier dauert zwei Tage und am ersten Tag wird auch der ungarische Nationaltrainer Marco Rossi als Ehrengast anwesend sein.

Ihr Sohn Matyas spielt auch in Ihrem Zentrum?

Ja, er ist jetzt 18 Jahre alt und spielt seit zwei Jahren im Erwachsenen-Team. Er hat seine Grundlagen in England und Deutschland gelernt, bei 1860, Unterhaching und Fulham, und dort Automatismen verinnerlicht. Seine Basis ist gut, aber körperlich ist er in seinem jungen Alter noch nicht ganz so weit. Er ist aber auf einem guten Weg und wir haben Geduld. Nach seinem Abitur hat er sich jetzt nur auf Profifußball fokussiert.

Sie sind Fahnenträger bei Hertha (eine Art Markenbotschafter, Anm. d. Red.): Was genau machen Sie?

Hertha hat ein Programm, das heißt Fahnenträger, bei dem sie Ex-Spieler geholt haben. Nicht nur am Spieltag, sondern auch in der Stadt oder bei einer Präsentation. Wir bekommen Bescheid und repräsentieren die Hertha. Da ich in Ungarn lebe, kann ich nicht immer, aber ich kann auch schon mal für einen Tag hinfahren. Ich denke, wenn man einmal für einen Verein gespielt hat und sich damit identifiziert, dann ist es eine Selbstverständlichkeit, nach der Karriere an solchen Programmen teilzunehmen.

Hertha ist trotz der 374 Investoren-Millionen von Lars Windhorst abgestürzt: Wie konnte es so weit kommen? Hat der Klub zu schnell zu viel gewollt?

Das weiß ich nicht, aber sie haben vor ein, zwei Jahren gesagt, dass sie einen Neuaufbau machen wollen. Irgendwie hat das aber nicht funktioniert. Ich denke, dass ein Neuanfang mit alten Herthanern geschehen sollte. Hertha ist ein spezieller Verein, der Leute braucht, die sich mit dem Verein identifizieren. Entweder Ex-Spieler oder Leute, die lange bei der Hertha waren. Wenn solche Leute wiederkommen, kann das ein stabiles Konstrukt sein. In der Hertha-Akademie haben sie lange Jahre sehr gut gearbeitet.

So ein Mann ist auch Pal Dardai. Hat Hertha den Trainer zu spät (Mitte April, Anm. d. Red.) zurückgeholt?

Pal hatte sicherlich nicht viel Zeit. Jeder hat gehofft, dass er mit seiner Art und Weise und seiner Mentalität irgendwie den Klassenerhalt schafft. Meiner Meinung nach war die Zeit leider zu kurz. Jetzt muss ein Neuaufbau her und der Verein muss schauen, dass er so schnell wie möglich aus der 2. Liga zurückkommt.

Zum Schluss darf eine Frage bei Gabor Kiraly natürlich nicht fehlen: Packen Sie die Jogginghose manchmal noch aus?

Gute Frage (lacht). Seitdem ich aufgehört habe, habe ich die Jogginghose nicht mehr täglich an. Aber ich trage Sie noch gelegentlich bei den alten Herren der ungarischen Nationalmannschaft und bei den Traditionsmannschaften von 1860 München und Hertha. Nächste Woche kommt dann auch eine UEFA-Mannschaft nach Ungarn wegen des Europa-League-Finals und dort werden wir am Mittag ein kleines Spiel machen vor dem großen Spiel, im Park neben dem Stadion. Jedes Jahr trete ich noch ein- bis dreimal mit meiner grauen Jogginghose auf.

Interview: Kim Dämpfling