Bundesliga

Geheimer Evanilson-Deal kostet 15 Millionen

Dortmund: 27 Millionen jährlicher Kapitaldienst - Verkäufe geplant

Geheimer Evanilson-Deal kostet 15 Millionen

Teurer Pechvogel: Dortmunds Evanilson, zurzeit mit Kreuzbandriss außer Gefecht.

Teurer Pechvogel: Dortmunds Evanilson, zurzeit mit Kreuzbandriss außer Gefecht. Kicker

Die Kosten explodierten - weil Niebaum seinen Verein auf Augenhöhe mit dem FC Bayern und den kontinentalen Marktführern (ManU, Real Madrid, AC Mailand, Juventus) positionieren wollte und wie zu Beginn der 90-er Jahre in einem atemberaubenden Tempo das hohe Risiko klotziger Investitionen einging. Mehr als 100 Millionen Euro ließ sich der BVB in den vergangenen dreieinhalb Jahren neue Spieler kosten, von deren Gehältern und Handgeldern ganz zu schweigen.

Einer dieser Neuen ist ein Alter. Evanilson Aparecido Ferreira spielte in Europa nie für einen anderen Verein als für Dortmund. Dass im Sommer trotzdem 15 Millionen Euro für ihn fällig wurden, erklärt sich durch einen jener Kunstgriffe, die in den Geschäftspraktiken der Borussia ein gewisses Grundmuster erkennen lassen: Für kurzfristige Gewinne oder kurzfristige Liquidität geht der Verein bei seinen Drahtseilakten langfristige Verbindlichkeiten ein, die ihm später wie ein Klotz am Bein hängen.


Borussia Dortmund bemüht sich um eine Riesen-Anleihe

Glosse von Thomas Hennecke: Dortmunder Märchen


Als der BVB im Sommer 2001 Marcio Amoroso nach Dortmund lockte, verabredeten Niebaum, dessen Amtsführung immer mehr in die Kritik gerät, und Meier mit dem AC Parma ein teures Gegengeschäft, das erst jetzt im Umfeld Stefano Tanzis, Ex-Präsident des von schweren wirtschaftlichen Turbulenzen erschütterten Serie-A-Vereins, durchsickerte. Im Zuge des Verpflichtung Amorosos waren Evanilsons Transferrechte an die Italiener abgetreten worden - und Evanilson trotzdem in Dortmund geblieben, weil er postwendend für ein Trinkgeld vom AC Parma wieder ausgeliehen wurde.

7,7 Millionen Euro zahlte die Borussia im Gegengeschäft für Evanilson schließlich für Amoroso, schreibt den Brasilianer aber für die Dauer seines gesamten Engagements (Vertrag bis 2005) mit insgesamt 28 Millionen Euro (sieben Millionen Euro jährlich) ab. Wie das geht? Für die Transferrechte an Evanilson wurden gut 20 Millionen Euro veranschlagt, eine gegenüber dem Marktwert des Abwehr- und Mittelfeldspielers völlig unangemessene, überhöhte und absurde Phantasiesumme. Sie wurde, ohne dass auch nur ein Cent floss, als Ertrag verbucht. Auf diese Weise könnte die Bilanz im Jahr eins nach dem Börsengang erheblich freundlicher gestaltet werden.

Dieses von Bayern-Manager Uli Hoeneß schon früh mißtrauisch beäugte Manöver hat freilich einen Haken: Dortmund erkaufte sich die Zustimmung für das "Modell Evanilson" mit der Zusicherung an Parma, den Spieler im Sommer 2003 zurückzuerwerben. Ein eher mittelmäßiger Fußballer, der den Verein nie verlassen und sich tragischerweise auch noch einen Kreuzbandriss zugezogen hat (Juli), belastet die Bilanz nun mit 15 Millionen Euro.

So galoppieren dem Klub die Ausgaben davon - zumal gigantische Rückzahlungsbelastungen auf ihn warten. Allein für den Pachtzins für das Stadion müssen in Zukunft jährlich 17 Millionen Euro an MOLSIRIS überwiesen werden, weitere zehn Millionen Euro verschlingen Zinsen und Tilgung der geplanten Anleihe. Macht zusammen 27 Millionen Euro - mehr als der Gesamtetat des VfL Bochum (23,5 Millionen Euro), mehr als sämtliche Personalkosten des VfB Stuttgart (22 Millionen).

Es wird eng für den BVB, der in seinen internen Planungen ungeachtet der zu erwartenden Schechter-Millionen Spielerverkäufe in erheblichem Umfang plant, um die Lizenz zu sichern. Die Besorgnis wächst. Auch in den Kontrollgremien. Mit Gerhard Reibert, Hans- Dieter Michalski und Reinhold Schulte legten seit dem Börsengang drei Aufsichtsratsmitglieder ihr Amt nieder. Drei von sechs.

Wie wenig Einfluss die Kontrolleure tatsächlich haben, verdeutlicht die Aussage des Vorsitzenden Dr. Winfried Materna: "Der Aufsichtsrat einer KGaA hat nur beratende Funktion - und damit nicht die Möglichkeiten wie in einer normalen Aktiengesellschaft. Das ist ein Nachteil."

Thomas Hennecke