2. Bundesliga

Glatzel oder Füllkrug? Die große Derby-Frage

HSV-Stürmer und Werder-Angreifer in guter Form

Glatzel oder Füllkrug? Die große Derby-Frage

Wer trifft auch am Sonntag? Robert Glatzel (li.) und Niclas Füllkrug.

Wer trifft auch am Sonntag? Robert Glatzel (li.) und Niclas Füllkrug. imago images (2)

Nach einem eher schleppenden Start im HSV-Trikot hatte Glatzel beim 2:0-Sieg im Hinspiel das erste dicke Ausrufezeichen gesetzt und im so wichtigen Nordderby bei Werder Bremen zum ganz frühen 1:0 getroffen. Es war ein Höhepunkt inmitten eines schwierigen Herbstes. Der Angreifer war Derby-Held und doch Gegenstand der Diskussionen. Zumindest außerhalb der Kabinen im Hamburger Volkspark. Im inneren Kreis wurde Glatzel gegen alle Kritik ob der ausbleibenden Tore verteidigt. "Weil er genau das erfüllt, was wir für unser Spiel brauchen, er führt viele Zweikämpfe, ist unangenehm für die Gegner und unglaublich wichtig für uns", betonte Coach Tim Walter und schob voller Überzeugung nach: "Er wird sich dafür mit seinen Toren belohnen."

Geduld bei Glatzel zahlt sich aus

Die Geduld zahlte sich aus, denn Glatzel lieferte. Tore macht er seit Wochen, 14 bislang in der Liga. Auch am Sonntag? Seine Derby-Tauglichkeit hat Glatzel bislang im Hinspiel und gewissermaßen auch im April 2019 in einem Pokalspiel beim FC Bayern unter Beweis gestellt - denn immerhin war für ihn ein Spiel in der Geburtsstadt wie ein Derby. "Ein Spiel für die Ewigkeit", sagte der Stürmer, der beim 4:5 seiner Heidenheimer damals viermal getroffen hatte. Eine besondere Partie wie jüngst auch in Darmstadt, als Glatzel beim 5:0 gegen die Lilien erneut viermal einnetzen konnte. 

Sein Trainer reiht sich nicht in die Suche nach Superlativen ein, er analysiert Glatzels Entwicklung mit jener Nüchternheit, die er auch walten ließ, als es den schlaksigen Angreifer gegen die Kritiker zu verteidigen galt. Dass der einst bei den Münchner Löwen und in Unterhaching aussortierte Stürmer nun verlässlich trifft, sei "ein Spiegelbild dessen, was die Mannschaft ihm bietet".

Walter wertet zumindest öffentlich andere Dinge aus, an denen er den Wert seines Mittelstürmers bemisst. "Bobby macht unheimlich gut die Bälle fest, arbeitet mit dem Körper in den Gegenspieler rein. Er wartet nicht, bis der Ball zu ihm kommt, sondern nimmt schon vorher eine gute Haltung ein. Er hat sich richtig gut entwickelt."

Füllkrug will wieder den Bizeps zeigen

Diese Entwicklung will Glatzel am Sonntag fortsetzen und im Idealfall wieder zum Derbyhelden werden. Aber diesen Plan haben auch andere - Bremens Füllkrug zum Beispiel. Beinahe auf den Tag genau sechs Jahre liegt folgende Aussage des Angreifers am Sonntag zurück: "Ich habe mich sowieso nie richtig mit meinem damaligen Verein identifiziert." Getätigt hatte Füllkrug sie am 26. Februar 2016, im Anschluss an ein Freitagabendspiel in der 2. Liga, Nürnberg gegen Fürth, Frankenderby. Per Kopf erzielte der damalige Nürnberger Füllkrug, der 2013 für eine Saison vom SV Werder Bremen nach Fürth verliehen worden war, den späten 2:1-Siegtreffer - gegen seinen offenbar ungeliebten Ex-Klub.

Ungefähr die gleichen Sympathiewerte besitzt naturgemäß auch der Hamburger SV bei dem Angreifer aus der Werder-Jugend, daran ließ Füllkrug bereits bei einer Vorstellungsrunde anlässlich seiner Rückkehr nach Bremen im Sommer 2019 keine Zweifel. Nun bietet sich ihm also beim HSV eine Gelegenheit, wieder Derbyheld zu werden. Am 15. April 2017 kam dem heute 29-Jährigen jene Sonderrolle ebenfalls zu, eine ganz persönliche obendrein, als gebürtiger Hannoveraner im Niedersachsenderby zwischen 96 und Eintracht Braunschweig. Wieder traf Füllkrug zum Sieg (1:0), zelebrierte mit aufgepumpter Bizeps-Geste vor der Kurve. Schon im Frankenderby hatte er ähnlich posiert. 

Diese Geste wollen sie im Lager der Bremer natürlich am Sonntag wieder sehen. Füllkrug ist aktuell in Topform, hat seit dem 11. Spieltag zehnmal getroffen. Nach schwierigem Start, als der Stürmer kein Selbstvertrauen hatte, alles verballerte und zwischenzeitlich mit einem Platz auf der Bank Vorlieb nehmen musste, hat sich der kopfballstarke Angreifer gefangen.

Das Zusammenspiel mit Marvin Ducksch funktioniert hervorragend, die beiden Bremer Stürmer sind für jede Defensive in der Liga schwer zu verteidigen. Wenn Trainer Ole Werner bei dem Bremer Duo von einer "Mischung aus fußballerischer Qualität sowie Durchsetzungsfähigkeit und Wucht" spricht, sind vor allem die beiden letzteren Attribute Füllkrug zuzuschreiben. Und genau das will der Angreifer auch am Sonntag beim HSV zeigen.

Es ist ein Duell auf Augenhöhe, der Zweite empfängt vor 25.000 Zuschauern den Ersten, beide Mannschaften trennt nur ein Punkt. Bleibt also noch die Frage: Wer wird der nächste Derbyheld?

Sebastian Wolff/Tim Lüddecke/mst