Bundesliga

Höfler: "Wie ich da reingegangen bin, war maximal dumm"

Freiburgs Urgestein über Saisonziele, Fitness und seine Rotsperre

Höfler: "Wie ich da reingegangen bin, war maximal dumm"

Freiburgs Dauerbrenner Nicolas Höfler.

Freiburgs Dauerbrenner Nicolas Höfler. IMAGO/Langer

Im Trainingslager des SC im österreichischen Schruns sprach das Freiburger Urgestein Nicolas Höfler, mit kurzer Unterbrechung seit 2005 im Klub, mit dem kicker über das Verpassen der Champions League, den Umgang mit Saisonzielen, persönliche Fitnessrezepte - und seine völlig überflüssige Rotsperre zum Auftakt der kommenden Spielzeit.

Am 30. Spieltag stand der SC Freiburg noch auf Platz 4, es folgten drei Niederlagen in vier Partien und das Abrutschen aus den Champions-League-Rängen. Mit welchem Gefühl gingen Sie danach in die Sommerpause, Herr Höfler?

Ich hatte gar keine negativen Gedanken oder das Gefühl, wir hätten etwas verloren. Wir können mit der vergangenen Saison wieder extrem zufrieden sein und haben für den Verein Großes geleistet. Natürlich könnte man die letzten Saisonwochen auch schlechtreden. Aber ich bin überzeugt: Wir tun gut daran, das wertzuschätzen, was wir erreicht haben. Diese Einstellung macht uns seit Jahren stark - und ist der Schlüssel für eine möglichst erfolgreiche neue Saison.

Mit Union Berlin hat ein anderer Underdog den Sprung in die Königsklasse geschafft. Was hatte Union dem SC letztlich voraus?

Dass sie das entscheidende Spiel gegen uns gewonnen haben. Ich behaupte mal: Wäre dieses Duell andersherum ausgegangen, wären wir Vierter geworden. Es waren am Ende nur Nuancen. Union hatte in der entscheidenden Phase eben ein bisschen mehr von allem: Spielglück, natürlich auch Können. Sie spielen ebenfalls mit hoher Intensität und Leidenschaft, aber einen ganz anderen Stil als wir. Der ist extrem erfolgreich, aber nicht unser Fußball. Die Diskussion darüber bleibt müßig. Entscheidend ist: Wir sind glücklich damit, was wir erreicht haben.

Also entsteht keine Zusatzmotivation nach dem Motto: Jetzt erst recht?

Das wäre doch nicht glaubwürdig. Der fünfte Platz ist für uns sehr, sehr gut. Gerade wenn man sieht, welche Mannschaften hinter uns gelandet sind. Wir müssen weiterhin den Fokus darauf richten, was uns erfolgreich macht. Da waren wir in den letzten beiden Jahren einigen Klubs voraus, die vielleicht eine noch bessere Qualität im Kader hatten als wir. Aber wir haben unsere Leidenschaft, Gier, Zusammenhalt dagegengesetzt. Wenn wir all das wieder aufs Feld bringen, dann können wir wieder erfolgreich sein - auf welchem Tabellenplatz dann auch immer.

Vor allzu vielen Mannschaften müssen wir uns da wirklich nicht mehr verstecken.

Nicolas Höfler

Der SC landete jetzt zweimal in Folge unter den Top 6. Stimmt Ihre These vielleicht gar nicht mehr, dass in anderen Kadern die Qualität höher ist?

Ich rede von den Einzelspielern. Die können mit ihrer Qualität punktuell Partien gewinnen - doch über eine erfolgreiche Saison entscheidet das Team. Und da haben wir sicher einen großen Trumpf. Richtig ist aber auch: Die individuelle Qualität der einzelnen Spieler hat sich auch bei uns extrem erhöht in den letzten Jahren. Vor allzu vielen Mannschaften müssen wir uns da wirklich nicht mehr verstecken.

Warum sagen Sie dann nicht: Wir wollen wieder nach Europa? Es gibt schließlich auch eine Theorie, wonach man höchste Ziele formulieren müsse, um wirklich das maximal Mögliche zu erreichen.

Doch mit hohen Zielen setzt man sich auch immer ein Stück weit unter Druck. Wir wissen schon um unsere Qualität. Aber es bringt einfach nichts, sich jetzt hinzustellen und zu sagen: Wir wollen dies oder das erreichen. Wir müssen die Leistung auf den Platz bringen. Deshalb müssen wir uns in erster Linie bewusst machen, was dafür nötig ist.

