Motorsport

Aus für den Umweltbonus: Bricht die Elektromobilität jetzt ein?

Umweltbonus für Elektroautos gestrichen

Förder-Aus: Wird dem Elektroauto jetzt der Stecker gezogen?

Elektromobilität: Bis 2030 sollten in Deutschland 15 Millionen Stromer zugelassen werden. Dieses Ziel scheint jetzt ferner denn je.

Elektromobilität: Bis 2030 sollten in Deutschland 15 Millionen Stromer zugelassen werden. Dieses Ziel scheint jetzt ferner denn je. Opel

Nach wochenlangem, zähen Hin und Her hat sich die Ampelkoalition auf einen Haushaltsplan geeinigt, der jene Finanzierungslücke schließen soll, die sich nach dem Paukenschlag-Urteil des Bundesverfassungsgerichts ergeben hat. Die Richterinnen und Richter haben bekanntlich im November 2023 entschieden, dass es unzulässig war, die ursprünglich zur Bekämpfung der Corona-Pandemie vorgesehenen Gelder in den sogenannten Klima- und Transformationsfonds (KTF) zu verschieben. Das bedeutet, dass der Bundesregierung jetzt 60 Milliarden Euro fehlen.

Das nun vorgestellte Sparprogramm betrifft auch die Elektromobilität. Es tue ihm weh, sagte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), aber man werde den Umweltbonus für E-Autos früher auslaufen lassen als geplant. Wann genau der Tag X kommen wird, ließ Habeck offen. Einiges deutet aber darauf hin, dass schon ab Januar 2024 keine neuen Anträge mehr gestellt werden können.

Schon jetzt gibt es weniger Geld

Die Förderung war schon zuletzt sukzessive abgeschmolzen worden. Gab es zunächst inklusive Herstelleranteil bis zu 9000 Euro brutto beziehungsweise 9570 Euro netto, reduzierte sich das Anfang 2023 auf einen Höchstbetrag von 6750 beziehungsweise 7177,50 Euro. Ab dem 1. Januar 2024 sollten nur noch BEVs (Battery Electric Vehicles) bis zu einem Netto-Listenpreis von 45.000 Euro bedacht werden, und das mit einer wiederum verminderten Summe von maximal 4500 Euro (netto 4785 Euro). 2025 oder dann, wenn der für 2024 bereitgestellte Fördertopf von 810 Millionen Euro aufgebraucht wäre, sollte die BEV-Subventionierung schließlich ganz beendet werden.

Die Verkaufszahlen brechen ein

Jetzt kann es aber richtig schnell gehen. Was das womöglich bedeutet, lässt sich am Schicksal der gewerblich genutzten E-Autos besichtigen, die das Förder-Aus schon im September 2023 ereilt hat. Die Folge war ein Verkaufseinbruch bei den BEVs: Nach aktuellen Zahlen des Kraftfahrt-Bundesamts (KBA) wurden im November 2023 knapp 45.000 Elektroautos neu zugelassen, das entspricht im Vorjahresvergleich einem Rückgang von 22,5 Prozent.

Es geht nicht aufwärts, sondern abwärts

Es geht also schon jetzt nicht mehr aufwärts mit dem elektrischen Fahren, wie es doch eigentlich geplant war, sondern stattdessen abwärts. Und wenn der Umweltbonus vorzeitig fällt, bedeutet das nach Ansicht von Branchenvertretern noch weniger Gutes für die Elektromobilität. Von "einem weiteren Rückschlag" spricht etwa Stefan Heimlich, Vorsitzender des Auto Clubs Europa (ACE), und angesichts ohnedies schleppender Zulassungszahlen von einem "völlig falschen Signal, das den Hochlauf der Elektromobilität deutlich gefährdet". Eigentlich, so Heimlich, müsste der Umweltbonus im Gegenteil sogar verlängert werden, um das ausgegebene Ziel, bis 2030 mindestens 15 Millionen Elektroautos in Deutschland zuzulassen, "noch irgendwie zu erreichen".

Auch Arne Joswig, Präsident des Zentralverbands Deutsches Kfz-Gewerbe (ZDK), zeigt sich enttäuscht und befürchtet "einen weiteren, deutlichen Rückgang bei den Neuzulassungen von Elektrofahrzeugen". Hildegard Müller wiederum, Chefin des Verbands der Automobilindustrie (VDA), hält es zwar für richtig, dass die Förderung von Anfang an zeitlich befristet war. Jetzt vorab auszusteigen, führe aber zu Verunsicherung, dämpfe den Hochlauf der E-Mobilität und gefährde das 15-Millionen-E-Auto-Ziel des Koalitionsvertrags. Ferdinand Dudenhöffer, Autoexperte und Leiter des Bochumer CAR-Center Automotive Research, prognostiziert, dass der Absatz von E-Autos in Deutschland im ungünstigsten Fall auf 320.000 Einheiten pro Jahr zurückgeht, gegenüber den für 2023 erwarteten 520.000 Einheiten wäre das also ein Minus von 200.000 Fahrzeugen.

