Bundesliga

Für Kind wird es "sicher nicht einfach"

Hannover: Wie reagieren die Geldgeber auf die Wahl-Ohrfeige?

Für Kind wird es "sicher nicht einfach"

Ihm weht nun rauerer Wind entgegen: Martin Kind.

Ihm weht nun rauerer Wind entgegen: Martin Kind. imago

Es muss sich angefühlt haben wie eine schallende Ohrfeige. In der Wahl zum neuen Aufsichtsrat des eingetragenen Vereins Hannover 96 setzten sich bei der Mitgliederversammlung gleich alle fünf Kandidaten der Opposition deutlich durch. Jeweils die absolute Mehrheit der 2081 anwesenden Stimmberechtigten erreichten Ex-Profi Carsten Linke (1444 Stimmen), Lasse Gutsch (1338), Nathalie Wartmann (1281), Ralf Nestler (1253) und Jens Boldt (1209). Das dem Kurs des bisherigen Präsidenten Martin Kind folgende Kandidatenquintett um den früheren 96-Spieler Karsten Surmann, Radio-Moderator Andreas Kuhnt und die frühere Triathletin Sandra Wallenhorst dagegen scheiterte krachend.

"Es war schon deutlich, dass die Szene gut organisiert ist und gut mobilisiert. Ich glaube, jeder Kandidat wäre auch gewählt worden", musste Kind, der bereits im Vorfeld seinen Rückzug vom Vorsitz angekündigt hatte, einräumen. Der 74-Jährige blickt skeptisch in die Zukunft. Ob und wie der zerstrittene Verein sich neu finden werde, müsse "die nahe Zukunft zeigen", so seine Einschätzung. "Es ist sicher nicht einfach." Den neuen Aufsichtsratsmitgliedern gratulierte Kind ebenso wie seinem designierten neuen Präsidenten Sebastian Kramer. "Er wird ein Team zusammenstellen und sie werden dann sicher daran arbeiten, Gespräche zu führen - oder auch nicht. Das werden wir sehen." Dass er, Kind, auf seinen Nachfolger zugehen wird, schloss er aus. "Nein, hier ist ein neues Team mit neuen Konzepten, neuen Ideen. Ich denke, es ist ihre Verantwortung, aktiv zu sein."

Hannover 96 - Vereinsdaten
Hannover 96

Gründungsdatum

12.04.1896

Vereinsfarben

Schwarz-Weiß-Grün

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Linke fordert Transparenzmachung

Sie wurden gewählt: Carsten Linke, Jens Boldt, Nathalie Wartmann, Ralf Nestler und Lasse Gutsch (v.l.).

Sie wurden gewählt: Carsten Linke, Jens Boldt, Nathalie Wartmann, Ralf Nestler und Lasse Gutsch (v.l.). picture alliance

Die neuen Verantwortungsträger werden die Aufbruchstimmung, die sich nach Verkünden des Wahlergebnisses am Samstagabend in Stadionkurven-ähnlichem Jubel unter den Anhängern äußerte, benötigen, um die großen Herausforderungen zu meistern. Ein wichtiges erstes Ziel formulierte Carsten Linke, der nach seiner Vorstellungsrede den größten Applaus aller Anwärter erhielt: "Es geht um eine Transparenzmachung der Vorgänge, die zum Antrag auf 50+1-Ausnahme geführt haben. Diese Transparenz hat es nicht gegeben, aber das ist das, was die Mitglieder sehen wollen. Sie wollen wissen, was passiert."

Ausdrückliches Ziel ist die demokratische Umkehr des Prozesses der mehrheitlichen Veräußerung des Profifußballs in Hannover an Martin Kind. Sollten DFL und DFB-Schiedsgericht, wie sich in der vergangenen Woche andeutete, zu einer Annahme des Antrags tendieren, hoffe man auf die Möglichkeit einer außerordentlichen Versammlung, um erneut das Votum der Mitglieder einzuholen, kündigte Sebastian Kramer an. Zuvor seien aber die ihm bislang noch nicht bekannten Informationen über den Vorgang einzuholen.

Wie reagieren die Geldgeber?

Spannende Frage: Wie reagieren die um Hauptaktionär Martin Kind versammelten Geldgeber in Hannover auf die neuen Verhältnisse im Verein? "Wir können jetzt nicht weglaufen. Dann geht es noch weiter bergab", kommentierte Gesellschafter Gregor Baum am Rande der Versammlung, der unter anderem auch Dirk Roßmann, nach Kind zweitgrößter Aktionär, beiwohnte.

Bleibt es im Sinne der 50+1-Regel bei der Mitbestimmung des Muttervereins auch im Profifußball, besteht für die Gesellschafter weiter die Gefahr, dass ihnen nicht genehme Kräfte über ihr Kapital entscheiden. Das Geld der Multimillionäre aus der Region aber stellt bereits in dieser Saison, in der 96 mit einem Verlust von 18 Millionen Euro rechnen muss, die Liquidität sicher, wie Kind betonte.

Sportlich als Tabellenvorletzter der Bundesliga wie finanziell stehen die Niedersachsen vor einem Scherbenhaufen: Weitere 17 Millionen Euro Verlust drohen laut Kind unter den jetzigen Vertragskonstellationen bei einem Abstieg in die 2. Liga. Üppige Einnahmen durch Transfererlöse für die aktuell so enttäuschenden Spieler sind kaum zu erwarten.

Michael Richter