Int. Fußball

Die zwei Gesichter des Antonio Rüdiger

Ein Nationalspieler zwischen Lob und Kritik

Die zwei Gesichter des Antonio Rüdiger

Hat - in der Regel - Freude am Verteidigen: Antonio Rüdiger.

Hat - in der Regel - Freude am Verteidigen: Antonio Rüdiger. imago images (2)

Es gibt dieser Tage zwei Arten von Reaktionen auf die Leistungen von Antonio Rüdiger. Auf der einen Seite stellvertretend Europameister Markus Babbel, der am Sonntag im "Sport1-Doppelpass" loslederte und sich fragte, wie der Nationalspieler "überhaupt zu Real Madrid gekommen ist". Auf der anderen Seite die Fans der Königlichen, die den 30-jährigen Verteidiger beim jüngsten 2:0-Sieg über Granada euphorisch besangen. Im Verein top, in der Nationalmannschaft ein Flop? Wie kann das sein?

Und wie kam Rüdiger denn zu Real Madrid? Indem er unter Thomas Tuchel beim FC Chelsea als "Halbverteidiger" in einer Dreierkette aggressiv nach vorne verteidigen, durch freigezogene Räume andribbeln und somit vor allem in einer Rolle spielen durfte und sollte, die ihm lag. Dass sich die Anforderungen an Rüdiger, der zuvor noch nicht mit dem Prädikat Weltklasse versehen worden war, als Innenverteidiger in einer Viererkette ändern würden, barg ein gewisses Risiko.

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Real ging dieses Risiko im vorvergangenen Sommer ein, der spanische Rekordmeister hatte schließlich keine Ablöse für den Champions-League-Sieger hinblättern müssen. Und konnte diesen daher, in Person von Trainer Carlo Ancelotti, bedenkenlos auf die Bank setzen, weil dem Italiener David Alaba und Eder Militao als zentrales Duo in der unumstrittenen Viererkette besser gefielen. In Madrid war Rüdiger erst einmal Innenverteidiger Nummer drei.

Das war er auch in dieser Saison noch, in der sich Militao allerdings gleich im ersten Spiel das Kreuzband riss. Und in der auch Alaba oder Nacho Fernandez ab und an unpässlich waren, sodass sich Rüdiger in der laufenden Spielzeit nicht nur in der Startelf der Königlichen festgespielt hat, sondern auch der Spieler ist, der bei ihnen die meisten Einsatzminuten sammelt. Wie zuletzt auch Sprechchöre, weil er seine Sache so gut macht.

Mit der Konstante Rüdiger, der in Madrid auch in einer Viererkette mehr durch defensive Kompromisslosigkeit als durch durchdachten Spielaufbau bestechen darf und soll, hat sich Real inzwischen nicht nur zum Tabellenführer gemausert. Die Blancos stellen mit nur neun Gegentoren nach 15 Ligaspielen zudem die beste Defensive der Liga, was sie normalerweise nicht tun. Es ist ihnen in den vergangenen 15 Spielzeiten tatsächlich nur ein einziges Mal gelungen (25 Gegentore 2019/20).

Die meisten Lorbeeren für die neu gewonnene und einem gewissen Verletzungspech strotzende Stabilität heimst Rüdiger ein, den sein Vereinstrainer zuletzt für seine "Intelligenz im Positionsspiel" und "viel Konzentration" lobte. Ancelotti bezeichnete ihn gar als "perfekten Innenverteidiger für Real Madrid". Also als perfekten Innenverteidiger für den Verein, bei dem Weltklassespieler viele Freiheiten bekommen und sich entfalten können, was erst am Montag "Golden Boy" Jude Bellingham nochmals dankend hervorhob.

Sein bestes Spiel im Real-Trikot machte Rüdiger als Manndecker

Durch intelligentes Positionsspiel oder hohe Konzentration fiel Rüdiger in dieser Saison allerdings nur im Verein auf, was bei Bundestrainer Julian Nagelsmann, der dem DFB-Team vor wenigen Wochen quasi die Defensivqualitäten abgesprochen hat, die Frage aufwerfen könnte, ob er von seinem potenziell besten Verteidiger überhaupt die richtigen Dinge verlangt.

Sein bisher bestes Spiel für Real, noch gegen Ende der Vorsaison, hatte Rüdiger im Champions-League-Halbfinal-Hinspiel gegen Manchester City und Erling Haaland gemacht, als er im haushoch gewonnenen Privatduell mit dem Norweger "einfach nur" einen Manndecker der alten Schule geben durfte und sollte.

So einen, wie ihn sich für die Nationalmannschaft wahrscheinlich auch Babbel wünscht.

nba

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