Bundesliga

Marcus Ingvartsen: Ein Top-Vollstrecker mit Defiziten

Trainer Svensson schwärmt vom Treffer gegen RB: "Das war kein Zufall"

Ingvartsen: Ein Top-Vollstrecker mit Defiziten

Marcus Ingvartsen trifft zum 1:0 gegen RB Leipzig.

Marcus Ingvartsen trifft zum 1:0 gegen RB Leipzig. IMAGO/Jan Huebner

Kurz vor dem Pausenpfiff zeigte Marcus Ingvartsen, warum er Mainz 05 insgesamt rund 3 Millionen Euro Ablöse an Union Berlin wert war: Ein zielgenauer Laufweg diagonal durch die Schnittstellen der Leipziger Abwehr in den RB-Strafraum, ein unmissverständlicher Fingerzeig an den ballführenden Anton Stach, der die Kugel dann auch wohltemperiert servierte - und ein perfekter direkter Abschluss mit dem nominell schwächeren rechten Fuß ins lange Eck. RB-Keeper Janis Blaswich blieb keine Abwehrchance.

Dieser gesamte Ablauf, der Instinkt für Raum und Zeit sowie die Technik als Vollstrecker weisen den 26-jährigen Dänen schlicht als einen Klasse-Torjäger aus. Schließlich wurde komplett offensichtlich, was sein Coach Bo Svensson hinterher eigens noch einmal herausstellte: "Es war kein Zufall, dass Marcus dieses Tor macht."

Trotz seiner Strafraumqualitäten konnte sich der Angreifer noch keinen Stammplatz erkämpfen

Um einen relativ seltenen Moment handelte es sich gleichwohl. In der laufenden Spielzeit traf Ingvartsen nun zum ersten Mal, vergangene Saison kam er auf sechs Tore in 26 Einsätzen. Für einen Profi mit seinem Potenzial sind das, absolut betrachtet, zu wenige Erfolgserlebnisse. Die aber in Zusammenhang mit der ebenfalls geringen Spielzeit zu betrachten sind. So stand Ingvartsen 2021/22 nur sechsmal in der Startelf, in der laufenden Saison durfte er gerade zum zweiten Mal beginnen.

Mit begründet liegt dies in diversen Verletzungsproblemen - doch auch ein gesunder Ingvartsen konnte sich in Mainz bislang keinen Stammplatz erkämpfen. Die Schlussfolgerung ist ebenso logisch wie angebracht: Neben seinen ausgesprochenen Qualitäten als Strafraumstürmer verkörpert Ingvartsen maßgebliche Defizite. Unter fürs Mainzer Spiel essenziellen Aspekten wie Ballbehauptung und effektives Anlaufen ist er gerade von den Konkurrenten Karim Onisiwo sowie Jonathan Burkardt bislang meilenweit entfernt.

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Onisiwo, Burkardt, Ingvartsen - dieses Trio wäre in Topform ein Prunkstück

Auch am Wochenende lief er nur von Beginn an auf, weil Burkardt wegen eines grippalen Infekts passen musste. Nach gerade überstandener Bänderverletzung war Ingvartsen zudem noch nicht bei 100 Prozent, hatte in der Woche zuvor nur dosiert trainiert. "Trotzdem wissen wir, was wir von Marcus bekommen", betont Svensson, "wenn wir weiter so viele Flanken schlagen, ist er derjenige, der einfach als Stürmer die richtige Bewegung und Position findet."

Ob das auf Dauer zu mehr Einsatzzeiten führt, muss sich zeigen. Auf dem Papier jedenfalls wäre ein Angriffstrio mit dem Rammbock Onisiwo, dem Tiefenläufer Burkardt und Vollstrecker Ingvartsen in Bestform ein absolutes Prunkstück. "Marcus muss einfach kontinuierlich trainieren und sich nicht mehr verletzen", formuliert Svensson als entscheidende Voraussetzung. So sieht es auch der Spieler selbst: "Meine Verfassung ist noch nicht top. Aber ich hoffe, dass jetzt körperlich alles so ist, wie es sein soll, und ich mich weiter verbessern kann." Damit Momente wie am Samstag gegen Leipzig eher zur Regel werden als die Ausnahme zu bleiben.

Thiemo Müller

Spieltagsbilder 9. Spieltag 2022/23