Bundesliga

Historisch starker Marmoush als Sinnbild für die stürmische Eintracht

Automatismen, Spielglück und Qualität: Frankfurt schießt 19 Tore in sechs Spielen

Historisch starker Marmoush als Sinnbild für die stürmische Eintracht

Omar Marmoush geht bei der Eintracht voran.

Omar Marmoush geht bei der Eintracht voran. IMAGO/Jan Huebner

Auch ohne Woche für Woche Spiele von Eintracht Frankfurt zu sehen, wusste Mark Twain: "Prognosen sind schwierig, besonders wenn sie die Zukunft betreffen." Dieses Bonmot passt auch in dieser Saison wieder einmal wunderbar zur SGE.

Schwerer Beginn mit vier Toren aus sechs Spielen

Noch in der Ausgabe vom 7. September schrieb der kicker: "Die Aussichten sind vage. Ein kräftiger Herbststurm, der die Gegner wegbläst, ist vorerst nicht in Sicht." Immerhin waren den Hessen 65,5 Prozent der Torschützen aus der vergangenen Saison weggebrochen, insbesondere der Last-Minute-Verkauf von Randal Kolo Muani hinterließ im Sturm eine klaffende Lücke.

Auch nach sechs Spieltagen hatten die Frankfurter erst vier Tore geschossen, die Mannschaft belohnte sich für ihren immensen Aufwand nicht. Zwar sahen die Spielanlage und das Positionsspiel meist schon sehr ordentlich aus, im vorderen Drittel mangelte es aber an Abstimmung, Effizienz und der nötigen Strafraumbesetzung.

Im Moment sind wir im Flow, wir befinden uns auf einem richtig guten Weg.

Dino Toppmöller

Erst im Oktober, als die Automatismen immer besser griffen, zog ein kräftiger Sturm auf. In den jüngsten sechs Pflichtspielen erzielte die Eintracht 19 Treffer. Jeweils drei Tore schoss sie in den vergangenen drei Bundesligaspielen, in der Conference League gab es gegen HJK Helsinki gar ein Schützenfest (6:0). "Im Moment sind wir im Flow", sagt Trainer Dino Toppmöller, "wir befinden uns auf einem richtig guten Weg." Viele Tore sind wunderschön herausgespielt.

Nur Gekas und Bronnert starteten in der Bundesliga noch treffsicherer

Der frühe Führungstreffer An der Alten Försterei war indes typisch für eine Mannschaft, der im Moment beinahe alles gelingt. "Da war das Spielglück auf unserer Seite. Der Freistoß war gar nicht so gut getreten und fällt uns vor die Füße", räumt Toppmöller ein. Omar Marmoush, der Mann der Stunde, fasste sich ein Herz und feuerte den Ball an diversen Beinen vorbei ins Tor.

Hätte es dieselbe Situation auf der anderen Seite gegeben, Unions Stürmer David Fofana hätte mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit einen anderen Spieler angeschossen oder den Pfosten getroffen. Union ist eben nicht im Flow. Unterm Strich nutzte die SGE drei Chancen zu drei Toren, eine beeindruckende Effizienz.

10. Spieltag

Doppeltorschütze Marmoush steht sinnbildlich für die stürmische Eintracht. In dieser Saison erzielte der ägyptische Nationalspieler bereits zehn Pflichtspieltore, während er in seinen Jahren bei den Erstligisten Wolfsburg und Stuttgart zusammengenommen gerade einmal auf neun Pflichtspieltreffer kam. In der Bundesliga steht Marmoush bei sechs Toren.

Bemerkenswert: In der Klubhistorie erzielten erst zwei Neuzugänge mindestens sechs Treffer nach zehn Spieltagen: Theofanis Gekas (2010/11, neun Tore) und Siegfried Bronnert (1966/67, sieben Tore). "Omar hat das Toreschießen entdeckt. Er hat hier ein gutes Umfeld, spürt das Vertrauen aus dem Trainerteam und der Mannschaft", sagt Toppmöller und schwärmt: "Er ist extrem fleißig, hört zu, hat einfach Bock und hängt sich rein. Die Tore sind die Belohnung."

"Omar ist schwierig zu verteidigen"

Sportvorstand Markus Krösche bescheinigt dem ablösefreien Neuzugang aus Wolfsburg, in den vergangenen sechs Wochen "einen sehr großen Sprung" gemacht zu haben. Marmoush agiert nicht nur cleverer im Strafraum, auch im Spiel mit dem Rücken zum Tor verbesserte er sich. Der 24-Jährige löst sich besser von den Verteidigern und leitet die Bälle mit wenigen Kontakten weiter, bevor er mit seinem Tempo wieder in die Tiefe stößt. "Omar ist schwierig zu verteidigen", betont Toppmöller.

Schon unter der Woche, auf der Pressekonferenz vor dem Pokalspiel in Köln, hatte der Coach geschwärmt: "Wie Omar in den letzten Spielen als Neuner gespielt hat, da muss man sagen: Hut ab." Er bescheinigte Marmoush einen "sensationellen Entwicklungsschritt" und ein "gutes Gespür für Tiefenläufe".

Außer Marmoush gibt es im Kader allerdings nur einen weiteren Spieler mit mehr als einem Bundesligator in dieser Saison: Ansgar Knauff (zwei Treffer). Entsprechend groß ist die Abhängigkeit von Marmoush. Jessic Ngankam muss sich steigern, um der Mannschaft helfen zu können. Lucas Alario scheint mit der Eintracht innerlich bereits abgeschlossen zu haben. Immerhin machte Nachwuchsspieler Ignacio Ferri Julia (19) mit seinem ersten Bundesligator auf sich aufmerksam.

Im Januar plant die Eintracht die Verpflichtung von ein bis zwei Angreifern. Marmoush wird dann ebenso wie sein Partner in der Offensive, Fares Chaibi, und Sechser Ellyes Skhiri am Afrika-Cup teilnehmen. Es bleibt also schwierig mit den Prognosen und der Zukunft. Das freilich macht den Reiz des Fußballs aus. Nicht nur am Main.

Julian Franzke

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