Bundesliga

Kein Stimmungs-Vergifter: Wie Gerhardt beim VfL zum Vorbild wird

Was den Wolfsburger von Teamkollegen unterscheidet

Kein Stimmungs-Vergifter: Wie Gerhardt beim VfL zum Vorbild wird

Wolfsburgs Mannschaftsspieler Yannick Gerhardt.

Wolfsburgs Mannschaftsspieler Yannick Gerhardt. IMAGO/Christian Schroedter

Eigentlich hätte Florian Kohfeldt nach dem überzeugenden Heimerfolg gegen Arminia Bielefeld lieber keinen Spieler besonders hervorgehoben. Schließlich hatte die Mannschaft endlich mal als eine solche agiert. Und doch pickte sich der Trainer einen heraus, an den er ein Sonderlob verteilte.

Nicht Doppeltorschütze Lukas Nmecha kam in den Genuss einer Hymne, sondern Yannick Gerhardt. Weil dieser endlich mal wieder auf dem Platz so agiert hatte, wie es sich die Verantwortlichen vorstellen. Vor allem aber auch, weil er in den persönlich schweren vergangenen Wochen und Monaten abseits des Rasens vorbildlich auftrat.

Man muss einen Spieler wie Yannick Gerhardt in den Vordergrund stellen. Er ist ein absoluter Mannschaftspieler, er fügt sich in seine Rolle ein, er ist da, wenn man ihn braucht.

Florian Kohfeldt

Gerhardt ist keiner, der die Stimmung vergiftet

"Man muss einen Spieler wie Yannick Gerhardt in den Vordergrund stellen", sagt Kohfeldt. "Er ist ein absoluter Mannschaftspieler, er fügt sich in seine Rolle ein, er ist da, wenn man ihn braucht." Was ihn zum Vorbild macht in einem Kader, in dem es zu viele Typen gibt, die ihr persönlichen Belange über die der Mannschaft stellen. Die die Stimmung vergiften, wenn sie selbst nicht so zum Zug kommen, wie sie es sich vorstellen.

Bundesliga, 29. Spieltag

Das Leid eines Allrounders

Gerhardt ist anders, ohne seine eigenen Ansprüche herunterzuschrauben. "Er ärgert sich auch, wenn er nicht spielt, macht aber nicht auf beleidigt", streicht Kohfeldt hervor. Dennoch brachte der Coach den 28-Jährigen, der zur Amtsbeginn des Trainers noch einer der Gewinner war, zuletzt äußerst selten. Und wenn Gerhardt dann spielte, überzeugte er kaum. "Er leidet ein bisschen darunter, dass er ein Allrounder ist und die Spezialisten auf ihren Positionen spielen", erklärt der Coach. "Aber auf Yannick kann man sich immer verlassen, er hat ein Top-Spiel gemacht. Ich habe nichts dagegen, wenn er sich festspielt."

Roussillon ein Schatten seiner selbst

Gerhardt nutzte gegen Bielefeld seine Chance als Schienenspieler in der 3-4-2-1-Formation. In einer Rolle, die er zwar aus früheren DFB-Zeiten ("Diese Position macht Spaß") kennt, die beim VfL aber für gewöhnlich Jerome Roussillon zugedacht ist. Der Franzose bleibt jedoch ein Schatten seiner selbst, kann seine Fitnessdefizite nicht verbergen, ist verletzungsanfällig. Als Vertreter erhielt zuletzt Renato Steffen den Vorzug, der gegen die Arminia jedoch komplett aus dem Kader gestrichen wurde. Was Gerhardt die Möglichkeit bot, endlich mal wieder den Kopf herauszustrecken. Mit zwei Torvorlagen und seiner besten Saisonleistung gelang dies eindrucksvoll.

Das ist uns in Augsburg nicht gelungen, und das ist das Schlimmste, was man einer Mannschaft im Abstiegskampf vorwerfen kann.

Yannick Gerhardt

"Für mich persönlich ist es sehr gut gelaufen", sagt der frühere Kölner, der letztmals Anfang Februar beim 4:1 gegen Greuther Fürth in der Startelf gestanden hatte. Was "natürlich nicht zufriedenstellend" gewesen sei. Aufgemuckt ("Man muss seine eigenen Interessen ein bisschen zurückstecken") hat er dennoch nicht. Und rückt auch nach seiner starken Vorstellung am Samstag das Team in den Mittelpunkt. "Viel wichtiger war, dass wir als Mannschaft gewinnen, eine Einheit bilden. Das ist uns in Augsburg nicht gelungen, und das ist das Schlimmste, was man einer Mannschaft im Abstiegskampf vorwerfen kann." Was zu "vielen offenen Gesprächen" geführt habe. "Wir haben uns auf den Abstiegskampf eingeschworen. Wir haben die richtige Reaktion gezeigt."

Für Kohfeldt dürfte es nun eigentlich keinen Grund geben, Gerhardt wieder aus der Anfangsformation zu befördern. "Es ist mein Ziel, dass ich in der ersten Elf spiele", betont der Linksfuß, "ich glaube, dass ich ihm das zeigen konnte."

Thomas Hiete

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