Seit den 1940er-Jahren hatte es keine so lange Pause mehr zwischen zwei Nordderbys gegeben - und als der Ball dann nach mehr als dreieinhalb Jahre wieder rollte zwischen Bremen und Hamburg, dauerte es gerade einmal 80 Sekunden, ehe er schon im Tor lag: Ein feiner HSV-Angriff über die linke Seite mündete im Strafraum bei Heyer, dessen gefühlvolle Hereingabe der freistehende Glatzel mit einem schönen Kopfball im langen Eck versenkte (2.).
Die Werder-Abwehr, im Vergleich zum 3:0 in Ingolstadt mit Mai für den verletzten Kapitän Toprak, hatte bei diesem fein herausgespielten Treffer allerdings auch sehr unsortiert gewirkt - und tat es auch in den Folgeminuten. Der HSV, nach dem dramatischen 2:1 gegen Sandhausen mit Jatta statt Wintzheimer, war das strukturiertere Team in einer Partie, deren Derby-Charakter schon in den ersten Minuten augenfällig wurde: Die Zweikampfintensität war ungemein hoch, zahlreiche Duelle wurden deutlich über der Grenze des Erlaubten geführt, Schiedsrichter Stegemann hatte alle Hände voll zu tun.
Groß erweist Werder Bärendienst - Ducksch-Tor zählt nicht
Die Spielweise beider Teams sorgte für zahlreiche Unterbrechungen, ließ wenig Spielfluss aufkommen - und gipfelte schließlich in einer äußerst unnötigen Aktion von Werder-Kapitän Groß: Der Abräumer, bereits in der 5. Minute mit Gelb verwarnt, lief Heuer Fernandes an und grätschte in den HSV-Schlussmann hinein - Gelb-Rot war die logische Konsequenz (31.).
Der 7. Spieltag
Kurioserweise wurde Werder ausgerechnet in Unterzahl nun stärker - und haderte zweimal mit dem Schiedsrichter: Zunächst gab es nach einem kniffligen Zweikampf zwischen Schonlau und dem durchgebrochenen Ducksch keinen Elfmeter (36.), dann wurde ein herrlicher Freistoßtreffer des SVW-Stürmers aberkannt - allerdings völlig zu Recht: Weiser hatte sich regelwidrig in die HSV-Mauer gestellt (42.).
Wieder per Kopf: Heyer erhöht für Hamburg
Statt 1:1 stand es zur Halbzeit 2:0 für Hamburg: Jatta zog rechts an Schmidt vorbei und flankte an den zweiten Pfosten, wo Heyer gegen die Laufrichtung von Zetterer einköpfte (45.+1) - für Werder war die erste Hälfte denkbar ungünstig verlaufen.
Auch der zweite Kapitän fliegt: Schonlau sieht Gelb-Rot
Der zweite Durchgang begann jedoch mit einem Hoffnungsschimmer für den noch immer munter angreifenden Absteiger: Schonlau stellte sich vor dem Strafraum Schmid in den Weg, und Stegemann schickte auch den zweiten Kapitän mit Gelb-Rot vom Platz (52.). Weiter ging es also mit Zehn gegen Zehn und einer Heimmannschaft, die nun norddeutsche Morgenluft gewittert hatte und unentwegt auf den Anschluss spielte. Die Großchance hatte allerdings der HSV, Jatta scheiterte bei einem Konter alleine vor Zetterer an einer starken Fußabwehr des Werder-Keepers (61.).
Bremen gab sich aber weiterhin nicht auf, Anfang ging ins Risiko und brachte in Füllkrug einen zusätzlichen Stürmer (73.). Fünf Minuten später hatte der Joker schon zwei exzellente Chancen auf dem Zettel (74., 77.) - und beide kläglich vergeben. Bremen entfachte nun zwar Dauerdruck, war im Abschluss aber schlichtweg zu inkonsequent. Heuer Fernandes parierte auch gegen Aktivposten Schmid (81.) und erneut Füllkrug (87., 90.+3), Veljkovic vergab die letzte und vielleicht größte Chance (90.+5) .
In einer farbenfrohen Partie (achtmal Gelb, zweimal Gelb-Rot) setzte sich also letztlich der HSV durch und feierte erstmals seit 2016 wieder einen Sieg im Nordderby. Auch in der Tabelle ziehen die Hamburger vorbei an Werder. Die HSV-Partie gegen Nürnberg am kommenden Spieltag (13.30 Uhr) ist dadurch fast ein Spitzenspiel. Werder gastiert zur gleichen Zeit in Dresden.