Kann permanentes Understatement nicht irgendwann auch mal limitierend wirken?

Keine Sorge: Die Ansprüche an uns sind hoch. Ausgehend von uns selbst und auch vom Trainer. Diesen Ansprüchen wollen und müssen wir auch gerecht werden. Sie sind aber nicht ausdrücklich an Tabellenplätze gekoppelt, sondern beziehen sich auf Inhalte, die es abzuliefern gilt. Unter diesem Aspekt wollen wir als Mannschaft - und auch jeder Einzelne - mit Sicherheit wieder einen Schritt nach vorne gehen.

Bis auf eine Partie in der Europa League sowie zwei Ligaspiele, in denen Sie gesperrt waren, standen Sie 2022/23 immer in der Anfangself. Verspüren Sie auch mit inzwischen 33 Jahren gar keine Verschleißerscheinungen?

Nein, ich bin fit, es geht mir absolut gut. Ich kann schon noch ein bisschen gehen - und will auch nächste Saison wieder so viele Spiele machen wie möglich. Dafür tue ich alles.

Ich beschäftige mich schon viel mit dem aktuellen Stand der Wissenschaft.

Nicolas Höfler

Worin genau besteht das Erfolgsrezept: Ernährung? Körperpflege? Mentale Bereitschaft?

In einem Mix aus allem. Ich will da nicht so ins Detail gehen. Aber ich beschäftige mich schon viel mit dem aktuellen Stand der Wissenschaft in allen möglichen Bereichen und probiere auch einiges aus, um maximal leistungsfähig zu bleiben.

Ihr Standing in Mannschaft und Verein war immer hoch. Von außen wurden Sie - auch nach Ihrem Empfinden - lange unterschätzt.

Das ist jetzt aber auch schon wieder länger her. Ich registriere sehr wohl, dass sich das geändert hat. Mit dem Mannschaftserfolg aber auch mit meiner Beständigkeit und meinen Leistungen gerade in den beiden vergangenen Jahren.

Ihren Vertrag haben Sie letztmals im November verlängert - wird es im Laufe der kommenden Saison die nächsten Gespräche über die Zukunft geben?

Netter Versuch. Aber Sie wissen doch: Zu Vertragslaufzeiten gibt es keine Auskunft. Und auch keine Andeutungen.

Okay. Wie lange wollen Sie generell noch als Profi spielen?

So lange wie möglich. Dass es schon in einem Jahr vorbei sein sollte, schließe ich Stand jetzt mal aus. Dafür fühle ich mich einfach noch zu gut. Weiter vorauszuschauen, macht letztlich wenig Sinn. Wobei ich am liebsten natürlich noch sechs Jahre spielen würde.

Steht fest, dass Sie Ihre Karriere wann auch immer in jedem Fall beim SC beenden?

Ja. Das ist für mich klar, ich werde nicht mehr wechseln.

Zum Saisonauftakt in Hoffenheim fehlen Sie gesperrt nach Ihrer Roten Karte am 33. Spieltag gegen Wolfsburg. Wie Sie da Ihren Ex-Teamkollegen Luca Waldschmidt abräumten, kurz vor Schluss beim Stand von 2:0 und in einer eigentlich neutralen Spielsituation, wirkte unerklärlich. War da etwa noch eine alte Rechnung offen?

Nein, überhaupt nicht. Wir haben uns sogar immer ganz gut verstanden. Ich habe ehrlich gesagt selbst keine Erklärung. Ich wollte den Ball attackieren, aber wie ich da reingegangen bin, war maximal dumm. Warum? Keine Ahnung. Es war wie ein Blackout.

Atubolu als neue Nummer 1 finde ich total super.

Nicolas Höfler

Im Tor beginnt beim SC eine neue Zeitrechnung: Eigengewächs Noah Atubolu übernimmt für Mark Flekken. Ein Wagnis?

Ich finde das total super. Zum einen, dass der Verein diesen Mut hat. Und zum anderen, dass wir so einen guten jungen Spieler in den eigenen Reihen haben, der das Zeug zur Nummer 1 besitzt. Ich bin da absolut zuversichtlich. Noah hat richtig Qualität. Wir freuen uns auf ihn - und werden ihn jederzeit voll unterstützen.

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