Bundesliga

VfB-Präsidium gegen Esecon-Veröffentlichung - die Hintergründe

VfB-Präsidium gegen Esecon-Veröffentlichung

Herrn Mutschlers Schweigen

Das VfB-Präsidium: Dr. Bernd Gaiser, Claus Vogt und Rainer Mutschler (v.l.), hier im Dezember 2019.

Das VfB-Präsidium: Dr. Bernd Gaiser, Claus Vogt und Rainer Mutschler (v.l.), hier im Dezember 2019. imago images

Dabei hatte Mutschler noch am 6. Januar 2021 auf kicker-Anfrage erklärt: "Zum Mandat von Esecon hat sich Rainer Mutschler bei Abstimmungen von Projektbeginn an stets der Stimme enthalten. Rainer Mutschler hat bereits in der ersten Zusammenkunft des Präsidiums nach Veröffentlichung der kicker-Vorwürfe proaktiv angekündigt, sich aufgrund seiner damaligen Rolle und Aufgabe als 'Projektleiter Vereinsentwicklung' bei allen inhaltlichen Themen und Bewertungen zu enthalten."

Von 2015 an fungierte Mutschler als "Projektleiter Vereinsentwicklung". In den Jahren 2016 und 2017 wurden wiederholt Mitgliederdaten weitergegeben rund um die Mitgliederversammlung zur Entscheidung über die Ausgliederung. Diese vollzog der Verein am 1. Juni 2017. In der Folge verkaufte die VfB AG 11,75 Prozent ihrer Anteile an die Daimler AG für 41,5 Millionen Euro. Nach außen erklärte sich das Präsidiumsmitglied Mutschler also für befangen, und anfangs offenbar auch intern. So beschrieb der 61-Jährige Anfang Januar, dass er bei der ersten Zusammenkunft mit Esecon die Position der Enthaltung eingenommen, dies zu Protokoll gegeben habe und daher aus dem mit der Begleitung der Untersuchung betrauten Lenkungskreis ausgetreten sei.

Mittlerweile scheint Mutschler von Enthaltung nicht mehr viel wissen zu wollen. Denn kurz nachdem der VfB am Freitagabend erklärt hatte, dass Mutschler und Präsidiumskollege Dr. Bernd Gaiser Vogt überstimmten und deshalb am 28. März eine digitale Mitgliederversammlung stattfinden werde, schoss der Präsident zurück: Er habe den Esecon-Bericht zeitnah den Mitgliedern zur Einsicht zur Verfügung stellen wollen, doch: "Auch hier wurde ich von meinen beiden Präsidiumskollegen überstimmt."

Warum keine Enthaltung? Dazu schweigt Mutschler

Wie aber passt das zu Mutschlers Aussagen vom 6. Januar? Warum keine Enthaltung? Dazu schweigt der ehemalige Alpin-Chef des Deutschen Ski-Verbandes, der neben seinem Amt im Präsidium auch in der VfB AG angestellt ist. Dabei wäre dringend aufzuklären, welche Rolle Mutschler spielte in der Datenaffäre. Denn er selbst teilte im Januar auf kicker-Anfrage mit, ein Angebot der Agentur abgezeichnet zu haben, bei der später die Mitgliederdaten landeten. Deren damaliger Geschäftsführer, Andreas Schlittenhardt, betrieb privat eine Facebook-Seite, die in der Folge mit Ausgliederungspropaganda bespielt wurde als vermeintlich neutrale Plattform.

Guerilla-Marketing nannte sich diese Praxis. Mutschlers Spitzname "Mutsch" taucht in einem dem kicker vorliegenden Kommunikationsplan aus dem Jahr 2016, der auch das Guerilla-Marketing näher definiert, wiederholt auf. Unter anderem in folgendem Unterpunkt: "Influencer, Foren, Blogs, Leserbriefe ('Undercover Schreiber') - muss ab 5.4. zur ersten Regionalen Versammlung in Aalen starten / Abstimmung mit Mutsch über Personen".

Undercover-Schreiber? Auch das klingt schwer nach verdeckter Beeinflussung. Mutschler erklärte dazu im Januar, dass zu seinen Aufgaben auch die Gewinnung bestehender Mitglieder für das Projekt Vereinsentwicklung gezählt habe bei sogenannten regionalen Versammlungen, die der Klub damals durchführte. "Influencer, Foren, Blogs, Leserbriefe ('Undercover Schreiber')" waren keine Zuständigkeiten von Rainer Mutschler", schrieb er weiter. Und: "Grundsätzlich ist Rainer Mutschler zu jedem Zeitpunkt dafür eingetreten, die kicker-Vorwürfe (angebliche Datenschutz-Verstöße) aufzuklären." Warum er gegen Transparenz in Sachen Esecon-Bericht stimmte, mochte er am Freitagabend auf Anfrage nicht erklären.

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Benni Hofmann

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