Bundesliga

Haalands Hadern: Spontaner Ärger oder Schachzug?

Aussagen des BVB-Stürmers hallen nach

Haalands Hadern: Spontaner Ärger oder Schachzug?

Wohin führt sein Weg? Erling Haaland.

Wohin führt sein Weg? Erling Haaland. imago images/Team 2

Der Ehrgeiz von Erling Haaland ist nicht nur bei seinen Dortmunder Kollegen bekannt und meist bewundert. Einst ärgerte er sich in einem Spiel bei Hertha BSC über seine frühzeitige Auswechslung fünf Minuten vor dem Ende - beim Stand von 5:2 für den BVB und nach bereits vier erzielten Treffern.

Auch am Freitag, nach dem Ende seiner nur halbernst als "Durststrecke" bezeichneten Torlosigkeit von gerade einmal zwei Spielen, war Haaland bei Spielende verärgert. Zuvor hatte Dortmund gegen einen Konkurrenten um die Champions-League-Plätze einen souveränen und spielerisch überzeugenden 5:1-Sieg eingefahren, Haaland selbst zweimal getroffen. Und doch sprachen Mimik und Gestik für Unzufriedenheit. Zwei Minuten vor dem Ende hatte er sich bereits eine Gelbe Karte eingefangen, als er den Ball nach einem Abseitspfiff wütend auf den Boden geworfen hatte.

Und so stand er dann zum Feld-Interview beim skandinavischen Streaming-Dienst "Viaplay" und nahm die Steilpass-Frage von Ex-Profi und Familien-Freund Jan-Aage Fjörtoft ebenso sicher auf wie die Vorlagen zuvor im Spiel. "Es gibt viele Spekulationen zu deiner Zukunft, aber du schaffst es immer noch, alle auszublenden. Wie machst du das?", wollte Fjörtoft wissen, und Haaland berichtete.

Die Kernaussage: "In den letzten sechs Monaten habe ich mich aus Respekt vor Dortmund dafür entschieden, nichts dazu zu sagen, aber nun hat der Klub begonnen, mich zu einer Entscheidung zu drängen. Dabei ist Fußballspielen alles, was ich will. Aber sie machen Druck, um mich jetzt zu einer Entscheidung über meine Zukunft zu bringen. Also muss ich bald eine Entscheidung treffen."

Aktuell gibt es keine Deadline, keine Fristen, es gab noch nicht mal Gespräche.

Michael Zorc

Bei den BVB-Verantwortlichen sorgte das für Verwunderung. "Die Aussagen von Erling haben uns schon etwas überrascht", sagte Sportdirektor Michael Zorc dem kicker am Samstag, denn "aktuell gibt es keine Deadline, keine Fristen, es gab noch nicht mal Gespräche". Zumindest jetzt noch nicht, "dass wir aber irgendwann mal Gespräche führen wollen und müssen, ist ja klar, verständlich und nur professionell".

Haalands Verhalten gibt Rätsel auf

Wieso also äußerte sich der Starstürmer so deutlich? Das weiß außer Haaland selbst und seinem Umfeld keiner der Beteiligten bisher so genau. Sprach aus dem 21-Jährigen der offensichtliche Frust über die letzten Spielminuten oder bringt sich seine Seite im Transferpoker in Stellung?

Klar ist, dass Haalands Berater Mino Raiola mit allen Wassern gewaschen ist und zum Wohle seiner Klienten alle möglichen Hebel in Bewegung setzt. Und so könnten Spieler, Vater Alf-Inge Haaland und Berater bei einem Wechsel immer als Argument ziehen, dass ein Verbleib in Dortmund möglich gewesen sei, wenn der Druck des Vereins doch nicht so früh so groß gewesen wäre. Ein Interview auf Norwegisch und mit einem guten Bekannten wäre eine passende Plattform dafür.

Haaland & Co. haben alle Trümpfe in der Hand

Doch bei allen Tricks von Raiola, seine Klienten schickt der Berater für taktische Manöver selten vor, das erledigt er eigentlich selbst. Und anders als bei vielen in der Vergangenheit durchgeboxten Transfers benötigen Raiola und Co. im kommenden Sommer auch überhaupt keinen Hebel für einen Wechsel. Denn durch die hinlänglich bekannte Ausstiegsoption hat die Spielerseite ohnehin alle Trümpfe in der Hand. Wenn Haaland gehen will und der aufnehmende Verein die Bedingungen erfüllt, kann Dortmund einen Abgang des Angreifers nicht verhindern.

Also doch ein spontaner Ausbruch? Das ist möglich. Denn auch wenn sein derzeitiger Klub nach eigener Aussage bislang keine Ultimaten für eine Entscheidung gestellt hat, spürt Haaland sicher einen Entscheidungsdruck. Denn das Thema schwelt schon lange - mindestens seit dem öffentlichkeitswirksamen Spanientrip von Raiola und Haaland senior im April 2021, bei dem die Bereitschaft von Real Madrid und des FC Barcelona abgeklopft wurde.

Seitdem geht es in fast jedem Interview, unter jedem Social-Media-Post und in fast jedem Medienbericht um einen möglichen Wechsel und den begrenzten Kreis der potenziellen Abnehmer. Das kann einen 21-Jährigen schon mitnehmen, zumal die Entscheidung für die weitere Karriere wegweisend sein wird. Und dass der Weg im Sommer aus Dortmund wegführt, ist bei allen verständlichen Hoffnungen der BVB-Bosse mit diesen Aussagen noch ein Stück wahrscheinlicher geworden - warum auch immer Haaland sie so getroffen hat.

Patrick Kleinmann