Bundesliga

In Freiburg klemmt es - Gregoritsch: "Wo wollen wir hin?"

Eggestein, Höler und Co. benennen die Mängel

In Freiburg klemmt es - Gregoritsch: "Wo wollen wir hin?"

Fragende Blicke bei Freiburgs Kapitän Vincenzo Grifo (r.) und Michael Gregoritsch.

Fragende Blicke bei Freiburgs Kapitän Vincenzo Grifo (r.) und Michael Gregoritsch. Getty Images

In Person von Kiliann Sildillia, Junior Adamu, Kenneth Schmidt und Jordy Makengo hatte Christian Streich am Samstag nur noch vier einsatzbereite Feldspieler aus seinem 25er Profikader auf der Bank sitzen, die es zusammen vor der Partie nur auf 62 Bundesliga-Einsätze brachten. "Wir haben auch Personalsorgen", erwähnte Maximilian Eggestein nachvollziehbarerweise die große Verletztenliste, betonte aber direkt: "Es wäre zu einfach, es darauf zu schieben."

Damit hatte der Mittelfeldspieler ebenso Recht. Denn auf dem Feld stand eine erprobte Freiburger Startelf mit vielen Routiniers, die auch ohne Verletzungsprobleme denkbar wäre. Diese Formation wurde ihrem durch zwei Top-Saisons zuletzt selbst erarbeiteten Anspruch nicht gerecht, zumindest besser und erfolgreicher als Mannschaften aus der unteren Tabellenhälfte zu sein. "Wir wollten zu Hause mal wieder gewinnen und sind mit einem Punkt nicht zufrieden", stellte Eggestein nach dem 1:1 gegen Aufsteiger Darmstadt klar.

Zuletzt gab es zwar das 5:0 in der Europa League gegen Backa Topola vor eigenem Publikum, davor aber auch das 3:3 gegen Gladbach sowie das bittere 1:3-Pokalaus gegen Zweitligist Paderborn. Wie in diesen beiden Partien schoss auch diesmal wieder der Gegner das erste Tor. "In der ersten Hälfte haben wir fast gar nichts zugelassen, dann kommen sie einmal vors Tor und schießen. Ich glaube, Noah hätte den auch mit dem Fuß stoppen können, dann wird er abgefälscht, daher war es sehr unglücklich", kommentierte Lucas Höler das 0:1.

Dem unglücklichen Abschluss war allerdings ein starker Angriffszug des SVD vorausgegangen. Fakt ist: Der SC geriet in acht der vergangenen zehn Pflichtspiele in Rückstand. Fünfmal verlor das Streich-Team, zweimal gewann es noch - gegen Bochum und in Backa Topola - und holte nun zumindest noch einen Punkt. "Zufall ist das nicht mehr, dafür ist es zu häufig passiert", räumt Eggestein ein, gibt sich aber bei der Analyse ein wenig ratlos: "Gegen Gladbach waren es gefühlt nur Konter. Wie wir das in den Griff kriegen, keine Ahnung, da fehlt mir der Lösungsansatz."

Klarer fällt die Bestandsaufnahme mit Blick auf die eigene Angriffsleistung aus. "Wir waren nicht zwingend genug. Wir hätten uns mehr Torchancen herausspielen, gefährlicher sein müssen, konnten leider nicht an die erste Hälfte anknüpfen. Das müssen wir uns ankreiden", sagt Höler, wobei der SC auch vor der Pause nur drei Torchancen verzeichnete. Neben Hölers stark von den beiden Innenverteidigern Philipp Lienhart und Matthias Ginter vorbereitetem Ausgleich in Folge einer Ecke waren das ein direkter Freistoß von Vincenzo Grifo und ein Schuss Ritsu Doans. Beides Versuche aus der Distanz. Besonders in der zweiten Hälfte waren aber auch viele Grifo-Standards zu ungefährlich.