Der Stichtag soll sich ändern

Unisono verlangen ACE-Chef Heimlich, VDA-Präsidentin Müller und Reinhard Zirpel, der dem Verband der Internationalen Kraftfahrzeughersteller (VDIK) vorsteht, zumindest Planungssicherheit für die Kundinnen und Kunden. Vor dem Jahreswechsel, mit dem eine Änderung des Förderbetrags einhergeht, waren und sind sie schon jetzt Anspannung ausgesetzt. Denn die Lieferzeiten für Elektroautos sind oft lang, und entscheidender Stichtag für den Umweltbonus ist nicht das Datum des Kaufvertrags, sondern das der Zulassung.

Spätestens jetzt muss sich das nach Ansicht der Branchenvertreter ändern. Denn in der aktuellen Situation könnte es nicht mehr nur um die Frage gehen, ob der Zuschuss geringer ausfällt als eingeplant, sondern ob es überhaupt noch einen gibt. "Um sicherzustellen, dass mindestens diejenigen den Bonus erhalten, die ihr Elektrofahrzeug bereits im Vertrauen auf die Förderung bestellt hatten, muss die Regierung umgehend das Kaufdatum zum entscheidenden Kriterium für den Erhalt des Umweltbonus machen", fordert Hildegard Müller.

Stromtanken wird teurer

Die Argumente, die für die Anschaffung der vergleichsweise teuren Elektroautos sprechen, werden aber noch in anderer Hinsicht dünner. So bedingt es das Sparprogramm der Ampel auch, dass sich Verbraucher auf höhere Strompreise einstellen müssen. Gestrichen wird nämlich ein Zuschuss in Höhe von 5,5 Milliarden Euro für die Übertragungsnetzentgelte, die in die Stromrechnung einfließen und nun vom Kunden getragen werden müssen. Die Betreiber der Stromübertragungsnetze in Deutschland - 50Hertz, Amprion, Tennet und Transnet - haben bereits angekündigt, dass sich die Entgelte ab dem 1. Januar 2024 von derzeit 3,12 Cent je Kilowattstunde auf 6,43 Cent erhöhen werden. Für E-Mobilisten heißt das: Stromtanken wird teurer.

Die Wallbox darf zwangsgedrosselt werden

Nun mag es noch einen gewissen Trost bescheren, dass die CO2-Abgabe, die pro ausgestoßener Tonne von 30 auf 45 Euro steigt, auch Benzin und Diesel kostspieliger macht, der ADAC rechnet mit einem Plus von 4,3 beziehungsweise 4,7 Cent  je Liter. Doch ein anderes Problem betrifft nur die Halter und Halterinnen von Elektroautos: Die Bundesnetzagentur hat unlängst den Netzbetreibern zugestanden, dass sie bei drohender Überlastung des Elektrizitätsnetzes den Strombezug aus Ladestationen zeitweise auf bis zu 4,2 Kilowatt drosseln dürfen. Eine gängige 11-kW-Wallbox würde also nur noch ein Drittel ihrer Leistung abgeben, mit entsprechenden Auswirkungen auf die Ladezeit.

Kommt der Malus für Verbrenner?

Die Unsicherheiten und Zweifel, ob der Umstieg auf ein E-Auto Sinn macht, könnten sich also intensivieren. Schon meldet das KBA in seiner November-Statistik, dass Benziner im Vergleich zum Vorjahresmonat um 12,4 Prozent zugelegt haben; der Diesel, der zuletzt einem starken Abwärtstrend ausgesetzt war, stagniert bei einem Minus von einem Prozent. Womöglich greift aber irgendwann ein ganz anderes Szenario: Verbrenner könnten nach dem Vorbild anderer Länder mit einer hohen Zulassungssteuer belegt werden. Dadurch würde das E-Auto preislich wieder attraktiver. Einen Umweltbonus müsste der Staat dazu nicht spendieren - sondern würde, ganz im Gegenteil, von der Verbrenner-Fraktion sogar noch Geld einnehmen.

Update: Inzwischen hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) mitgeteilt, dass der Umweltbonus mit sofortiger Wirkung ausläuft. Neue Anträge können nur noch bis einschließlich Sonntag, den 17. Dezember 2023, beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) eingereicht werden. Laut Ministerium werden sie in der Reihenfolge ihres Eingangs bearbeitet und auch bewilligt, sofern die Fördervoraussetzungen erfüllt sind. Bereits zugesagte Förderungen seien vom Aus für den Umweltbonus nicht betroffen und würden ausbezahlt.

Ulla Ellmer