Bundesliga

Herthas wichtigster Transfer dieses Sommers

Kommentar

Herthas wichtigster Transfer dieses Sommers

Ab Dezember in Diensten von Hertha BSC: Carsten Schmidt.

Ab Dezember in Diensten von Hertha BSC: Carsten Schmidt. imago images

Den Aufbruch in die Zukunft hat Hertha BSC vor knapp zehn Monaten schon einmal gewagt. Jürgen Klinsmann sollte eine am Boden liegende, irritierend leblose Mannschaft reanimieren, aber irgendetwas muss bei der Besprechung seines Job-Profils schiefgegangen sein. Klinsmann wollte - als Trainer im Abstiegskampf - den ganzen Verein im Schnelldurchgang auf links drehen. Er hatte für so ziemlich alles großformatige Worte und eine lächelnd vorgetragene Idee - nur nicht dafür, wie er dem ihm anvertrauten Team ein funktionierendes Offensivspiel lehrt und ihm eine intakte Hierarchie belässt. Klinsmann hat Spieler reihenweise gegen sich aufgebracht, im Vertragspoker mit den Bossen überzogen und nach seiner Blitzflucht nachgetreten. In einem freilich hatte der Schwabe recht: dass diesem Klub frischer Wind ganz guttun würde - weil er in einigen Bereichen so aufgestellt ist, dass sich vielleicht die Gegenwart meistern lässt, aber die Zukunft eher nicht.

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Mit Carsten Schmidt bekommt Hertha jetzt einen neuen Vorsitzenden der Geschäftsführung. Der CEO, der Klinsmann nach eigenem Selbstverständnis vermutlich gern gewesen wäre - jetzt holt Hertha ihn. Nach der Ende Juni vollzogenen Beförderung von Arne Friedrich zum Sportdirektor ist Schmidts Inthronisierung das nächste und bislang deutlichste Signal dafür, dass der Klub die Zeichen der Zeit erkannt hat. Er holt sich mehr Expertise ins Haus und erhofft sich von der breiteren Aufstellung auf der Führungsebene sportliches und wirtschaftliches Vorankommen und ein schärferes Profil.

Vier Cheftrainer und Platz zehn im ersten Windhorst-Jahr - das ist nicht der Anspruch

Dass Hertha damit auch nur einen Tag zu früh dran ist, wird niemand behaupten. Nach Jahren im Mittelmaß und mit Blick auf die neuen finanziellen Rahmenbedingungen wäre ein "Weiter so" der falsche Weg gewesen. Ende Oktober fließt die vorläufig letzte Tranche - in Höhe von 100 Millionen Euro - von Lars Windhorst. Dann hält er zwei Drittel der Anteile an der Hertha-Kommanditgesellschaft auf Aktien. Der Klub wird dann binnen 16 Monaten 374 Millionen Euro vom Investor bekommen haben. Im ersten Jahr des Windhorst-Engagements waren vier Cheftrainer und Platz zehn das Ergebnis. Das ist nicht der Anspruch - nicht der von Windhorst, nicht der von Schmidt. Und auch nicht der von Michael Preetz. Der Geschäftsführer Sport erhält mit dem langjährigen Sky-Manager Schmidt einen neuen Vorgesetzten.

Manche werden das - wie schon Friedrichs Bestellung zum Sportdirektor - als Beginn der Entmachtung von Preetz deuten. Schmidt will Preetz in dessen Ressort Sport autark arbeiten lassen, aber er wird genau hinschauen - und in Bereichen wie Marketing und Internationalisierung, wo der Klub Nachholbedarf hat, sein Know-how und sein Netzwerk einbringen. Vor allem aber soll er dafür sorgen, dass Hertha das vorhandene Geld nicht nur vernünftig einsetzt, sondern auch mehr einnimmt als bisher - und die Außendarstellung des Klubs aufhübschen.

Schmidt wird weder Tore verhindern wie Alexander Schwolow noch welche schießen wie Jhon Cordoba. Trotzdem spricht einiges dafür, dass er der Schlüssel-Transfer dieses Sommers ist. Friedrich in neuer, verantwortungsvollerer Rolle, Schmidt demnächst neu an Bord: Hertha nähert sich - vielleicht zum ersten Mal seit langem - dem Punkt, an dem man mehr Zukunft als Vergangenheit hat.