"Der letzte Ball fehlt, wir bringen wenige Aktionen zu Ende, haben viele kleine Fehler drin", erkennt Eggestein die Mängel, die fehlende Präzision im Passspiel beinhalten, aber auch falsche Entscheidungen bei den Offensivaktionen. "Wir sind oft im entscheidenden Moment zu ungenau, auch bei den Abschlüssen, da schießen wir drüber, deswegen kommen wir nicht in einen Flow oder in eine Druckphase", sagt Michael Gregoritsch. Der Stürmer setzte nach seinem starken Länderspielauftritt für den ÖFB gegen Deutschland selbst sowohl einen Schuss als auch einen Kopfball weit neben das Gehäuse und muss weiter auf sein erstes Saisontor im Klub warten.

Gregoritsch: "Das ist ein anderer Stil, überhaupt nicht tragisch"

Gregoritsch wurde allerdings auch nicht oft als Zielspieler gegen die ebenso groß gewachsenen Darmstädter Verteidiger gesucht, wie beim ÖFB, wo er seine Stärke bei Ablagen und der Ballbehauptung zeigen konnte. "Wir haben es oft über die Seite probiert, das ist ein anderer Stil, überhaupt nicht tragisch. Da hängt man in der Kette und versucht die Kette tief zu halten, um Platz für unsere Zehner zu machen, dann kommen nicht so viele lange Bälle", beschreibt der Österreicher den Ansatz, der unterm Strich zu wenig Ertrag brachte.

Fest steht: Freiburg ist nun in der Liga viermal hintereinander ohne Sieg geblieben, hat nur zwei Punkte geholt. Gregoritsch hatte diesen Umstand nicht auf dem Schirm, wie er nach der Partie bei Sky verriet. Wohl auch, weil der SC in dieser Zeit auch zweimal gegen Backa Topola im Europacup gewonnen hat. "Aber das ist eine Sache, bei dir wir uns fragen müssen: Wo wollen wir hin? Es läuft nicht so wie in den letzten beiden Saisons. Es ist natürlich schwierig, das zu akzeptieren. Wir versuchen es jede Woche, meistens dreimal." Gewinnen meint er, um dann trocken zu resümieren: "So lange wir nicht verlieren: Mühsam ernährt sich das Eichhörnchen."

Das Freiburger Eichhörnchen hat bisher 15 Zähler aus 12 Partien gesammelt, die zuletzt noch solide Quote wird zusehends schwächer. Hochgerechnet stünden bei diesem Schnitt am Saisonende nur 42,5 Punkte. Anlass zur Sorge? "Wir haben noch vier Spiele, da können wir noch genug Punkte holen", wiegelt Eggestein ab. Gregoritsch aber weiß, dass drei davon auswärts (Mainz, Wolfsburg, Heidenheim) stattfinden und es auch daheim gegen Köln "eklig und schwer" werde.

Der Österreicher nahm nach dem langanhaltenden Freiburger Höhenflug nach längerer Zeit mal wieder die Zielmarke "40 Punkte" in den Mund und meinte mit Blick auf das schon nach 16 Saisonspielen beendete Kalenderjahr: "Dann wären 20 Punkte zum Winter eine gute Quote - aber wir wollen mehr."

Gegen Olympiakos reicht bereits ein Remis, um in der Europa League zu überwintern

Zunächst aber geht es am Donnerstag zu Hause gegen Olympiakos Piräus. Und da würde schon ein Remis reichen, um mindestens Platz zwei und damit das Fortbestehen in der Europa League zu sichern. Das griechische Spitzenteam macht diese Saison seinem Label jedoch alle Ehre und wird eine schwierige Hürde sein - vor allem angesichts der aktuellen Freiburger Offensivprobleme. "Wir wollen uns da zwei Highlight-Spiele für das Frühjahr ausmachen", lässt Gregoritsch in Sachen Motivation keine Zweifel aufkommen: "Wir sind heiß".

Spannend, ob diese "Hitze" in mehr Torgefahr umgewandelt werden kann und dann auch noch für ein erfolgreiches Spiel in Mainz am kommenden Sonntag reicht. Auch, wenn die SC-Akteure sie ehrenwerterweise nicht als Entschuldigung geltend machen wollen, die Verletzungsmisere ist derzeit schon einer der limitierenden Faktoren. Von der Bank kann Streich nämlich derzeit nämlich nur für überschaubare Impulse sorgen.

Carsten Schröter-Lorenz

Bilder zur Partie SC Freiburg gegen SV Darmstadt 98